Noëmi Lerch

 4,3 Sterne bei 3 Bewertungen
Autor*in von Die Pürin, Willkommen im Tal der Tränen und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Noëmi Lerch, geboren 1987 in Baden, lebt auf einem Hof in Aquila und arbeitet als Hirtin und Schriftstellerin. »Willkommen im Tal der Tränen« ist ihr drittes Buch. »Die Pürin« und »Grit« sind ebenfalls im verlag die brotsuppe erschienen.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Noëmi Lerch

Cover des Buches Die Pürin (ISBN: 9783905689839)

Die Pürin

(2)
Erschienen am 09.12.2016
Cover des Buches Willkommen im Tal der Tränen (ISBN: 9783038670155)

Willkommen im Tal der Tränen

(1)
Erschienen am 10.05.2019
Cover des Buches Grit e le sue figlie (ISBN: 9791255590255)

Grit e le sue figlie

(0)
Erschienen am 01.05.2024

Neue Rezensionen zu Noëmi Lerch

Cover des Buches Willkommen im Tal der Tränen (ISBN: 9783038670155)

Rezension zu "Willkommen im Tal der Tränen" von Noëmi Lerch

Ein LovelyBooks-Nutzer
Kunstvolle, lyrisch anmutende Geschichte

Mit Lyrik tue ich mich eher schwer, ich suche oft vergeblich den Rhythmus, die Atmosphäre. Nur wenige AutorInnen fallen mir ein, die mich erreicht haben. Na gut, es sind nur drei. Ich würde nicht sagen, dass ich um Lyrik einen Bogen mache, aber ich suche sie eben auch nicht. Was mir bei diesem Genre für Assoziationen in den Sinn kommen sind sperrig, umständlich, kompliziert. 


Diese Art von Lyrik ist zeitgemäß. Jugendlich könnte man sagen, ungezwungen. Und doch muss ich zugeben dass es eben eine anspruchsvolle Textform ist, bei der zumindest ich nicht alles beim ersten Lesen erfassen kann. 


Zum Inhalt:


Drei Männer verbringen den Sommer auf der Alp, sie haben die Kühe heraufgebracht. Der Lombard und Zoppo sind eingespielt, melken, käsen, die Rinder hüten. Der Tuinar ist neu, die Berge sind ihm fremd und so weit vom Meer und seiner Familie, von seinem Zuhause fort zu sein, macht ihm zu schaffen. Er versteht die Sprache der Männer nicht, versteht ihr stoisches Handeln nicht, bleibt ausgeschlossen und fühlt sich doch als Teil dieser Zweckgemeinschaft. Als Mann für alles wird auch er ein Rädchen im Uhrwerk der Arbeit, wird Teil des Kreislaufs von Leben, Natur, Arbeit und Sterben. 


So heißen auch die 4 Kapitel dieses höchst ungewöhnlichen Buches. Es ist ein Schmuckstück und doch ist die Besprechung nicht einfach, nicht leicht ist es, das Leseerlebnis für andere verständlich zu machen. Wenn ihr euch darauf einlasst, kann ich euch nichts Geringeres als ein Gesamtkunstwerk versprechen, ich wage zu behaupten, dass ihr so etwas noch nie gelesen habt. 


Ich möchte unbedingt auf die Äußerlichkeiten eingehen, denn direkt fiel mir der Duft des Buches auf. Durch viel schwarze Farbe riecht es schwer nach bedruckten Blättern, es duftet nach viel Papier und Buchstaben, als wollte die Geschichte sofort heraus aus den Seiten. Dann bemerkt man den mausgrauen Buchschnitt, der ebenfalls von den vielen schwarzen Seiten herrührt. Denn jede linke Seite ist schwarz bedruckt, mit einer hellen Illustration in der Mitte. Schnörkel, Linien, abstrakt und doch ist etwas zu erkennen, fügt sich in die Geschichte ein. Auf den rechten Seiten, die auch nicht reinweiß sind sondern vielmehr hellgrau, stehen zentral ausgerichtet die kurzen Textpassagen, manchmal bloß ein Satz. 


