Das Marcos-Regime gehört zur politischen Zeitgeschichte, von der ich nur eine vage Ahnung mitbringe, d.h. ich habe während der Lektüre immer wieder mal gegoogelt. Hier wird aus der Innenansicht, durch die Augen eines jungen Mannes, der Marcos zuerst auf einer politischen Kundgebung als Kind gesehen hat, eine Innenansicht der Marcos-Diktatur gegeben.
Der Autor schreibt irgendwie passend zu dem Gefühl, das der Titel „Killing time in a warm Place“ vermittelt, sehr lakonisch, dennoch zwischen Zeilen auch immer witzig und V.a. auch sehr klug über das Verhalten der Menschen in solchen repressiven Systemen. Man sollte ihn mehr lesen.
Unter Marcos herrschte 10 Jahre das Kriegsrecht und erst durch den Widerstand der Bevölkerung konnte sein Regime beendet werden. Aber viele Menschen, so erfährt man, versuchen einfach auch nur, die eigene Position zu verbessern, sich durchzuschlagen, zu ertragen, sich ins Private zurückzuziehen, sind Exilanten und sind Mitläufer, während eine kleinere Gruppe sich aktiv in den Widerstand begibt, hier sind es Studentengruppen z.T. mit Nähe zum kommunistischen Gedankengut, v.a. Mao, denen sich der Protagonist anschließt. Die Ideen treffen auf die Realität, in der hohe soziale Ungerechtigkeit herrscht.
Aber auch die Inhaftierung in Lagern mit Langeweile auf der einen Seite, aber auch Angst, Folter, Mord, Bestechlichkeit spielen eine wichtige Rolle. Das dazu passende Kapitel trägt auch den Namen des Buchs. Am Ende brach das Regime unter Massenprotesten zusammen, ähnlich etwa wie in der DDR, auch wenn der Vergleich natürlich nicht ganz passt.
Spannend sind Prolog und Epilog des Autors, v.a. Den Epilog würde ich fast empfehlen vorab zu lesen, da er die große Aktualität dieses Buches hervorhebt. Und ich finde, man liest es dann mit anderen Augen.
Delisay schreibt sehr gut, wie ich finde, aber sein oft detailreicher Schreibstil läd nicht zum schnellen Lesen ein. Also auch, wenn das Buch nur knapp 190 Seiten hat, sollte man sich Ruhe und Zeit nehmen. Ich fand es auch wirklich erhellend, mir den zeitgeschichtlichen Kontext, in dem das Buch spielt, anzulesen.
Die Kapitel sind sehr lang, sie befassen sich mit ganzen Lebensphasen der Hauptfigur. Das machte es mir, trotz aller Begeisterung, zeitweise etwas schwer, am Ball zu bleiben. Dennoch unbedingte Empfehlung!