Rezension zu "Dr. Tod" von Nicholas Kulish
Die Journalisten Kulish und Mekhennet erzählen die Geschichte eines der meistgesuchten NS-Verbrechers , dem KZ-Arzt Dr. Aribert Heim. Eine Geschichte, die wieder einmal das Unbegreifliche der NS-Zeit auf den Punkt bringt. Neben den Untaten des Aribert Heim alias Dr. Tod im KZ Mauthausen, dem größten Vernichtungs- und Arbeitslager auf österreichischem Boden, wird die unglaubliche Geschichte eines Flüchtigen erzählt. Aribert Heim, bereits seit 1935 Mitglied der NSDAP, meldete sich 1940 freiwillig zur Waffen-SS und trat beinahe unmittelbar seinen Dienst in den Lagern Sachsenhausen, Buchenwald und Mauthausen an. Unter seiner Hand starben mehrere Hundert Häftlinge unter menschenunwürdigen Umständen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war Heim kurzweilig in US-amerikanischer Gefangenschaft, aus der er aber bereits 1947 wieder entlassen wurde. Auch im Zuge der Entnazifizierung Deutschlands hatte Heim Glück und seiner Aussage, er sei gezwungen worden der NSDAP und der Waffen-SS beizutreten, wurde Glauben geschenkt. Erst 1962, nach Jahren normaler Arbeit als Gynäkologe, seiner Hochzeit und der Geburt zweier Kinder, kamen die Ermittlungen Heim zu nahe und er tauchte unter. Bis zu seinem Tod in Kairo 1992 wurde Heim weder gefunden noch für seine Straftaten im KZ Mauthausen belangt.
Den beiden Journalisten ist ein spannendes Sachbuch gelungen, welches an manchen Stellen beinahe einen krimiartigen Charakter hat. Sehr ausführlich und mit immer wieder unfassbaren Details zum Wesen Aribert Heims beschreiben Kulish und Mekhennet die Geschichte eines weiteren NS-Verbrechers, der für seine Taten nicht zur Rechenschaft gezogen wurde. Und das nicht nur, weil die Suche nach ihm erst so spät begonnen hatte, sondern insbesondere auch durch Vertuschungen seitens seiner Familie und vieler Behörden, die - man möchte es sich gar nicht vorstellen - noch jahrzehntelang von Parteigenossen durchsetzt gewesen waren. Der meistgesuchte NS-Verbrecher, wie es der Titel sagt, ist Aribert Heim sicherlich nicht. Aber er ist doch einer, der es geschafft hat sich der Justiz zu entziehen und sich in Ägypten ein angenehmes Leben in der Anonymität aufzubauen. Sicherlich nicht einfach...aber was wünscht man so einem Menschen denn schon?
Wer ein Interesse an der Zeit des Nationalsozialismus hat und sich mal nur mit einem Bruchteil der menschenverachtenden Maschinerie interessiert, ist mit diesem Buch gut beraten. Die Einblicke in die Arbeit der Ermittler sowie in das Leben von Aribert Heim in Ägypten und seiner Familie in Deutschland/Österreich lohnen.