Bis heute glaubt die katholische Kirche ernsthaft daran, dass der Teufel – wer immer das auch sein mag – in Menschen fahren und sie übernehmen kann. Wie das genau gehen soll, wird nicht erklärt. Wie man ihn wieder hinaus bekommt, das weiß man allerdings sehr genau. Man kann das alles lustig finden, bestaunen oder als das benennen, was es ist: ein einziger haarsträubender Blödsinn. Natürlich war die Lage im Mittelalter und davor eine ganz andere als sie es heute ist. Man konnte sich vieles nicht erklären, und da liegen solche Vermutungen nahe, zumal die Kirche darauf gut vorbereitet war.
In diesem Buch werden nun Dämonenglaube und Teufelsaustreibungen in Österreich in ihrer Historie untersucht. Österreich ist ein relativ kleines Land, da kann man die Übersicht behalten. Wenn man das Buch nur unter dem konkreten Aspekt liest, unter dem es geschrieben wurde, dann kann es recht langweilig werden, weil sich die Dinge im Grunde ständig wiederholen, nur ihre Verkleidung passt sich der jeweiligen Zeit an.
Alles dreht sich um die Frage einer schwer fassbaren "Besessenheit" , die Menschen erfasst und vor der sie ein Teufelsaustreiber aus der Kirche dann befreit. Die kleinen Dämonen hauen nach dem streng ritualisierten Verfahren dann einfach ab. In Darstellungen sieht man kleine Drachen aus dem Schlund wegfliegen. Spannend ist doch die Frage, wie es zu einer solchen "Besessenheit" eigentlich kommt. Als mögliche Kandidaten kommen natürlich zahlreiche heute bekannte und gut beschriebene Geisteskrankheiten infrage. Allerdings lassen die sich kaum einfach mal mit einem Ritual austreiben.
Im Buch findet man auch einige gut beschriebene Fälle, wo das geklappt hat. Da liegt die Vermutung nahe, dass eine solche Besessenheit auch dadurch entstehen kann, dass man selbst eifrig an den Teufel und sein Eindringen in den menschlichen Körper glaubt. Es ist also einfach eine Wahnvorstellung. Natürlich lassen sich nicht alle Fälle auf diese Weise erklären. Bipolarität wäre eine andere Deutung. Oder andere aus der Psychiatrie bekannte Erkrankungen.
Dass Teufelsaustreibungen bis heute von der Kirche durchgeführt werden, ist auf der einen Seite völlig absurd, belegt aber auf der anderen Seite, dass der menschliche Irrsinn unausrottbar ist. Er zeigt sich nur immer anders und passt sich den modernen Gegebenheiten an.
Insofern ist das Buch wirklich lehrreich, wenngleich ich mir unter einer kritischen Betrachtung deutlichere Worte vorgestellt hatte. Menschen besitzen die außerordentliche Fähigkeit auch aus dem größten Blödsinn Theorien zu entwickeln, die mitunter so komplex sind, dass es dem einfachen Geist schwer fällt ihnen nicht zu glauben. Die Kirche ist ein wahrer Meister auf diesem Gebiet, schließlich lebt sie allein vom Märchen der Auferstehung.
Nicole Bauer
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Dämonen – Wissenschaftsbuch des Jahres 2025
Neue Rezensionen zu Nicole Bauer
Wer glaubt, dass „Teufelsaustreibungen“ längst Vergangenheit und Aberglauben sind, sollte dieses Buch lesen.
Gerhard Ammerer, Nicole Bauer und Carlos Watzka untersuchen in zehn Kapiteln war es mit dem Glauben an Dämonen und Teufeln auf sich hat,
Neben einer Einleitung gliedert sich das Buch wie folgt:
- Grundlagen der europäischen Dämonologie: Hellenismus, Judentum, Neues Testament
- Der Kampf gegen die bösen Geister vom Frühmittelalter bis zum Erscheinen des Hexenhammers
- Ein Zenit der Dämonisierung: Besessenheit während der „Glaubensspaltung“
- Besessenheit und Austreibungspraxis im Barock und das „Rituale Romanum“ von 1614
- Die dämonische Besessenheit in der Kritik - die Aufklärungszeit
- Teufelsglaube zwischen politischer Marginalisierung und populärer Alltäglichkeit im Biedermeier
- Zwischen Beschwörung und Bannung: Dämonen im „Kulturkampf“ des Pressewesens
- Symbolische Präsenzen. Praktiken der Teufelsaustreibung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
- Abschied vom Teufel? Besessenheit und Exorzismus im späten 20. Jahrhundert
- Rückkehr des Teufels? Globalisierung und Dämonisierung seit den 1990er-Jahren
Mit einem Resümee und Ausblick schließt das Buch, das neben einem Anhang zahlreichen Abbildungen enthält.
Meine Meinung:
Die rituelle Teufelsaustreibung hat in Österreich eine lange Geschichte, ich möchte fast sagen „Tradition“. An Hand von durch Protokolle und Akten belegten Exorzismen beschreiben die drei Autoren das Procedere.
Wenn es nicht so traurig und brutal wäre, müsste man fast schmunzeln, wenn man liest, dass bei der Teufelsaustreibung, die man 1783 an dem Ötztaler Bauernmädchen Johanna Scheiber vollzogen hat, ein Tirolerisch sprechender Teufel mit angeblich Millionen (?) anderer Teufel ausgefahren sei. Man stelle sich bitte den höllischen Stau vor.
Diese Teufelsaustreibung ist heute noch als „Wunder von Seefeld“ bekannt und hat Seefeld zum Wallfahrtsort gepusht. Ein Schelm, der hier Böses vermutet, wenn durch Wallfahrer viel Geld in die Kassen der Kirche gespült worden ist.
Skeptische Geister haben die Darstellung schon damals angezweifelt. Immerhin ist auch in Österreich das Zeitalter der Aufklärung angebrochen. Kaiser Joseph II. regiert und hat, wie man weiß zahlreiche kontemplative Klöster aufgehoben. Man nähert sich zahlreichen, bislang rätselhaften Phänomenen inzwischen mit dem Blick der Naturwissenschaft.
Die Autoren – der Historiker Gerhard Ammerer, die Religionswissenschafterin Nicole Bauer und der Soziologe Carlos Watzka – spannen einen weiten Bogen: von antiken Kobolden und Zwischenwesen, halb Mensch, halb Gott, über die jüdischen Totengeister sowie Unholde der muslimischen Welt bis hin zum dämonischen Personal der christlich-katholischen Lehre. Vor allem bei Letzterer, weil in Österreich die Religionsgemeinschaft mit den meisten Gläubigen, spielt die Erzählung von gefallenen Engeln, deren Chef der Teufel ist, der ein Heer von Dämonen befehligt, eine große Rolle. Nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der jüngsten Zeit. Hierzu gibt es interessante Stellungnahmen sowie Zeitungsberichte aus 2011 bzw. 2023.
Wenn man sich so manchen Politiker, der wild gestikulierend und mit bis zur Grimasse verzerrten Gesicht seine Botschaft verkündet, ansieht, könnte man fast an Dämonen glauben. Aber nur fast!
Fazit:
Gerne gebe ich diesem interessanten Werk der Autoren Ammerer, Bauer, Watzka, das einen wisssenschaftlichen Einblick auf Österreichs Geschichte in Bezug auf Dämonen und Teufel gibt, 4 Sterne.



