Das Buch ist gut aufgebaut und die Charaktere entwickeln sich langsam. Leider wird erst sehr spät deutlich, um was es eigentlich geht – und da hatte ich schon die Lust verloren. Und der Grund für den extrem großen Aufwand bei der Recherche, alle Details in einem Leben heraus zu finden, hat sich mir nicht erschlossen. Irgendwie weder Spannung noch Freude bei dem Lesen des Buches verspürt.
Nicholas Searle
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Nicholas Searle
Das alte Böse
Verrat
Der Sprengsatz
Das alte Böse
The Good Liar
Neue Rezensionen zu Nicholas Searle
Roy und Betty sind beide über 80 als sie sich über ein Datingportal kennenlernen. Doch Roy sucht keine Liebe, sondern ein Opfer. Bei Betty scheint er leichtes Spiel zu haben, doch auch sie spielt nicht mit offenen Karten. Oje. Was nach einem spannenden Buch mit interessanten Hauptfiguren klingt, war für mich ein kompletter Reinfall!
Zum einen der Plot: Man weiß von Anfang an, dass Betty nicht so unschuldig ist, wie sie tut. Das nimmt aber komplett die Spannung raus. Der Autor versucht noch nichtmal, mich als Leser auf eine falsche Spur zu locken oder zu überraschen. Es ist alles ziemlich vorhersehbar. Trotzdem wären unter diesen Voraussetzungen der Alltag und das Zusammenleben der beiden interessant gewesen. Davon gibt es aber nur homöopathische Dosen. Stattdessen bekommt man in vielen Rückblicken lang und breit aufs Brot geschmiert, dass Roy wirklich wirklich kein guter Mensch ist.
Dann die Figuren: Roy ist ein Arsch. Ok, das habe ich verstanden. Wie er den tüddeligen Greis zu spielen versucht, war einfach albern. Kein Funken Charme springt bei seinen aktuellen oder vergangenen Gaunereien über. Kein Mitleid, kein schlechtes Gewissen, einfach immer auf den eigenen Vorteil bedacht. Sprich: Eine todeslangweilige Figur!
Über Betty erfährt man nur am Rande, und so bleibt sie recht flach. Der Blick in ihre Vergangenheit ist zwar gelungen, aber ich hatte mich ja gerade auf sie als alte Dame gefreut, die viel erlebt hat. Leider kommt da nicht viel.
Als letztes Ärgernis habe ich die lahme und ereignislose Konfrontation der beiden Figuren empfunden. Diesen Teil hätte man sich komplett sparen können. Die Regel "show not tell" scheint eher nicht ins Repertoire des Autors zu gehören.
Für mich ist „Das alte Böse“ leider ein langweiliges und vorhersehbares Werk, dass das Attribut „Thriller“ ganz schnell streichen sollte. Als physisches Buch hätte ich es abgebrochen, als Hörbuch lief es zwar bis zum Ende, war aber insgesamt hauptsächlich ärgerlich.
1,5/5*
Rezension zu "Der Sprengsatz" von Nicholas Searle
Der Anfang: »Abu Omar stieg hinten aus dem Lieferwagen, sah sich um, rückte die Baseballmütze zurecht und setzte seinen Weg fort. Die Überwachungsteams registrierten den gehetzten Blick und die angespannte Haltung. Jake eilte zurück zur Einsatzzentrale.«
Was für ein Thriller! Eine eigene Handschrift, akribisch, genau, minutiös. Ein Agententhriller mit Klasse! Geheimdienstoffizier Jake Winter simuliert mit einem V-Mann ein Attentat an einem Bahnhof, irgendwo in Nordengland. Alles ist genau geplant, jeder Schnitt des V-Manns überwacht. Abu Omar ist glaubwürdig, vertrauenswürdig – einer, der aussteigen will. Hunderte von Polizisten und Kameras überwachen jede Bewegung von ihm. In seinem Rucksack befinden sich lediglich Bücher. Doch was macht er da? Er geht auf die Toilette. Ein Offizier folgt ihm. Alles ist gut, er steht dort und pinkelt, der Raum ist leer, niemand da außer ihm. Das WC wird gescheckt. Alles ok. Hier wurde nichts versteckt, kein anderer Rucksack gefunden. Und kurz danach gibt es im Bahnhof einen lauten Knall. Abu Omar hat sich in die Luft gesprengt. Über 60 Menschen sind tot, viele verletzt. Was ist geschehen? Wie konnte das passieren? Hat Abu Omar sie hereingelegt oder wurde er selbst gelinkt?
