Rezension zu "Rebellion oder Untergang!" von Noam Chomsky
Prolog: a) „Niemand außer Noam Chomsky verbindet so leidenschaftlich die beiden vom Menschen verursachten Bedrohungen mit unserer Existenz: den katastrophalen Klimawandel und die nuklearen Weltuntergangsmaschinen.“ Daniel Ellsberg (duckduckgo), Whistleblower der Pentagon-Papiere" (literaturkritik.de: Timo Krstin)
b1) „Denn es sinnt...[die LIEBE] nicht auf Vernichtung, sondern nur auf Umänderung des Denkens [& Handelns!]. Und so muß...[SIE] also das Denken hinwenden auf Geistiges und abwenden vom Irdischen [rein Materialistischen, Egomanischen, Egozentrischen, Rationalistischen, Atheistischen...], und dies ist der Zweck aller (!) kommenden Ereignisse!“
b2) "Ich bin eigentlich und hauptsächlich darum in diese Welt gekommen, um die gänzlich entartete und aus aller Meiner ursprünglichen Ordnung getretene Menschheit wieder durch Lehre, Beispiele und Taten auf denjenigen Urzustand zurückzuführen, in welchem die ersten Menschen als wahre Herren aller andern Kreatur sich befanden. " lorber-jakob.de
1) Fazit: a) Top-Visionär & -Analytiker!
b) Hochaktuelle Warnung mit stark zunehmender Brisanz:
"Die Dringlichkeit der Gefahr der [Nuklearkrieg-]Untergangs [WW3/3.Wk!] ist unübersehbar" (Vorwort; Chomsky, Januar 2019)
b1) Sehr Detailliertes & Hilfreiches hierzu:
- Prophetentexte (Daniel, Jesaja, Hesekiel, Jeremia...) des Alten & Neuen Testamentes der Bibel (Top: M Kahir (Viktor Mohr): "Nahe an 2000 Jahre", lovelybooks.de
- Christi nachbiblische Prophezeiungen, Offenbarungen, Autobiographien (!)... gemäß Johannes 14:16,21,26, v.a. an Jakob Lorber & Bertha Dudde:
b1a) Gerd Gutemann: "2020-2028 [2025-33!] Bertha Duddes Prophezeiungen zur Endzeit und Neuen Erde - FAQs zu 3. Weltkrieg, Katastrophe aus dem Kosmos, Antichrist, Wiederkunft Jesu, Endzeitgericht, Neue Erde"
b1b) Kurt Eggenstein und Gerd Gutemann: "Der Prophet Jakob Lorber verkündet bevorstehende Katastrophen und das wahre Christentum"
b1c) Leopold Engel: "Mallona: Der Untergang des Asteroiden-Planeten", lovelybooks
b2) "Entweder wir sorgen für sein Ende [des Atomwaffenzeitalters] oder es wird sehr wahrscheinlich für das unsrige sorgen!" Er sieht in unbewußter Übereinstimmung mit Christi Extrem-Endzeit-Prophezeiungen (Bertha Dudde, Gerd Gutemann, Kurt Eggenstein, M Kahir) den 3. Weltkrieg mit Atomwaffen (!)" voraus als Folge von
extremer "Hybris - Die endgültige Sicherung der globalen Vormachtstellung der ["extremistischen"] USA" (2003)!
b2a) Top-Ergänzung: Daniele Ganser! Rainer Mausfeld! Collin McMahon Alex Demirovic!
c) Formal-Editorisches
3 S. "Anmerkungen" als Kapitel-gegliederte Endnoten als Literatur-Referenz-Angaben
d) Kritik
d1) Keine Fußnoten, Kein Sach-, Personen- & Literatur(referenz)-Register!
d2) literaturkritik.de: Timo Krstin: (ausführlichen Rezensionstext siehe unten)
"Leider geht die Westend-Ausgabe bei der Edition der Gespräche geradezu schludrig vor. Im Buch sind keine Informationen zu den Gesprächspartner:innen enthalten. Man muss sie sich mühsam selbst zusammensuchen. Was problematisch ist, weil sich darunter zum Beispiel die beiden Aktivist:innen Wallace Shawn und Michael Schiffmann befinden, die eine sehr explizite und besonders in Schiffmanns Fall antiamerikanistische Agenda verfolgen. Andere Gesprächspartner:innen müssen sich selbst vorstellen oder bleiben gänzlich anonym. Im Kampf mit einem Gegner, der Lügen und Halbwahrheiten zur politischen Waffe macht, sollte mit wichtigen Fakten genauer umgegangen werden."
