Cover des Buches Maria sucht Josef (ISBN: 9783492259583)
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Rezension zu Maria sucht Josef von Nicole Joens

Rezension zu "Maria sucht Josef" von Nicole Joens

von Cappuccino-Mama vor 11 Jahren

Rezension

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Cappuccino-Mamavor 11 Jahren
Nachdem ich schon einige historische Romane der Autorin gelesen habe, die sie unter ihrem Pseudonym Noemi Jordan veröffentlicht hat, und die mich begeistert haben, habe ich in der Weihnachtszeit MARIA SUCHT JOSEF gelesen. Bei dem Buch soll es sich, so steht es auf dem Cover, um „Eine weihnachtliche Liebesgeschichte“ handeln. Das Cover: Ein hübsches Hellblau bildet bei diesem Cover den Hintergrund, auf dem sich weiße Wolken und verschieden große Punkte, die Schneeflocken symbolisieren, abheben. Im Vordergrund sieht man eine lächelnde, junge Frau, den Blick nach unten gerichtet, die eine rot-grau gemusterte Strickmütze trägt und eine dicke, graue Strickjacke. Zudem sieht man eine Hand auf dem Cover, das einen goldenen Weihnachtsbaumanhänger in Form eines Herzens hält. Die Handlung: Taxifahrer Josef Stadler, genannt Joe, ein Mann mittleren Alters, ist mit seinem Taxi Molly unterwegs. Es könnte eine Fahrt wie jede andere sein, hätte er diesmal nicht diese ungewöhnlichen Fahrgäste: eine hochschwangere Frau mit zwei Kindern steigt ein. Schon bald stellt sich heraus, dass die drei Fahrgäste völlig pleite sind und die Taxirechnung nicht begleichen können. Die schwangere Miriam Bechow hat nach dem Unfalltod ihrer Schwester und ihres Schwagers vor zehn Monaten ihre Heimat in Sachsen verlassen, nachdem ihr Lebensgefährte und sie sich getrennt hatten. Im fernen München wollte sie sich nun um ihren Neffen Bene und die kleine Nichte Anna-Sophie kümmern. Doch damit begann für Miriam der soziale Abstieg – ohne Arbeit und in ständiger Geldnot kämpft sich die alleinstehende Frau mit den beiden Kindern nun mehr schlecht als recht durch. Und zu allem Übel droht das Jugendamt auch noch damit, Miriam die Kinder wegzunehmen und damit die kleine Familie auseinander zu reißen. Und dann verlieren die Drei auch noch ihre Wohnung – und das kurz vor Weihnachten. Aber auch Joe musste bereits mehrere Schicksalsschläge verkraften, Und da er das einzige Kind seiner Eltern ist, lastet alle Hoffnung seiner Eltern auf Joes Schultern – der Wunsch, dass der Sohn endlich eine Frau findet, die mit ihm eine Familie gründet, ist groß bei den alten Leuten. Werden Miriam und Joe zusammenfinden? Meine Meinung: Sozialkritisch, bedrückend und dennoch romantisch – so würde ich die Handlung beschreiben. Es ist eine gelungene Mischung verschiedener Themen, die uns die Autorin Nicole Joens in dieser modernen Weihnachtsgeschichte präsentiert. Die Autorin konfrontiert die Leser mit Themen, wie den Verlust geliebter Menschen – seien es Eltern, Geschwister, Ehepartner oder Kinder. Aber auch das Thema Armut spielt hier eine zentrale Rolle: im eigentlich reichen Deutschland irrt eine schwangere, wohnungslose Frau mit zwei Kindern durch die Kälte, weiß nicht, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten soll, woher sie die nächste Mahlzeit nehmen soll. Da wird der Gesellschaft ein Spiegel vorgehalten. Und man sieht, dass die, die eigentlich Hilfe leisten sollten, in diesem Fall die Ämter, eher zu Feinden mutieren. Um des lieben Geldes willen soll hier eine Familie auseinander gerissen werden. Es hat mich zwar nicht