»Im Gegensatz zu ihren Altersgenossinnen hatte sie sich nie eine Karriere als Ärztin oder Anwältin gewünscht, auch keine Heirat mit einem reichen Geschäftsmann.« Sie war auf etwas anderes aus gewesen, hatte davon geträumt, zur Polizei zu gehen, als Detective die kniffligen Fälle zu lösen und alle in Erstaunen zu versetzen. So weit weg davon war das hier gar nicht, aber doch nicht der Beruf, den sie sich als Kind vorgestellt hatte.«
Jake wird nun in die Mangel genommen, auch seine Kollegin Leila. Wo im System steckte der Fehler? Das fragen sie sich selbst, sie hatten Abu Omar vertraut. Einer muss den Kopf hinhalten, und garantiert keiner von ganz weit oben. Jake ist der Einsatzleiter, ein gutes Bauernopfer. Abu Omar hatte sich nach dem Pinkeln nicht die Hände gewaschen, das macht kein Muslim. Hier hätte er abbrechen müssen. Hätte er? – Sie haben einen weiteren Informanten, Rashid, einen Rückkehrer aus Syrien. Er will seinen Kopf retten, ist raus aus dem Spiel, will mit Religion nichts mehr zu tun haben, doch der Staatsanwalt hat ihn im Würgegriff. Er ist in eine kleine Gruppe von Rückkehrern infiltriert, vier Muslim – alle bereit, für Allah zu sterben. Wirklich für Allah? Die Chance für Rashid: keine Anklage, eine neue Identität. Die Gruppe wird von einem ohne Namen geführt, den sie Scheich nennen. Rashid kann ihn schwer beschreiben, er sitzt im Schneidersitz in einem Gewand, langer Bart, er wartet bereits immer auf sie in diesem geheimen Raum und sie werden von einer Lampe geblendet, wenn er spricht. Der Scheich plant einen Anschlag: Vier Attentäter und vier Bomben – ein Fußballstadion. Diesmal darf nichts schief gehen und sie müssen an die Hintermänner herankommen. Kann man Rashid trauen? Wem überhaupt kann man trauen?
»Klar. Erzähl das hinterher mal dem Untersuchungsausschuss.«
»Fühlst du dich betrogen?«
Na sicher, wurde ich ja auch. Die Frage ist nur: Von wem? Aber dafür sind wir ja da, stimmt’s? Um betrogen zu werden. Und letzten Endes tun wir das doch alle.«
Nicolas Searle hat seinen eigenen Stil. Multiperspektiv geht er in kleinen Kapiteln in die einzelnen Protagonisten hinein. Jeder hat seine Gründe, und niemand traut keinem über den Weg. Nicht den Kollegen, nicht den Vorgesetzten, nicht den Informanten und auch Rashid ist nicht überzeugt, dass er der Polizei trauen kann. Aber das Spiel kann nur über Vertrauen laufen, sonst ist es gleich vorbei. Jake und Leila tasten sich an Rashid heran, er an sie und langsam nähern sie sich, es gibt immer etwas, was man sypatisch finden kann. Der Leser lernt alle kennen, sogar die gesamte Vierergruppe. Der Blickwinkel für den Terroristen, der ein Mensch ist, seine Gründe hat. Ein kaputtes Gesellschaftssystem. Und sehr interessant ist der gesamte Ablauf des Szenariums aufgeschlüsselt, Polizeiarbeit, Zusammenarbeit bis ins Kleinste, Planung, Kontrolle. Die Sprache ist trocken und minimalistisch, kerngenau, Dialoge im Schlagabtausch. Jeder einzelne Protagonist ist herausgearbeitet, skelettiert, in Fragmenten präsentiert, bis sich das Ganze zusammensetzt, Rückblick in das Desaster, Planung der neuen Aktion. Searle beleuchtet seine Geschichte aus allen Blickwinkeln, wechselt die Perspektive am laufenden Band, ein Psychospiel auf allen Ebenen. Ein Thriller der Extraklasse!
»Jons Dreierteam hatte man den Verdächtigen Romeo zugewiesen, der eigentlich Rashid hieß. Auf dem Foto wirkte er so unschuldig, aber das taten sie alle, selbst die Attentäter auf den Märkten in Kabul. Einem Foto würde er bestimmt nicht vertrauen.«
Nicholas Searle ist in Cornwall aufgewachsen und studierte Sprachen in Bath und Göttingen. Er machte Karriere im Öffentlichen Dienst, erst in seiner Heimat, dann in Neuseeland. 2011 kehrte Searle nach England zurück, nahm seinen Abschied vom Staatsdienst und begann zu schreiben. Ein Geheimnis umrankt seine Tätigkeit beim Staat: Er darf nicht sagen, wo er gearbeitet hat, noch was seine Aufgabe war … – was auch immer es gewesen ist, er schreibt Geheimdienst-Thriller – und so liegt es machem nah, zu vermuten … Denn eins ist klar, was er schreibt und wie er es beschreibt, legt nahe, dass er sich zumindest im ganzen Prozedere der Abläufe auskennt, Bauernopfer, Misstrauen, behördlicher Alltag, Polizeiabläufe. Sein Debütroman «Das alte Böse» wurde von der Kritik international gefeiert, er wird derzeit mit Helen Mirren und Ian McKellen verfilmt. Der Autor lebt mit seiner Frau in Yorkshire.
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