2) Hilfreiches
a) IHV & 12 S. Leseprobe: westendverlag.de
b) Top-Rezensionen (literaturkritik.de: Timo Krstin) & Buchzitate siehe unten
c) Videos
youtu.be: "Rebellion oder Untergang! – Noam Chomsky im Gespräch mit Michael Schiffmann"
youtu.be: "Prof. Noam Chomsky: Internationalismus oder Untergang?"
youtu.be: "Kampf oder Untergang" - Noam Chomsky im Gespräch mit Emran Feroz
youtu.be: "Noam Chomsky full length interview: Who rules the world now?"
youtu.be: "2014 "Noam Chomsky": Why you can not have a Capitalist Democracy!"
youtu.be: "Noam Chomsky on stupid people"
d) Original-Ausgabe: Chomsky: "Internationalism or Extinction (Universalizing Resistance)" (Herausgeber Charles Derber, lovelybooks)
e) Über Chomsky: duckduckgo
perlentaucher.de: "Noam Chomsky, geboren 1928, politischer Aktivist, Sprachtheoretiker und seit 1961 Professor am "Massachusetts Institute of Technology", ist Autor mehrerer Bestseller über Linguistik, Philosophie und Politik. Zu seinen wichtigsten Werken zählen "Reflexionen über die Sprache", "Regeln und Präsentationen", "Globalisierung und Cyberspace", "Politische Ökonomie und Menschenrechte" und "Wirtschaft und Gewalt"."
3) Rezensionen & Kurzmeinungen
perlentaucher.de: "Rezensent Otto Langels sieht in diesem Buch von Noam Chomsky belegt, dass "nahezu allen Lebensformen auf diesem Planeten" der Untergang droht - sei es durch den Klimawandel oder einen nicht mehr lange zu verhindernden Atomkrieg! Und auch die Verstocktheit der [US-]amerikanischen Bevölkerung, die sich politisch einfach nicht aufklären lasse, setzt Langels schwer zu. Woher Chomsky seinen Optimismus nimmt, bleibt dem Rezensent daher ein Rätsel. Aber mit welcher Verve dieses linke Urgestein noch immer zu Protest und Revolte aufruft, imponiert ihm."
literaturkritik.de: Timo Krstin:
"...Sein kurzes Büchlein besteht aus dem Aufsatz Die zweifache Bedrohung und aus vier im Verhältnis wesentlich längeren Gesprächen und Interviews. Die zweifache Bedrohung wird ergänzt durch ein paar Gedanken zur trumpschen Abwahl unter dem Titel Die dritte Gefahr. Wie die „zweifache“ Bedrohung schon sagt, kreisen die Texte im Wesentlichen um zwei Themen, von denen das eine mit seiner beinahe überkommenden Gestrigkeit und das andere mit seiner am Trend entlang schlitternden Aktualität überrascht. Beides hätte man so vom weisen alten Mann, der sich noch einmal ins Geschehen einbringen will, eher nicht erwartet – und genau darum zeichnet es Chomsky als den weisesten der alten Männer aus: er hält unbeirrbar an seinen Themen fest und integriert ohne jede Altherren-Widerborstigkeit das Neue.
Im konkreten Fall gelingt es ihm, sein Urthema, die Gefahr eines weltweiten Atomkriegs, mit den Sorgen und Anliegen der Klimabewegung zu verbinden. Beides hat das Potential wenn nicht zur Welt- dann doch zur Menschheitsvernichtung und darum – das ist die alte und immer wiederkehrende Chomsky-Dialektik – Potenzial zur echten Rebellion. „Die zweifache Bedrohung“ zeigt an ein paar historischen Wegmarken, wie sich aus dem Kampf gegen die atomare Selbstzerstörung fast organisch ein Bewusstsein herausgebildet hat, das heute auch die Klimabewegung antreibt: „Auch wenn das damals noch keiner wusste“, schreibt Chomsky über den Schock der Hiroshima-Bombe, „begann zur selben Zeit […] eine neue geologische Epoche, die später als Anthropozän bezeichnet wurde.“ Antiatom- und Klimabewegung sind Geschwister im Geiste, Greta Thunberg das Alterego des alternden Aktivisten – und Aktivismus alterslos.
Es ist Chomskys Verdienst, dass er den Kampf gegen die atomare Vernichtung von seinem 80er-Jahre Muff befreit und ins Vokabular moderner Klimakivisti:nnen übersetzt, ohne deren Engagement zu schmälern oder gar in Frage zu stellen. Damit öffnet er für die jüngste Generation den Blick auf einen Konflikt, dessen Ursprung soweit zurückliegt, dass er manchmal nur noch als Hintergrundrauschen wahrgenommen wird. Der aber brandaktuell sein sollte. Spätestens seit dem US-amerikanischen Ausstieg aus den Abkommen mit Russland und Iran. „Wenn man bedenkt, was hier auf dem Spiel steht, kann man sich durchaus fragen, ob es jemals zuvor in der menschlichen Geschichte eine gefährlichere Organisation gegeben hat als die heutige Republikanische Partei.“ Was natürlich für ihre Verbündeten in Europa, von SVP bis AFD, genauso gilt: Klimawandelleugner:innen nehmen das Ende der Menschheit in Kauf, so wie es früher die Atomkrieger getan haben – beide sind Verbrecher, beide arbeiten am Weltuntergang.
