Freetown in sieben Stunden - gelesen in 18 Stunden.
Wie manche inzwischen wissen werden, mag ich zwischendurch ganz gerne auch anspruchsvollere und sinnvollere Lektüre als immer nur seichte Feelgood Romance.
Das hat @nicijuretko mit Freetown in sieben Stunden auf jeden Fall geschafft.
Ich habe selten ein Buch erlebt, das so gut und detailliert recherchiert und geschrieben wurde. Beispiele hierfür sind die Abläufe rund um das Fliegen oder aber auch der Bau einer Krankenstation in einem Land in Westafrika.
Das Thema selbst ist absolut keine leichte Kost und achtzehn Stunden sind eine Hausnummer, weswegen ich ein wenig länger als üblich gebraucht habe.
Der Start hat mir richtig gut gefallen. Wie würdest du reagieren, wenn du einen Piloten an einer Bar sitzen - oder besser: hängen - siehst, der sternhagelvoll ist?
Die meisten würden ihn direkt verurteilen. Abhaken. Sich ihm überlegen fühlen.
Doch James, so heißt der Pilot, kommt direkt aus der Hölle. Er hat wiederholt Dinge gesehen, die bei uns niemand (mehr) sehen will. Ich muss gestehen, dass der Ausbruch der Epedemie in Sierra Leone auch bei mir oft Erinnerungen an die Pandemie geweckt hat. Es war für mich manchmal ein Drahtseilakt aus "ich bin froh, dass wir uns damit nicht mehr beschäftigen müssen" und "nur weil bei uns alles wieder in geordneten Bahnen läuft, heißt es nicht, dass es überall auf der Welt so ist".
Das Buch erinnert nicht nur an unsere Probleme während der Pandemie, nein, es sensibilisiert in meinen Augen dafür, dass noch lange nicht alle Feuer auf dieser Welt gelöscht sind. Es wird sehr realistisch gezeigt, wie es Ärzten und Helfern geht, die plötzlich Entscheidungen treffen müssen, die niemand treffen will. Die Protagonisten vollführen einen Balance Akt zwischen "wir kämpfen gegen Windmühlen, das hat keinen Wert" und "wenn wir nichts tun, gibt es überhaupt keine Hoffnung mehr". Man erhält einen Einblick in ihre Gefühlswelt, ihre Ängste, Hoffnungen, erlebt wie Beziehungen zerbrechen und neue Freundschaften entstehen.
Definitiv keine leichte Kost aber auf alle Fälle ein sehr gutes (Hör-)Buch. Die Lesestimme ist zudem sehr angenehm und absolut passend gewählt.