Man könnte sagen, die Autorin stellt nicht allein mit Worten die Emotionen dar, sondern vielmehr mit dem Fehlen von Worten, dem vielen Platz auf den Seiten, der Leere und den Lücken in der Erzählung. Es ist keine wirkliche Handlung zu erkennen, es lässt sich nicht einfach weglesen, dieses merkwürdige Buch, es bremst einen aus und möchte, dass man sich Zeit nimmt, die Ursprünglichkeit und Eintönigkeit bekommt man nur durch langsames Lesen zu spüren, die Stille und die Stimmung. Ich persönlich habe das als sehr angenehm empfunden. Es ist wichtig, dass wenig Text auf den Seiten ist, die Worte müssen sich entfalten, sie brauchen Platz, um wirken zu können, um Bilder heraufzubeschwören, um Tiefe zu erzeugen.


Ein überraschendes Werk, herrlich melancholisch und zum nachsinnen gedacht, ein ganz besonderes Buch, das ich sicher nochmal ganz ganz langsam lesen werde. Den Literaturpreis der Schweiz 2020 hat es absolut verdient, auch mich hat dieses doppelt Kunstvolle, zum einen literarisch und zum anderen grafisch, sehr begeistert.

Cover des Buches Die Pürin (ISBN: 9783905689730)
NiWas avatar

Rezension zu "Die Pürin" von Noëmi Lerch

NiWa
Alpenphilosophie

Die Pürin ist Bauer und keine Bäuerin, weil sie nicht die Frau des Bauers ist. So kam sie zu ihrer Bezeichnung und zeigt ihrer Gehilfin, wie es sich als Pürin in den schweizerischen Alpen lebt.

Dieses Buch ist sehr philosophisch geschrieben, es behandelt das Leben, die Alpen, die Tiere und wie sich die Gehilfin der Pürin durch die Jahreszeiten schlägt.

Die Protagonistin zeichnet ihre Zeit bei der Pürin auf, wie sie ihr im Stall, auf der Wiese und an manchen Abend zur Seite steht. Doch meistens zieht sie sich in die Villa ihrer Großeltern zurück, wo sie an jenen Menschen denkt, von dem die zweite Tasse am Tisch stammt.

Die Geschichte ist sehr nebulös geschrieben und ich bin mir sicher, dass ich vieles davon nicht verstanden habe. Gestört hat mich die Großmutter, die einen festen Platz darin hat, aber ich konnte hier weder den tieferen Sinn erspüren noch die Figur in die Handlung einordnen. Denn die Großmutter ist gestorben und trotzdem da. Sie ist nicht da, wie es ein wohlwollender Geist oder eine schützende Figur sein würde, sondern sie ist richtig in der Geschichte anwesend, obwohl sie längst verstorben ist.

Besonders gut haben mir all die kleinen Szenen gefallen, die die harte Arbeit und die Ruhe der Alpen und der Landwirtschaft spüren lassen. Das ist greifbare Philosophie, die einen mitten in der Seele trifft:

„Jetzt scheint mir, nur der Mensch könne so blöd sein, aus Stolz den schweren Weg zu gehen, während Tiere stets den einfachsten wählen und noch lieber die Abkürzung.“ (S. 52 - 53)

Ich habe diese Erzählung als beruhigend empfunden, denn sie holt einem aus dem hektischen Alltag, rein in den harten Trott der Realität, so wie sie Wirklichkeit ist. Denn was könnte realer sein, als die Arbeit mit Tieren in der freien Natur und worin liegt im „normalen“ Leben die Wichtigkeit?

Gleichzeitig thematisiert die Autorin aber auch, dass dieses Leben nicht besonders lockt, dass sich junge Menschen nach der weiten Welt sehnen und ihre eigenen Erfahrungen machen müssen, um vielleicht später wieder in die Realität der Alpen zurückzukehren.

Mir hat diese philosophische Erzählung aus den Alpen sehr gut gefallen. Ich mochte besonders die Sequenzen im Stall, wenn mit den Tieren geredet wurde und die Protagonistin den Kälbern Geschichten erzählt hat.

Natürlich muss man in der richtigen Stimmung sein, um auf philosophischen Weg die Alpen zu besteigen, aber ich denke, dass dieses Büchlein viel Freude schenkt und auf seine eigene Art zum Nachdenken anregt.