Dabei beweist Chomsky, dass die Untergangsmetapher nicht zwangsläufig in Verschwörungsmythen münden muss, sondern Kristallisationspunkt einer aufständischen Politik sein kann. Was es dafür braucht, davon handeln die vier den Aufsätzen beigestellte Gespräche. Leider geht die Westend-Ausgabe bei der Edition der Gespräche geradezu schludrig vor. Im Buch sind keine Informationen zu den Gesprächspartner:innen enthalten. Man muss sie sich mühsam selbst zusammensuchen. Was problematisch ist, weil sich darunter zum Beispiel die beiden Aktivist:innen Wallace Shawn und Michael Schiffmann befinden, die eine sehr explizite und besonders in Schiffmanns Fall antiamerikanistische Agenda verfolgen. Andere Gesprächspartner:innen müssen sich selbst vorstellen oder bleiben gänzlich anonym. Im Kampf mit einem Gegner, der Lügen und Halbwahrheiten zur politischen Waffe macht, sollte mit wichtigen Fakten genauer umgegangen werden.
Davon abgesehen bringen die Gespräche Chomskys bekannte Lösungsansätze einmal mehr und recht ansprechend auf den Punkt: Aktivismus, Aktivismus – und ausreichend Misstrauen gegen Staat und Konzerne. „Es wäre illusorisch, zu erwarten, dass staatliche oder private Systeme organisierter Macht angemessene Schritte zur Bekämpfung dieser Krisen unternehmen – zumindest, solange sie nicht durch eine permanente und engagierte Mobilisierung und Aktivität der Bevölkerung dazu gezwungen werden.“ Chomskys Einstellung zum Staat ist eine anarchistische. Der Staat als institutionalisierte Macht – Gleiches gilt natürlich für Facebook und andere mächtige Player – hat kein Interesse, uns zu retten, weil seine Perspektive nicht über den aktuellen Machterhalt hinausgehen kann. Wunderbar vorgeführt von Trump und seinen Anhängern, die zum Machterhalt sogar noch die institutionelle Basis ihrer eigenen Macht zerstören, das Kapitol.
Die Zukunft als Kampf gegen den Untergang gehört dagegen den echten Aktivist:innen. Was sie als Anarchist:innen vom rechten Mob unterscheidet, ist ihre Perspektive: nicht Machterhalt für den Führer, sondern Erhalt von Welt und Umwelt für alle. Damit ist in der bekannten Chomsky-Klarheit die Trennlinie zwischen Links und Rechts (die gerne selbstapologetisch von rechter Seite verwischt wird) als Frontlinie gezogen und die linke Seite wieder frei, alle – das heißt wirklich alle – Mittel anzuwenden. Rebellion oder Untergang eben. Dass der daraus folgende Aufruf zur Rebellion trotzdem sehr differenziert und fast milde ausfällt, ist Chomskys Erfahrung mit unvergleichlichen 70 Jahren Politaktivismus geschuldet. „Ich bin der Meinung, dass ziviler Ungehorsam eine legitime Taktik ist, aber die Art und Weise, wie er durchgeführt wird, ist meiner Ansicht nach oft nicht legitim.“ Trotzdem: wer jetzt denkt, Chomsky distanziere sich altersweise doch noch von aktivistischer Gewalt, täuscht sich. Chomsky distanziert sich mit seiner Definition vom Aktivismus der eigenen Klasse, die Aktivismus zu oft als „eine Art Zurschaustellung der eigenen Rechtschaffenheit praktiziert.“ Und damit nichts erreicht.
Sein Beispiel ist auch heute noch interessant: am MIT, wo er in den 70er-Jahren Professor war, sollte ein Labor eingerichtet werden, in dem theoretisch auch neue Waffen entwickelt werden konnten. ‚Die linksliberale Haltung war: das wollen wir auf unserem Campus nicht haben, also müssen wir es rauswerfen.‘ Die radikale Linke mit Chomsky plädierte dafür, das Ding noch viel fester ans MIT zu binden, um es ständig im Blick zu haben. Keep your friends close, but you enemies even closer. Die Pointe ist: weil sich die Liberalen durchsetzten, wurde das Labor ein paar hundert Meter weiter die Straße hinunter verlegt, wo es bis heute in Ruhe und Frieden arbeitet – höchstwahrscheinlich an Waffen, aber niemand weiß das so genau. Wäre es auf dem Campus geblieben, hätte man es wahrscheinlich schon längst schließen müssen. Zu groß wäre der tägliche Aufruhr unter empörten Studierenden gewesen. Ein schönes Beispiel dafür, dass moralische Selbstbefriedigung der herrschenden Klasse (das MIT ist nun mal eine Welteliteuniversität) nicht automatisch zum moralisch einwandfreien Ergebnis führt. Womit wir direkt im Trump-Zeitalter angekommen sind. Denn was Chomsky als eigenes Aktivismuskonzept dagegensetzt, ist nichts anderes als ein geradezu sozialdemokratischer Klassenkampf – für den alternden Anarchisten aus der Ivy-League eine ganz neue Erkenntnis, und eine, die nicht nur Amerika weiterbringen könnte.
