Über fast Dreiviertel des Buchs überlegte ich immer wieder, warum das ein Krimi sein soll.
Zwar war von zwei Morden und einem Polizisten die Rede, aber der Text erschöpfte sich in Beschreibungen der schwulen Subkultur Manchesters, wie sie der Protagonist Jake vor 15 Jahren erlebte. Drogen und Prostitution inbegriffen.
Dazu wird noch am Rand über eine Polizeiführung berichtet, die mittels Razzien und harter Hand eben diese Subkultur bekämpfen will.
Erst allmählich schält sich eine Art Kriminalfall heraus, die in dem Tod des pensionierten Polizeichefs gipfelt, von Jake mit einem Holzpflock in Notwehr durchbohrt.
Diese Anspielung auf Vampirgeschichten ist sicherlich kein Zufall. Ohne dass es explizit gesagt wird, war der Polizeichef in den Mißbrauch von Heimzöglingen involviert.
Offenbar ist er auch der Mörder von zwei Strichjungen. Er bezeichnet die Schwulen in seiner Raserei als 'Sodomiten' und sein biblisch anmutendes Vokabular legt nahe, dass er sich verführt fühlt.
Zum Schluß kann die geneigte Leserschaft vermuten, dass der Polizist, der Jake zu seiner Manchesterzeit als Spitzel anwarb und zu Beginn Jake in London aufsucht und um Hilfe bittet, genau diesen Plan, den Bigotten zur Strecke zu bringen, verfolgte. Aber das bleibt, wie so Vieles in diesem Buch, nebulös.
Immerhin habe ich bis zum Schluß durchgehalten.
Die klassische Krimierwartung wurde aber schmählich enttäuscht.
Soll ich es Betrug an der Leserin oder
Erweiterung des Genres nennen?
Da ich den Themen des Autors und Grenzerweiterungen wohlwollend gegenüberstehe, neige ich zu Letzterem.
Trotzdem, Spannung geht anders.
Nicholas Blincoe
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Neue Rezensionen zu Nicholas Blincoe
Blincoe beschreibt eine Szene, die wahrscheinlich die allermeisten der Leserinnen nicht kennen.
Das macht die Sache naturgemäß erst einmal spannend.
Wie plausibel seine Schilderungen sind, können wir aber kaum nachvollziehen. Das muss kein Nachteil sein, wenn die Geschichte in sich ruht und sie uns in sich stimmig scheint.
Damit kommen wir schon zum ersten Haken.
Blincoe greift tief in die Klischeekiste. Zum Beispiel regnet es in Manchester dauernd. Der Böse ist richtig böse und sein Adlatus auch noch dumm und böse. Die Transfrau hat Silicon hinter den Brustwarzen und ist sexbesessen. Der Schwarze Ganove hat einen Elefantenrüssel in der Hose. Die Abgedrehten stehen völlig neben sich.
Die Ganovenehre lebt.
Nun, das kann alles so sein und der Autor hat das Recht, seine Geschichte so darzustellen, wie es ihm beliebt. Klischees sind obendrein ein Teil der Wirklichkeit.
In dieser Zusammenballung wirkt es auf mich einfach zu gewollt. Dazu kommt allerdings, dass der Plot der Story ein paar Ungereimtheiten aufweist.
Völlig unklar bleibt zum Beispiel, warum gerade Estela den Mord begehen soll. Sie benimmt sich nicht wie ein Profi und so gelingt es ihr auch nicht.
Stattdessen gerät das verhinderte Mordopfer in die Klauen der Polizei.
Damit wird der Auftrag als erledigt dargestellt. Das kann aber nicht im Sinne der Auftraggeber sein, die mit ihm geschäftlich verbunden sind. Denen hätte nur ein sauberer Blattschuss genutzt.
Weitere Nebengeschichten werden erzählt, ohne dass sich deren Beitrag zum Krimi mir erschließt.
Für das originelle Setting, die skurrilen Figuren und einige schöne Bilder spende ich Beifall.
Speed-Freaks, Holligans und Acid-User - Manchester mangelt es wahrlich nicht an touristischen Attraktionen. Nach langen Jahren kehrt Estela in diese Stadt zurück - mit dem Auftrag, ihren Ex-Boss zu ermorden. Aber schon am ersten Abend lässt sie sich die Beretta klauen und von da an läuft nichts mehr wie geplant...
Blincoe's Erstling. Leider schwach geschrieben und mit einigen Längen... aber es gibt schon die für Blincoe typischen schillernden Charaktere sowie seine detaillierten Beschreibungen von Manchester-Gunchester's Szene.