Cover des Buches Türme und Plätze (ISBN: 9783549074855)
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Rezension zu Türme und Plätze von Niall Ferguson

Die Informationsflut erschlägt.

von wandablue vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Ganz schön lang. Weniger Zitate wären mehr Zitate gewesen.

Rezension

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wandabluevor 6 Jahren
Die Informationsflut erschlägt.
Der Autor Niall Ferguson macht nichts weniger, als den Leser durch die Geschichte der Menschheit zu führen. Dafür dürfen es gerne einmal ein paar Seiten mehr sein.

Säkulare Macht, das ist gleich Hierarchie, in welcher Form auch immer. König, Staatenlenker, der Boss. Chefarzt. Die Hierarchie steht in Korrelation mit den verschiedensten Netzwerken. Hierarchie und Netzwerk stehen auch in Konkurrenz miteinander, bedingen einander, vernichten einander, sind einander gegenläufig, bauen einander auf.

Davon handelt die vorliegende, sehr umfassende Abhandlung, benannt „Türme und Plätze“, wobei der Turm für die Herrschaft steht und der Platz für die Beziehungen der Bürger untereinander. Oder allem, was nicht Herrschaft ist. Und damit für das Netzwerk. „Ein zentrales Thema dieses Buches ist die Tatsache, dass die Spannung zwischen dezentralisierten Netzwerken und hierarchischen Ordnungen so alt ist wie die Menschheit selber.“

Das Internet ist sehr modern, aber als Netzwerk ist es nicht neu. Jede Art von Beziehungen ergibt eine Art Netzwerk. Ob es sich dabei um die verwandtschaftlichen Beziehungen von Königshäusern handelt oder um eine kriminelle Vereinigung, ob es um Handelsbeziehungen durch die Schifffahrt geht oder um die Informationsbeschaffung durch den Buchdruck, um Al-Quaida oder um Eisenbahn, um Gewerkschaft oder die Fortschritte in der Medizin: egal, was es ist, es ist vernetzt. Und wo Vernetzung ist, entbrennt der Drang nach Regulierung. Wo aber Regulierung ist, entbrennt der Drang, ihr zu entkommen: es entsteht Revolution. Eine Gegenbewegung.

Den Gang durch die Geschichte unter dem Gesichtspunkt von Revolutionen und Gegenrevolution, Netzwerk um Netzwerk, Hierarchie um Hierarchie, ist sehr reizvoll. Es fallen dem geneigten Leser wenige Themen ein, die nicht behandelt werden.

Dennoch ist die Lektüre dieses Sachbuchs nicht einfach. Was allein an der pädagogischen Umsetzung liegt. Denn um seine Thesen zu untermauern zitiert der Autor sehr viele kluge Menschen. Diese Zitate ergeben jedoch nicht eine geradlinige Entwicklung des Gedankenentwurfs des Autors.

Denn im Satz enthalten sind sowohl Informationen über den Zitatgeber, dessen Name selbstverständlich, manchmal seine Bedeutung in der Geschichte, manchmal auch, was er auf seinem Gebiet geleistet hat: sozusagen Einschub im Einschub im Einschub.

Nicht nur bezüglich der Zitate und ihrer Verfasser gibt es Einschübe. Es gibt Einschübe zu allem.

Doch für die Pädagogik muss der Lehrer (Autor) die Kunst des Weglassens erlernen. Man muss und darf nicht alles auf einmal sagen, was man weiß. Selbst wenn man vor Wissen platzt. Dagegen muss man seinen Lehrgegenstand nicht nur darstellen, sondern auch erläutern. Nicht nur im Nachwort.

Was von daher sehr fehlt, ist das Geleit durch das Buch. Hier hätte sich die geneigte Leserin mehr Unterstützung vom Autor gewünscht. Da und dort eine vorgezogene Erläuterung, hier und da eine Stellungnahme. Eine Einschätzung. Dafür wartet es mit viel zu viel Information auf einmal auf und lenkt dadurch vom Ziel ab.

Die Abhandlung „Türme und Plätze“ ist sehr interessant, ausführlich und phantasievoll. Doch prallvoll mit Informationen, die man lieber in Fusszeilen gepackt hätte. Unzählige Verzweigungen und Verästelungen verstellen die rote Linie. Nominalgruppen überall, die man durch Relativsätze hätte auflösen müssen.

Fazit: Die pädagogische Aufbereitung ist nicht gelungen. Die Informationsflut erschlägt einen. Der Ansatz des Buches jedoch ist nicht hoch genug zu veranschlagen!

Kategorie: Sachbuch, Thematik: Netzwerke
Verlag: Prophylän, 2018
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