Nino Vetri

 4,3 Sterne bei 3 Bewertungen

Alle Bücher von Nino Vetri

Cover des Buches Lillehammer-Palermo (ISBN: 9783940524775)

Lillehammer-Palermo

(1)
Erschienen am 22.07.2019
Cover des Buches Marcitero (ISBN: 9783949262418)

Marcitero

(1)
Erschienen am 04.03.2024
Cover des Buches Mamas wunderbares Herz (ISBN: 9783940524348)

Mamas wunderbares Herz

(1)
Erschienen am 12.03.2015

Neue Rezensionen zu Nino Vetri

Cover des Buches Marcitero (ISBN: 9783949262418)
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Rezension zu "Marcitero" von Nino Vetri

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Lesenswert: Das unfreundlichste Dorf Siziliens

Wer bisher Sizilien als Land seiner träume erachtete, der war noch nie in Marcitero. Marcio – verdorben, faulend – schwingt im Namen mit. Und eigentlich heißt das Dorf mit den nicht einmal einhundert Einwohner anders. Alle von außerhalb nennen es so. Und die Einwohner von Marcitero haben es aus Trotz einfach übernommen.

Auch trägt hier niemand seinen eingetragenen Namen. Alle rufen sich nur bei Spitznamen. Und die sind weiß Gott nicht freundlich gemeint. Fast die Hälfte der Einwohner trägt die Spuren der Raufereien wie eine Monstranz vor sich her. Die Obrigkeit traut sich nicht ins Dorf. Und Nordkoreas Diktator würde man hier mit allen Ehren begrüßen. Frauen sind … na ja, was soll man sagen … Objekte. Mehr nicht. Und wer abzuhauen versucht, der bekommt den starken Arm der Starrköpfe zu spüren. Wer aus der Stadt kommt, ist ein Intellektueller. Und solche Leute mag man hier nicht. Straßen fegen? Bene, aber danach wird sie sofort wieder so richtig eingesaut. Der Nachbar hat einen neuen Zaun – rumms, eingetreten. In Marcitero hält der gute Ton ein ausgiebiges Mittagsschläfchen.

Ausgerechnet hierhin hat es den Erzähler verschlagen. Er bleibt trotzdem. Alles an diesem Ort ist abstoßend. Selbst der Wein. Der schmeckt wie Essig. So mag man hier seinen vino! Nino Vetri setzt diesem fiktiven Ort ein Denkmal für die Ewigkeit. Die Landschaft ist karg, aber ansehnlich. Wenn die Bewohner von Marcitero das ändern könnten, sie täten es. Garantiert! Warum also bleibt man an einem Ort, der so gar nichts Freundliches an sich und schon gar nicht in sich hat? Selbst der Erzähler weiß es nicht.

Immer tiefer taucht er in diese seltsame Gesellschaft ein. Sitzt mit den Einheimischen am Tisch, trinkt den ungenießbaren Wein – würde er Bier trinken, würde man ihm das Gesicht derart verzerren, dass man meint er stamme von hier. Er nimmt an einer Beerdigung teil, wo es auch nicht gerade respektvoll zugeht.

„Marcitero“ als Sinnbild für die sizilianische Kultur zu nehmen, wäre zu viel des Guten. Das überlässt man lieber Michele Corleone in „Der Pate III“. Doch so weit ist man hier gar nicht von der Wahrheit entfernt. Man liebt und hasst seine Heimat gleichermaßen. Den Nachbarn muss man hassen. Das war schon immer so. Das Dorf dezimiert sich selbst. Das ist gut so in den Augen der Einwohner von Marcitero. Andererseits – mit wem soll man sich dann am Abend besaufen und die Fäuste fliegen lassen? Ach, es ist ein Jammer, dass Marcitero fiktiv ist. Oder doch nicht?

