Cover des Buches Das letzte Polaroid (ISBN: 9783351050085)
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Rezension zu Das letzte Polaroid von Nina Sahm

Mehr Schein als sein

von sursulapitschi vor 9 Jahren

Rezension

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sursulapitschivor 9 Jahren

Hier gibt es wirklich viele begeisterte Stimmen zu diesem Buch. Ich kann das leider nicht nachvollziehen.

Anna aus München und Kinga aus Budapest treffen sich in den Ferien am Balaton als sie 14 Jahre alt sind. Und obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten, werden sie Freundinnen, die sich noch Jahre später lange Briefe schreiben. Das ist schön, aber nicht außergewöhnlich.
Anna kommt aus einer Akademikerfamilie, wächst auf mit täglichen Quizfragen zum Allgemeinwissen, Bioprodukten und einem vorgezeichneten Lebensplan. Das ist anstrengend, aber kein grausames Schicksal.
In Kingas Familie gibt es Spaß, Liebe und Kuchen, wenn auch nicht viel Geld. Kinga ist lebenslustig, weiß, wie man Jungs verführt und macht immer und überall Polaroids. Das ist der eher bemühte Gegenentwurf zu Annas Hintergrund.
Zehn Jahre später liegt Kinga nach einem Autounfall im Koma. Kingas Eltern bitten Anna, nach Ungarn zu kommen. Anna packt die Koffer und bezieht das Gästezimmer von Kingas Eltern. Sie lässt sich treiben in Budapest, übernimmt Kingas Eltern, Kleidung, die Polaroidkamera und sogar ihren Freund.

Man erfährt nach und nach durch Erinnerungssequenzen Annas Lebensgeschichte, aber besonders aufregend ist die nicht. Auch ihr Aufenthalt in Ungarn bietet keine bemerkenswerten Geschichten. Sie vertreibt sich die Zeit und lernt ein paar Menschen kennen. Alltag. Immerhin anderer Alltag. Man bekommt einen lockeren Eindruck vom Leben in Ungarn während der Wirtschaftskrise und Unruhen wegen des Orban-Regimes. Das war ganz interessant, auch wenn die Thematik nur gestreift wird. Anna nimmt es nur verwundert zur Kenntnis.
Nach zwei Wochen schafft sie es erst, Kinga im Krankenhaus zu besuchen. Dass sie gekommen ist, um ihrer Freundin beizustehen, die im Koma liegt, scheint nicht mehr so wichtig zu sein. Sorgen macht sie sich keine.

„ Die gefährliche Versuchung, das Leben eines anderen zu leben.“ Das ist die Botschaft, die uns hier vermittelt werden soll und die wir freundlicher Weise schon vorab geliefert bekommen. Von gefährlicher Versuchung konnte ich aber nicht viel spüren. Keine Gefahr weit und breit. Da ist nur eine Frau, die wenig Ambitionen und wenig Emotionen hat, die unreflektiert Ideen anderer ausprobiert, weil sie selbst keine hat.
Auf den letzten 10 Seiten des Buches denkt sie zum ersten Mal nach.

Eigentlich hätte man hier ausreichend Stoff für dramatische Entwicklungen gehabt. Die stehen aber weitgehend ungenutzt im Raum und dienen nur dazu, Anna auf ein paar Ideen zu bringen, die man normalerweise mit 16 von ganz alleine hat.
Ein großes Konstrukt für ein eher harmloses Ansinnen, das mich zu großen Teilen gelangweilt hat.




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