Seine Maßnahmen sind: „Aktionen der Gewerkschaften“, „Organisationstätigkeit des radikalen Gewerkschaftsflügels CIO“, mehr „linke politische Parteien“ und die „praktischen Dienstleistungen der Gewerkschaften: ein paar Wochen Landurlaub, Diskussionsgruppen, Arbeiterbildung, Treffpunkte, wo Menschen zusammenkommen“ können. „Das fehlt heute“ – und das müssten die Aktionen einer neuen aktivistisch politischen Klasse sein, die dem Trumpismus und allen seinen Ablegern nicht nur den moralischen Zeigefinger entgegenstreckt, sondern wirklich das Wasser abgräbt. In lockerem Plauderton gelingt es Chomsky, die uralte Tradition vom Klassenkampf mit der Klimabewegung, anarchistische Aktion mit sozialdemokratischer Persistenz, überhaupt Alt und Neu in der globalen Linken zu verbinden – auch zu versöhnen, wo es Konfliktlinien gibt. Umso verstörender wirkt ein riesiger blinder Fleck in Rebellion oder Untergang!, der immer deutlicher hervortritt, je umfassender die chomsky‘sche Theorie wird: der blinde Fleck über dem Thema Rassismus.
Wenn Klimawandel und Atomkrieg den biologischen Fortbestand der Menschheit bedrohen, dann gilt das ohne Frage auch für das Gift des Rassismus, das Gesellschaften zersetzt und zerstört. Gleichzeitig revolutioniert die Black Lives Matter-Bewegung vor unseren Augen den zivilgesellschaftlichen Aktivismus. Aber: kein Wort dazu in Rebellion oder Untergang! Kann es sein, dass ein so wacher Geist wie Noam Chomsky diesen wichtigen sozialen Kampf einfach übersieht? Oder muss man davon ausgehen, dass er ihn aus seiner sehr weißen, extrem elitären (und vielleicht doch etwas gestrigen) Perspektive gar nicht wahrnehmen kann? Das wäre eine beunruhigende Erkenntnis am Ende von Rebellion oder Untergang!, die noch einmal auf die Ausgangsfrage zurückführt: Hat Chomsky uns heute noch was zu sagen? Mit Blick auf das Thema Rassismus sollte man sich nicht der ersten Euphorie hingeben. Denn bei aller Begeisterung, die Chomsky heute noch zu entfachen vermag, zeigt sich gerade an ihm die Gefahr, dass der beschränkte Blick des weißen alten Mannes die Sicht auf wichtige gesellschaftliche Probleme auch verstellen kann.
Eine Gefahr, die beim Lesen von Rebellion oder Untergang! sehr deutlich spürbar wird, und damit – vielleicht müsste man sagen: dialektisch – interessante Gedanken zur gerade von alten Männern gerne geschmähten Identitätspolitik aufwirft. Denn wenn Chomsky nicht in der Lage ist, die wichtigen Akteur:innen aktueller sozialer Bewegungen auch nur zu benennen, kann er gemäß eigener Definition auch kaum gegen den Untergang rebellieren. Was im Umkehrschluss die identitätspolitische Forderung, marginalisierte Gruppen müssen für sich selbst sprechen können, zur Bedingung für den Fortbestand der Menschheit macht. Die Rebellion kann den Untergang nur abwenden, das betont Chomsky ein ums andere Mal, wenn alle aktivistischen Mittel auf den Tisch kommen. Damit das gelingen kann, müsste vielleicht gerade er – Noam Chomsky – sich der Äußerung einmal enthalten und andere sprechen lassen. Und das ist eine weitere wichtige Erkenntnis aus einem trotz allem nicht unwichtigen kleinen Büchlein.
4) Werbetexte der Anbieter
"Niemand außer Noam Chomsky verbindet so leidenschaftlich die beiden vom Menschen verursachten Bedrohungen mit unserer Existenz– den katastrophalen Klimawandel und die nuklearen Weltuntergangsmaschinen."Daniel Ellsberg, Whistleblower der Pentagon-Papiere Eindrücklich wie nie zuvor klärt Chomsky über die existentiellen Bedrohungen durch Atomwaffen und den Klimawandel auf. Er stellt diese Bedrohungen in den Kontext einer nie dagewesenen globalen Macht der Konzerne, die mittlerweile die führende Rolle bei der Gestaltung unserer Zukunft übernommen haben. Noam Chomsky zeigt, dass sich globale Volksbewegungen mobilisieren müssen, um die Regierungen zu zwingen, sich der beispiellosen Herausforderung für das Überleben unserer Zivilisation zu stellen."
clausstille.blog/2021/01/25: clausstille56:
"Corona, Corona, Corona – die wegen des Coronavirus ausgerufene Pandemie und damit verbundene Krise überdeckt seit fast einem Jahr im Grunde weltweit jegliche anderen Bedrohungen erheblicherer Natur. Und zwar existenzielle Bedrohungen! Eine davon ist der Klimawandel. Erinnern wir uns noch? Die Demonstrationen der Fridays-for-Future-Aktivisten rüttelten in vielen Ländern der Welt Menschen und Medien wach. Sogar Politiker merkten zuweilen auf. Ebenso die schärfer fokussierten Aktionen von Extinction Rebellion. Auch wahr: einige dem Corona-Regime abgetrotzte Demonstrationen fanden zwar auch hie und da statt. Aber im großen und ganzen überdeckt das COVID-19-Geschehen den wichtigen Kampf. Eine weitere Bedrohung – in seiner Zerstörungswirkung viel gravierender, als die mit gewisser Verzögerung eintretende durch den Klimawandel – weil in der Lage, die Menschheit gründlicher ausrottend, ist die Bedrohung durch Atomwaffen!