Cover des Buches Lillehammer-Palermo (ISBN: 9783940524775)
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Rezension zu "Lillehammer-Palermo" von Stig Sæterbakken

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Ballnacht der Missverstandenen

Je nachdem von wo man anreist, liegen Lillehammer wie Palermo am Ende der Welt. Die Zeiten sind vorbei, in denen man dachte, dass, wenn man am Rande der Welt Gleichgewichtsstörungen bekommt, sofort in ein tiefes Nichts fällt. Das passiert weder im hohen Norden, noch im tiefsten Süden Europas. Lillehammer, die Stadt, die erst seit knapp drei Jahrzehnten eine Rolle in den Köpfen der Menschen spielt, seit 1992 hier die Olympischen Winterspiele stattfanden, und seitdem als das Maß aller Dinge gelten. Und Palermo, die Stadt, die für die meisten das Italien aufblühen lässt, das sie gar nicht ist, da ihre Wurzeln wie kaum woanders in Europa interkontinental sind. 
Stig Sæterbakken und Nino Vetri – unschwer zu erkennen, wer aus welcher Stadt kommt – begeben sich in ihren Geschichten an den Rand Europas. Abseits der Pfade, abwegig in jeder Hinsicht. Und dabei so eindringlich und voller Sehnsucht, dass selbst Märchensammler wie die Gebrüder Grimm grün vor Neid werden. So groß die Entfernung der beiden geographisch war, so eng sind ihre Schicksale als Künstler miteinander verwoben. Sie haben sich nie getroffen. Doch ihr Verleger hat sie – im Falle von Sæterbakken posthum – miteinander vermählt. Ein rauschendes Fest für den Leser!
Nino Vetris beitrag, die Erzählung „Suite für eine viertel Kuh“ beginnt mit dem seltsamen Zusammentreffen des Erzählers, welcher unverkennbar der Autor selbst ist, mit einem Magier. Ein echter Freigeist in jedweder Lesart: Freischaffend, depressiv, angewidert, unverstanden, … pleite. Ein echter Künstler eben. Er eckt an mit seiner Kunst, und die Leute nehmen kein Blatt vor dem Mund, wenn sie ihm ihre Meinung geigen. Oder sie schütten gleich ihr Bier über seinem Haupt aus. Ein hartes Leben als Künstler. Wagner III., so nennt sich dieser Magier, geht schon seit Längerem mit einer Idee für eine Theaterstück schwanger. In diesem soll eine Kuh, Ratten, Fäkalien und Gift eine Rolle spielen. Die Provokation als Kunst. Auch der Erzähler hat eine Idee für eine Geschichte. Sie handelt von Freud und Jung, den Psychoanalytikern. Wagner III. klaut Passagen bzw. gleich die ganze Geschichte. Der Erzähler wird unweigerlich ins perfide Spiel des Magiers hineingezogen. Die Grenzen zwischen Realität und Kunst verschwimmen sehenden Auges. 
Bei Sæterbakkens Part in diesem Buch spielen Versatzstücke eine große Rolle. Aus dem Nachlass entnommene Stücke spiegeln genau das wieder, was am anderen Ende, nicht der Welt, immerhin jedoch, Europas ebenso passieren kann. Der Künstler als unverstandener Interpret der Zeit. Die Notate aus dem Nachlass von Stig Sæterbakken lesen sich wie die Einverständniserklärung für das Leben des Wagner III., das der Feder Nino Vetris entsprungen ist. Wagner III. wurde erst nach seinem Tod bekannt. Sæterbakken war schon vor seinem Tod ein geachteter Autor. Er schied am 24. Januar 2012 freiwillig aus dem Leben. In Zusammenhang mit diesem Buch ist der Tod eines weiteren Menschen vielleicht nicht von Bedeutung, aber doch auffallend (könnte von Wagner III. nicht besser inszeniert worden sein): Zwei Tage vor Sæterbakken starb der amerikanische Football-Coach Joe Palermo.  

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