verwundert, aber dennoch geärgert, wie die Ämter sachlich, ohne eine Spur menschlicher Wärme handelten. Statt der jungen Familie zu helfen, legte man ihr Steine in den Weg, statt Unterstützungen hagelte es nur Drohungen. Dennoch – Miriam ist kein einfacher Mensch. Sie ist verbittert, das merkt man schnell, und sie ist stur und auch nicht gerade kooperativ im Umgang mit den Ämtern – mitunter ist sie richtig uneinsichtig, fast schon unreif. So richtig sympathisch kam Miriam leider nicht herüber – verständlich, wenn man sieht, was für Probleme sie hat, und was sie alles erdulden musste – die Mutter seit vielen Jahren tot, die Schwester und der Schwager ebenfalls und der eigene Vater ist auch weg. Sie, die keine eigene Familie hatte, musste sich in einer fremden Stadt von heute auf morgen um die traumatisierten Kinder kümmern, und mit ihrer Arbeit auch ihre eigentlich gesicherte Zukunft aufgeben. Fast schon ist man, angesichts Miriams Situation, versucht zu sagen, dass Kinder arm machen (können). Schnell merkt man: ist in unserer Gesellschaft jemand mittellos, dann kann es schnell geschehen, dass er mangels Geld zum Außenseiter wird. Diese Ausgrenzung muss in dieser Geschichte schon die Jüngste erfahren – weil die Kindergartenbeiträge nicht mehr gezahlt wurden, darf Anna-Sophie beim Krippenspiel nicht mehr in die Rolle der Maria schlüpfen. Und die Kindergärtnerin hat nicht einmal Mitleid mit dem kleinen Mädchen. Da ist es nur allzu verständlich, dass das kleine Mädchen die Welt nicht mehr versteht, ist es doch doppelt gestraft – es muss ohne Eltern aufwachsen und wird dann auch noch ausgegrenzt, weil es in Armut lebt. Aber einen kleinen Trost hat auch Anna-Sophie: ihre Puppe, mit der sie spricht und der sie ihre Sorgen anvertraut. Doch da ist die Zuflucht in der scheinbar auswegslosen Situation: Ein Taxifahrer, der selbst einige Schicksalsschläge hinnehmen musste (was dies ist, verrate ich an dieser Stelle nicht) und noch nach vielen Jahren sehr darunter leidet, könnte der Retter in (oder aus) der tiefsten Not sein. Doch eigentlich ist der Mann nicht so, wie er wirkt. Er ist durch die Geschehnisse in der Vergangenheit regelrecht kraftlos geworden. In Rückblenden, die fast über das gesamte Buch ins Geschehen eingearbeitet wurden, erfährt man, was es ist, das Joe so sehr zusetzt, ihm fast schon die Lebenskraft raubt. Aber in seinem Umfeld gibt es ebenfalls Personen, die es nicht leicht haben, die zu den Ausgegrenzten gehören: die Musiker aus Joes Band. Vielleicht fühlt er sich deshalb verpflichtet, Miriam zu helfen, damit sie nicht so endet, wie seine Freunde. Schade, dass Miriam ab und zu Joe gegenüber so launisch war, manchmal sogar regelrecht überheblich, z.B. wenn es um Musik ging. Da hätte sie sich doch besser etwas zurückgehalten. Benedikt, genannt Bene, finde ich für sein Alter schon (erschreckend) erwachsen. Nicht verwunderlich, hat er doch beide Elternteile verloren und fühlt sich als „Mann im Haus“ für seine kleine Schwester Anna-Sophie und „Tante Miri“ verantwortlich. Und so versucht er auch „seine beiden Frauen“ zu (be)schützen. Anna-Sophie ist die sensible, schon alleine aufgrund ihres Alters. Ganz klar – sie ist mit der gesamten Situation vollkommen überfordert, versteht oft die Welt nicht (mehr). - So verliert sie nicht nur ihr Zuhause, ihre Zuflucht, sondern erlebt auch noch im Kindergarten eine Ausgrenzung, der sie verständlicherweise nicht gewachsen ist. Und seine Tante bedarf schon deshalb