Rezension zu "Ostmodern" von Nina Eggemann
Meine Kindheit habe ich in einem Land verbracht, in dem Mode ein kompliziertes Thema war. Entweder musste man stundenlang Schlange stehen, um ein Kleidungsstück zu ergattern, welches kurz danach alle Klassenkameraden auch trugen, oder es wurde aus Stoffen gefertigt, die man nur durch gute Beziehungen bekommen konnte. In der DDR gab es nur wenige Ressourcen in diesem Bereich. Umso wichtiger war es, dass die Kleidungsstücke sehr lange halten und wohl möglich an einen nächsten weiter gegeben werden konnten. Da spielte das Aussehen leider nur eine zweitrangige Rolle. Die Kleidung musste praktisch sein, gut kombinierbar und zweckmäßig. Ein Kleidungsstück, an welches ich mich immer erinnern kann, ist die gute alte DeDeRon–Schürze, die nicht nur meine Oma ständig im Haushalt trug. Sie war bunt, fleckenabweisend, und ist auch nach dem hundertsten Mal waschen nicht aus ihrer Form gelaufen. Gut, dass man heute etwas mehr Möglichkeiten besitzt, aber trotzdem erinnere ich mich gerne daran zurück.
Und sehr schön in Erinnerung schwelgen konnte ich, als ich „Ostmodern“ entdeckte.
„Ostmodern“ ist in einer Zusammenarbeit mit dem Berliner DDR Museum entstanden und soll spielerisch die Mode aus der DDR durch vier Jahrzehnte darstellen. Es ist ein praktisches Buch, denn nach einem kurzen Vorwort gilt es, die Bastelschere in die Hand zu nehmen und mehr als achtzig Kleidungsstücke und Accessoires auszuschneiden. Diese kann der Bastler nach erfolgreichem Ausschneiden an einer Anziehpuppenfamilie ausprobieren und individuell kombinieren.
Die Kleidungsstücke sind in vier Jahrzehnten unterteilt, doch hat man sie erst einmal ausgeschnitten, kann man sie nur schlecht wieder zuordnen, weil sie leider nicht beschriftet sind. Ich habe mir einfach die Zahlen auf die Rückseite geschrieben, um sie so leichter zuordnen zu können. Für jemanden, der nicht mit der Ostmode vertraut ist, fehlen meiner Meinung nach ein paar Hinweise. Obwohl im Vorwort einige typische Kleidungsstücke erwähnt werden, könnte ein in Sachen DDR-Mode unerfahrener Bastler sie nicht unbedingt im Buch als solche erkennen. Hier wäre ein Hinweis wünschenswert gewesen. Derjenige, der die DDR Mode nicht selbst erlebt hat, kann kaum die Begriffe im kleinen Textil-Lexikon am Ende des Buches mit den aufgedruckten Kleidungsstücken in Verbindung bringen. Auch das Ausschneiden könnte sich ein wenig schwieriger gestalten als gedacht. Die Anziehpuppen sind auf dem Bucheinband gedruckt, der sehr stabil ist, und viele Kleidungsstücke haben sehr schmale Zwischenräume, an denen kleinere Kinder scheitern könnten.
„Ostmodern“ hat mich ein wenig in Erinnerungen schwelgen lassen und ist somit für viele Osttalgiker reizvoll. Das Gesamtkonzept - typische DDR Mode in ihrer gesamten Vielfältigkeit zu präsentieren – war für mich nicht komplett überzeugend. Leser die keine Vorerfahrungen mit der Ostmode haben, werden hier nicht ausreichend informiert.