Rezension zu "Ich träume deutsch... und wache türkisch auf" von Nilgün Tasman
Die 5jährige Nilgün lebt mit ihren Eltern und ihrer vier Jahre älteren Schwester in Istanbul. Für die Verwirklichung ihres Traumes vom eigenen Haus kommt die Familie in den 70er Jahren nach Stuttgart. Doch aus den „maximal zwei Jahren“ werden 20 Jahre, innerhalb derer die beiden Mädchen für zwei Jahre bei der ihnen fremden Großmutter in Anatolien untergebracht werden, die Ehe der Eltern problematisch wird und die Mutter vor lauter Heimweh depressiv in einer Klinik landet.
Mit Eintritt der Pubertät endet die Kindheit der Schwestern – Söhne der türkischen Community kommen auf Bautschau.
Nilgün verlässt jedoch den ihr vorgezeichneten Weg. Maßgeblichen Anteil daran hat ihre geschiedene Tante Birsen, „die Hure“: „Ihr müsst Tinte lecken. Ihr müsst studieren und an die Universität gehen. Vor Universitäten und belesenen Frauen haben Männer Angst und Respekt. Oder ihr werdet reich, dann seid ihr auch frei.“
Die neugierige Nilgün liest sowohl den Koran als auch (heimlich) die Bibel, interessiert sich für Bücher der Feministin Duygu Asena, bleibt in Deutschland, studiert, gründet eine Familie und wird so zu einer „Eurasierin mit Flügeln“.