seines Schutzes, weil sie sich aufgrund der Schwangerschaft in einer Ausnahmesituation befindet. Immer wieder entdeckt man in diesem Buch Parallelen zur Weihnachtsgeschichte: Maria, die vor mehr als 2000 Jahren hochschwanger, am Ende ihrer Kräfte, nach einer Unterkunft suchte – Miriam, die 2000 Jahre später nicht weiß, wohin sie mit „ihren“ Kindern soll. Aber auch Engel haben in dieser Weihnachtsgeschichte ihren Platz – sei es die Hebamme, die Miriam auch zur Seite steht, obwohl diese sie nicht bezahlen kann, oder die Eltern von Joe, die Miriam und den Kindern ein Gefühl von Geborgenheit vermitteln und ihnen herzlich gegenübertreten. Auf dem Bauernhof am Chiemsee findet Miriam all das, was sie und die Kinder lange vermisst haben – Wärme und sozusagen ein Shambala – dort wo Miriam bislang immer ihre Zuflucht gesucht hat. Immer wieder sind aber ins Buch mystische, bzw. spirituelle, Elemente eingebaut: da ist Shambala – der Ort, an dem Miriam immer wieder mit ihrem Geist Zuflucht sucht. Und am Ende, soviel sei verraten, tauchen immer wieder mystische Begebenheiten in der Handlung auf. Eigentlich ein guter Weg, den die Autorin hier beschritten hat, denn auf diese Art und Weise wird das erzählt, das ansonsten im Verborgenen geblieben wäre – schlimme Geschehnisse, die lange zurückliegen, die aber noch nach Jahrzehnten belasten und noch immer ihre dunklen Schatten werfen.. Musik scheint eine wichtige Rolle im Leben der Autorin zu spielen, spielt sie doch das gesamte Buch hindurch auch stets im Leben der Protagonisten eine wichtige Rolle – sowohl bei Joe, der ja in einer Band spielt, als auch bei der musikbegeisterten Miriam und den Kindern, deren Eltern Carola und Wassili ebenfalls Musiker waren – Musik verbindet ja bekanntlich und soll wohl auch als Bindeglied zwischen den ungleichen Protagonisten Miriam und Joe dienen. Der Schreibstil gefiel mir gut. Passend fand ich Joes bayrischen Dialekt, der dazu beitrug, das Ganze authentisch wirken zu lassen. Die mystischen, bzw. spirituellen, Elemente sind wohl eher Geschmacksache, gestört haben sie mich allerdings wenig bis gar nicht, nahmen sie doch nur relativ wenig Platz im Geschehen ein. Häppchenweise erfährt man erst im Verlauf der Handlung, was sich in Joes Vergangenheit zugetragen hatte, als Leser wird man hier auf die Folter gespannt und man stellt seine eigenen Vermutungen an. Das Cover ist wunderschön, ohne Frage, doch vermittelt es ein Bild der Harmonie und Unbekümmertheit – ein Stück „heile Welt“. Die junge Frau entspricht nicht meiner Vorstellung von Miriam, die ja schon fast vierzig Jahre alt ist. Dennoch finde ich das Cover zu einem kleinen Teil dennoch passend, denn letztendlich ist die Geschichte doch eine wunderschöne – voll Hoffnung und Zuversicht und hier gilt: Immer wenn Du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. Aber eines ist klar – ein anderes Cover wäre vielleicht passender gewesen – beispielsweise eines, das eine Frau mit zwei Kindern in der Dunkelheit zeigt, die in kaputten und fleckigen Kleidern durch den Schnee laufen, aber dieses hier ist optisch eben ansprechender. Fazit: Wer DIE typische, romantische Liebesgeschichte sucht, der ist hier falsch. Wer jedoch auf keinen Fall einen Heile-Welt-Roman sucht, ist mit diesem Buch sicherlich gut beraten. Ich gebe diesem Buch, das nicht sonderlich romantisch ist, sondern vielmehr sozialkritisch, aber das das Herz berührt, 5 Sterne.
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