Cover des Buches Die Pürin (ISBN: 9783905689730)
Sommerregens avatar

Rezension zu "Die Pürin" von Noëmi Lerch

Sommerregen
Leise Töne...

"Am Anfang hatte ich den alten Schimmel, dann eine Kuh, dann zwei. Die Hühner sind dazu gekommen, und noch eine Kuh. Und so ging es weiter. (...) Heute habe ich vierzehn Kühe, vierzehn Rinder, siebenundvierzig Hühner und den alten Schimmel dazu." (S.47)
Eines Tages, als sie ihre Großeltern in deren Villa mit Namen Laudinella besucht, begegnet die bis zuletzt namenlose Erzählerin der Pürin. Diese hat vor Jahren, gegen einigen Widerstand, als Frau selbst mit dem Bewirtschaften eines eigenen Bauerhofes begonnen. Da sie immer älter, die Arbeit jedoch keineswegs weniger wird, fragt sie, ob die Frau nicht ihre Gehilfen werden möchte.
So notiert die Gehilfin die Erlebnisse der beiden - alles, was sie nicht vergessen möchte. Eine arbeitsame Zeit beginnt für sie, die aber, trotz aller Anstrengung, wohltuend ist. In Gedanken schweift sie gelegentlich zu diesem Mann ab. Demjenigen Mann, dessen Tasse zusammen mit der ihren noch einsam und verlassen auf dem Tisch in der alten Villa steht. Jeden Abend kehrt die Gehilfin in das verlassene Anwesen und nimmt die gesamte Atmosphäre in sich auf. Und auch, wenn dort niemand mehr wohnt und ihre Großmutter längst schon verstorben ist, begegnet sie ihr dort von Zeit zu Zeit, unterhält sich mit ihr oder lässt sich ein Getränk zur Stärkung von ihr zubereiten.
Nicht nur mit ihrer Großmutter spricht die Gehilfin, sondern auch mit Gegenständen wie dem Traktor oder mit Tieren.
"Ich frage mich, ob die Tänze des Falken einen praktischen Sinn haben. Ich frage den Falken. Er sagt, hungrig sei er nur im Winter." (S.63)

Als Leser begleitet man die anpackende, rätselhafte und entschlossene Pürin sowie die manchmal zweifelnde, unsichere und vergessen wollende Gehilfin über ein ganzes Jahr hinweg. Deswegen ist dieses 80 Seiten umfassende Werk in die vier Jahreszeiten gegliedert. Vom Winter ausgehend, bekommt man die Veränderungen ganz sachte aufgezeigt und bemerkt, wie sich alles im ewigen Kreislauf befindet.
Die Erzählerin hängt ihren Gedanken häufig nach, sodass man immer wieder den Zusammenhang suchen muss, ihn nach kurzer Zeit des Überlegens jedoch findet.
Zunächst war ich von den Gesprächen mit Verstorbenen, Tieren und Gegenständen nicht sonderlich angetan, nach einer Weile fügten sich diese Fragmente des Be- und Ergreifens der Umwelt jedoch zusammen und wurden stimmiger. Betrachtet man solche Szenen also als Suche, Zweifel, Unsicherheit oder Ähnliches, dann lernt man die Gehilfin deutlich besser kennen.
Sehr überraschend ist, wie gut die beiden Frauen, obwohl sie so unterschiedlich sind, harmonieren. In diesem Buch wird der Fokus auf das Wesentliche gelegt, sodass der Leser sich vieles vorstellen kann. Da kein Gespräch mit Anführungszeichen gekennzeichnet wird und die Sprache nüchtern belibt, hat man bei der Lektüre das Gefühl, in einer Seifenblase zu sitzten und, abgekapselt von allem anderen, nur der Pürin und ihrer Gehilfin bei ihrem Leben zuzuschauen.

"Die Pürin" zeichnet sich weniger durch eine mitreißend-aufregende Geschichte, als durch eine ruhige Erzählung aus. Dieses Buch arbeitet sehr viel mit Atmosphäre und leisen Tönen, mit Kargheit statt großen Ausschmückungen. Zu erst musste ich mich an diese Art und Weise gewöhnen, nach einer Weile jedoch habe ich sie genossen.

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