Die Weltuntergangsuhr rückt dem Mitternachtspunkt immer näher
„Jedes Jahr“, gibt Noam Chomsky, einer der weltweit bekanntesten linken Intellektuellen, zu bedenken, „stellt eine vom Bulletin of Atmomic Experts berufene Expertengruppe die 1947 zu Beginn des Atomzeitalters eingeführte Doomsday Clock, das heißt die Weltuntergangsuhr, neu, bei der ‚Mitternacht‘ das endgültige Ende für uns alle bedeutet“. Und Chomsky weiter: „Vor zwei Jahren, 2014, stellte sie die Uhr auf drei Minuten vor Mitternacht, wo der Zeiger auch heute noch steht.“
Chomsky-Vortrag mit dem Titel „Internationalismus oder Untergang“ 2016 in Boston
Noam Chomsky sagte das Mitte Oktober 2016 auf einer „Chomsky-Veranstaltung“, wie sich Charles Derber, Suren Moodliar und Paul Shannon im Frühjahr 2020 erinnern, in der historischen Old South Church in Boston, wovor sich seinerzeit chon lange vor Beginn der Veranstaltung eine große Menschenmenge versammelt hatte. „Einige waren sogar aus dem Ausland angereist“, erinnern sie sich. Es fand eine der auf sehr besondere Art breit angelegten öffentlichen Vorlesung einschließlich Diskussion, auf welcher der bekannte Linguist und öffentliche Intellektuelle Noam Chomsky auftrat, statt. Diese Chomsky-Veranstaltung fand just nur einige Wochen vor der schicksalhaften Wahl im November 2016 statt, die dann Donald Trump, der dieser Tage im Januar 2021 aus dem Amt schied, ins Weiße Haus brachte. Derber, Moodliar und Shannon machen darauf aufmerksam, dass sich diese Abendveranstaltung im Oktober 2016 beträchtlich von vielen anderen vorher unterschied. Es sei nicht um „diese oder jede Gräueltat oder Rechtsverletzung einer Supermacht“ gegangen. „Stattdessen“ habe dieser Chomsky-Vortrag den Titel „Internationalismus oder Untergang“ getragen und sich nicht „auf irgendeine besondere innen- oder außenpolitische Maßnahme oder Katastrophe, sondern auf die drohende Gefahr des Untergangs so gut wie aller Lebensformen auf der Erde“ bezogen.
Chomsky-Buch „Rebellion oder Untergang im Westend Verlag erschienen
Nun ist jüngst im Westend Verlag ein Buch erschienen, das auf besagte Chomsky-Veranstaltung zurückgeht. Das Buch trägt auf gelbem Untergrund den Titel „Rebellion oder Untergang!“ und ist ein „Aufruf zu globalem Ungehorsam zur Rettung unserer Zivilisation“ (Untertitel).
Im Kapitel „Die zweifache Bedrohung“ (S.19) führt Chomsky exakt aus, was damit im Zusammenhang steht. Er hebt an: „Der mögliche Untergang der menschlichen Spezies und die Frage des Internationalismus waren seit dem Augenblick, in dem die Gefahr des Untergangs zur einer realistischen Sorgen wurde, nämlich seit dem 6. August 1945, engstens miteinander verbunden.“
Ein Tag nämlich, welcher Noam Chomsky noch gut in Erinnerung ist. Chomsky:
„An jenem Tag wurde klar, dass die menschliche Intelligenz die Mittel ersonnen hatte, dem 200 000 Jahre alten menschlichen Experiment ein Ende zu machen.“
Schon da habe nie ernstlich ein Zweifel daran bestanden, (…) „dass die Fähigkeit zur Zerstörung der Welt immer größer werden, bald auch in andere Hände übergehen und so die Gefahr einer Selbstvernichtung noch steigern würde.“
Der Autor erinnert an die spätere Geschichte der „Beinahe-Desaster“: „Eine Untersuchung der Ereignisse zeigt klar, dass es fast ein Wunder ist, dass es in den letzten 70 Jahren noch nicht zur Katastrophe gekommen ist und wir uns keineswegs darauf verlassen können, dass dieses Wunder sich weiter fortsetzt.“ Wir erinnern uns an den Stand der „Doomsday-Clock“?
Die wachsende Gefahr eines katastrophalen Atomkriegs, die real und ernst sei, werde kaum irgendwie erwähnt, gab Chomsky auf dieser Veranstaltung in Boston seinen Zuhörer*innen zu Bedenken.
Bei der Wahl des Präsidenten des mächtigsten Landes der Weltgeschichte wären die zwei wichtigsten Fragen der gesamten Geschichte der Menschheit, von der das Schicksal der Spezies abhänge, so gut wie gar nicht vorgekommen, merkte Chomsky an.
Noam Chomsky (S.28): „Es ist schwer, die Ungeheuerlichkeit dieser monströsen Blindheit mit Worten zu fassen, außer vielleicht diesen (nämlich die aus einem Zitat von James Madison von 1791 entnommenen):
„… meine Vorstellungskraft reicht nicht für die freche Verderbtheit der Zeiten, in der die Börsenspekulanten zur Prätorianergarde der Regierung werden, deren Werkzeuge und Tyrannen sie in einem sind, indem sie sich von ihrer Freigiebigkeit bestechen lassen und sie mit ihrem Geschrei und ihren Schlichen überwältigen.“
Mutige Männer verhinderten Beinahe-Desaster und somit Atomkriege
Chomsky erwähnt die „Operation Able Archer“ (hier) mit welcher die Regierung unter US-Präsident Ronald Reagan im November 1983 die sowjetischen Verteidigungssysteme testen wollte. Zuzeiten großer internationaler Spannungen! Moskau nahm „Able Archer“ sehr ernst. Sie versetzten ihre Streitkräfte in einen, wie es hieß, „ungewöhnlichen“ Alarmzustand. Eigentlich hätten die USA nun dasselbe tun müssen. Glücklicherweise fasste jedoch Leonard Perroots, ein hoher Offizier der Luftwaffe, den einsamen Beschluss, statt dem eigentlich vorgesehen Verfahren zu folgen. nichts zu tun.
Ebenfalls wurde bekannt, dass kurz vor diesem Vorfall sowjetische automatische Systeme (…)“einen vermeintlich bevorstehenden umfassenden Atomangriff der USA gemeldet hatten“ (S.33).
„Der diensthabende Offizier, Stanislav Petrov, entschied sich ebenfalls nichts zu tun, statt diese Information an die höheren Ebenen weiterzuleiten und damit möglicherweise einen massiven Atomschlag auszulösen.“
Dem Nicht-Handeln dieser beiden Militärs hat es die Menschheit damals zu verdanken, dass sie ihrer Auslöschung entkam.
Zu recht wünscht Noam Chomsky die großen Männer Leonard Peroots und Stanislaw Petrow, sowie Wassili Archipow, der sich 1962 als sowjetischer U-Boot-Kommandeur während eines der gefährlichsten Momente der kubanischen Raketenkrise als Einziger dem Befehl zum Angriff mit atombestückten Torpedos widersetzte, obwohl zwei seiner Offizierskollegen in einem von US-Einheiten eingekreisten U-Boot erteilen wollte, auf eine Ehrenliste zu setzen. Auch hier hätte ein Atomkrieg ausgelöst werden können.
Die zweite Bedrohung: der Klimawandel
Auch auf die zweite Bedrohung, die durch den Klimawandel, geht Chomsky ausführlich ein. Nennt die bereits seit einiger Zeit spürbaren Auswirkungen: Hurricanes, Überschwemmungen, Hitzewellen und das gravierendste Massenaussterben von Tier- und Pflanzenarten seit Menschengedenken. Alle nötigen Aspekte zum Punkt „Zwei Bedrohungen“ können im Buch gefunden werden. Sie hier alle zu nennen, würde hier den Rahmen sprengen.
Kapitel 2: „Wie erreichen wir die Menschen?“
Im Anschluss an den tiefschürfenden Vortrag Noam Chomskys, der dessen umfangreichen Kenntnis- und Wissensstand offenbarte, wurde an diesem Abend die Frage „Wie erreichen wir die Menschen?“ (Kapitel 2, ab S.44) erörtert.
Der vom Referat verständlicherweise begeisterte Paul Shannon befragt Chomsky. Klug schlussfolgernd, hatte er natürlich erkannt: „Aber wenn wir für den Fortbestand der Menschheit sorgen wollen, müssen wir ja vor allem die Leute, die heute Abend nicht hier sind, davon überzeugen, sich ebenfalls zu engagieren.“ Die Frag sei aber nur: „Wie?“. „Wissen sie vielleicht gar nicht, dass diese Gefahren sehr real sind, oder geht ihnen die Fähigkeit ab, sich allzu sehr um Dinge zu kümmern, die nicht konkret greifbar sind?“
Chomsky antwortet auf diese berechtigte und den Kern des Problems treffende Frage, indem seinem Gegenüber bedeutet, wie leicht es doch eigentlich gewesen wäre, die Atomkrise um den Iran zu lösen. Doch davon hätten damals viele Leute nichts gehört.
Vor dem Aktivismus muss die Verbreitung von Bewusstsein stehen
Shawn merkt an, dass, wenn Chomsky von Aktivismus rede, als Erstes die Verbreitung von Bewusstsein meine.
Und er fragt nach dem Grund dafür, warum die „Mainstreammedien, die New York Times und all die anderen, darüber so wenig auf eine Art berichten, die es Aktivisten ermöglicht, eine größere Zahl von Menschen zu erreichen?“
Shawn: „Unter diesen Bedingungen wirken dann alle Aktivisten wie Idioten, weil sie von Dingen reden, von denen noch nie jemand etwas gehört hat.“
Da ist etwas dran! Merken wir das nicht auch hin und wieder – gerade in der Corona-Krise?
Chomsky führt daraufhin aus, da müsse nicht unbedingt böser Wille dahinterstecken. Wer eine journalistische Ausbildung absolviert habe, werde wissen, dass dort ein Begriff gelehrt werde, der größte Hochachtung genieße: nämlich „Objektivität“. Er habe die Bedeutung: „nämlich die einer korrekten und fairen Berichterstattung über das, was innerhalb des Dunstkreises von Washington, Weißem Haus und Kongress vor sich geht“ Chomsky: „Wenn also Donald Trump um drei Uhr morgens irgendeine Obszönität getwittert hat, wird das zur Titelgeschichte der New York Times und wenn Hillary Clinton sagt, was immer sie gesagt hat, ist eben das die große Story.“
Doch sei ein Thema nicht Diskussionsthema der kleinen Schicht des politischen und wirtschaftlichen Establishments, dürfe man nicht darüber berichten. Das gelte dann als parteiisch oder emotional. Jedenfalls würde heißen, man sei nicht objektiv. Chomsky: „Das ist ein Credo des Journalismus. Fall Sie jetzt gedacht haben, in der akademischen Welt sei das anders, liegen Sie nicht ganz falsch.“
Noam Chomsky: Auch mit Leuten sprechen, die betreffs bestimmter Themen ganz anderer Meinung sind
Noam Chomsky wirbt überzeugend dafür auch mit Leuten, die bestimmten Themen ganz anderer Meinung sind: „Ich glaube nicht, dass viele Leute der Meinung sind, man sollte nicht versuchen, die Welt in einer Form zu erhalten, in der auch ihre Enkel überleben können.“ Man sollte praktisch mit allen Menschen reden, „jedenfalls allen, die halbwegs bei Sinnen sind“.
Chomsky fährt fort: „Wenn Menschen über wichtige Dinge nicht Bescheid wissen, bringt sie das oft zu sehr irrationalen Entscheidungen – rational in ihrer eigenen Interpretation, nur dass in dieser Interpretation einige entscheidende Fakten fehlen.“ (S.49)
Freilich sei es „vermutlich nicht möglich jedes Publikum zu erreichen, und so glaube ich zum Beispiel nicht, das der Harvard Faculty Club mir zuhören würde, aber ansonsten sind die meisten Leute schon erreichbar“.
Zivilen Ungehorsam hält Chomsky für sinnvoll, „wenn er andere zur Anerkennung der Tatsache bringt, dass es Dinge gibt, sie so wichtig sind, dass manche Leute ihretwegen zu allen möglichen Risiken bereit sind, und wenn er sie dazu bringt, darüber nachzudenken und dann vielleicht selbst etwas zu tun.“
Als Shawn ihn darüber fragt, wie er über zivilen Ungehorsam denke, wobei man sich irgendwo ankettet und leicht dann vielleicht dafür eingesperrt wird, denkt, gibt Chomsky zu bedenken, er selbst habe sich ja oft an solchen Aktionen beteiligt und sei dafür sogar im Gefängnis gewesen, möglicherweise von einer langen Haftstrafe bedroht.
Für ihn sei ziviler Ungehorsam „eine legitime Taktik“, jedoch „die Art und Weise, wie er durchgeführt wird, ist meiner Ansicht nach nicht legitim.“ (S.51)
Zivilen Ungehorsam hält Chomsky für sinnvoll, „wenn er andere zur Anerkennung der Tatsache bringt, dass es Dinge gibt, sie so wichtig sind, dass manche Leute ihretwegen zu allen möglichen Risiken bereit sind, und wenn er sie dazu bringt, darüber nachzudenken und dann vielleicht selbst etwas zu tun.“
Allerdings müsse der Boden dafür bereitet sein. Andernfalls sei ziviler Ungehorsam schädlich.
Noam Chomsky bedauert, „dass das auch für Aktionen von Leuten gilt, die ich sehr schätze und bewundere und mit denen ich gut befreundet bin. Dabei spielt er auf eine Aktion an, bei der Friedensaktivisten ohne öffentliche Vorbereitung in einen U-Boot-Stützpunkt eindrangen und die Spitzen irgendwelcher Raketen zertrümmerten. Damit brachten sie die Arbeiter gegen sich auf, die um ihre Jobs fürchteten.
Sich zunächst in der eigenen Umgebung mit Aktionen engagieren
In Sachen Aktionen empfiehlt Chomsky sozusagen nicht immer gleich mit dem großem Besteck anzufangen. Regional gebe es sehr viele Probleme von Menschen für die man sich engagieren könne. Durchaus existierten Beispiele, wo man sich für etwas einsetzen kann, das auf den ersten Blick nicht sonderlich wichtig scheine. Er führt (S.56) beispielsweise eine Ampel an, es Kindern erlaube, sicher die Straße zu ihrer Schule zu überqueren. „Schließlich bekommen sie die Ampel und haben damit etwas erreicht. Beispiele wie diese beweisen, dass wir etwas tun können: Wir sind nicht allein. Und wir können natürlich noch weitere Dinge tun, und darauf bauen wir dann auf; so kann sich eine Bewegung entwickeln.“
Selbst „in unseren angeblich so ‚gebildeten‘ Gemeinden“ gebe es zu tun.
„Die Ahnungslosigkeit gerade unter den ‚Gebildeten‘ ist erschreckend.“
Betreffs des größten Teils dessen, worüber er am Vortragsabend gesprochen habe, nehme er an, dass nicht einmal ein winziger Teil der hochgebildeten Akademiker in Boston und New York je davon gehört hat. Chomsky: „Und das genau hier, wo wir selbst leben.“
Jede Seite des Chomsky-Buches ist Papier und Druckerschwärze wert. Nicht weniger interessant als Noam Chomskys Ausführungen ist Kapitel „Fragen der Strategie“ (ab S.58). Darin werden Fragen und Anmerkungen von Teilnehmer*innen wiedergegeben, welche sich nach dem Vortragsabend von Noam Chomsky ergeben haben. Und welcher er im Dialog beantwortet.
Ebenso von Interesse das Kapitel 4 „Aktuelle Gedanken über Bewegungen der Zukunft“ (ab S.70), worin der Herausgeber im Gespräch mit Noam Chomsky ist.
Die dritte Gefahr: die Auslöschung der Demokratie
Sicher haben Sie, liebe Leser*innen, bei der bisherigen Schilderungen des Buchinhalts etwas vermisst.
Aber keine Angst, ein kluger Mann wie Noam Chomsky hat selbstredend daran gedacht, dass die Menschheit zwar schon mit den bisher von ihm benannten Gefahren schwer genug unter (Lebens-)Bedrohung steht; dass es aber noch eine dritte Gefahr gibt, die zusehends zunimmt. Gerade in diesen Zeiten müssten wir sie eigentlich spüren! Und so wird diese natürlich auch benannt: im Kapitel 5 „Die dritte Gefahr: die Aushöhlung der Demokratie“ (ab S.80).
„Internationalismus oder Untergang“
Zweieinhalb Jahre nach seinem Vortrag vor den US-Wahlen von 2016 war Noam Chomsky am 11. April 2019 noch einmal zur Old South Church nach Boston zurückgekehrt. Und er sprach abermals vor vollem Saal. Diesmal zum Thema „Internationalismus oder Untergang“.
Dort ergänzte er seine Darstellung der existenziellen Gefahren, vor denen die Menschheit heute steht, „durch Überlegungen zum politischen Prozess selbst, nämlich zur Subversion der Demokratie durch die Interessen der fossilen Brennstoffindustrie, der Großkonzerne und die Kräfte des Nationalismus“, wie Die Herausgeber zu Beginn des Kapitels anmerken.
Seit Januar 2019 steht die Weltuntergangsuhr auf zwei Minuten vor Mitternacht!
Noam Chomsky bringt die Zuhörer*innen mit folgendem Satz zum Aufmerken: „Inzwischen, im Januar 2019, wurde die Weltuntergangsuhr des Bulletin of Atomic Scientists auf zwei Minuten vor Mitternacht vorgestellt.“ Und: „So nah war sie dem endgültigen Untergang seit 1947 noch nie gewesen.“
Chomsky: „Die Erklärung der Experten zur Umstellung der Uhr erwähnte die beiden uns nun schon bekannten Gefahren, nämlich die wachsende Gefahr eines Atomkrieges und die ebenfalls wachsende Gefahr des Klimawandels. Und zum ersten Mal sprach sie auch von einer dritten Gefahr, der Aushöhlung und Schwächung der Demokratie.“
Es brennt also der Hut!
Was kommt nach Trump?
Im Kapitel 6 „Was kommt nach Trump?“ ist das von Michael Schiffmann am 16. Dezember 2020 mit Noam Chomsky geführte Interview zu dieser Frage abgedruckt.
Übrigens verfällt Chomsky nicht in die Euphorie, die etwa unsere US-hörigen Medien, welche seit der Inauguration Joe Bidens als US-Präsident nahezu in Dauerschleife an den Tag legen.
Aus der jahrzehntelangen Erfahrung und gepaart mit seinem umfangreichen Wissensreservoir, schätzt Chomsky auf Seite 101 ein: „Nun, es wird genügend Dinge geben, bei denen Biden schwach aussieht und die man dann den Demokraten in die Schuhe schieben kann, und dann könnten die Republikaner 2022 und 2024 in einer gewaltigen Welle zurückkommen.“ (…)“Das könnte eine Katastrophe werden.“
Was getan werden sollte. Die Progressive Internationale nennt Noam Chomsky als ein Beispiel
Betreffs der Frage, was getan werden sollte, sieht Noam Chomsky, dass bereits etwas getan werde – nur nicht in genügendem Ausmaß. Er nennt als Beispiel (…)„die Progressive Internationale, die grade in Island, dessen Premierminister Mitglied ihres Leitungsgremiums ist, ihre erste internationale Konferenz hatte“. Sie entstand aus der Sanders-Bewegung in den USA und DiEM25, der Bewegung von Yanis Varoufakis in Europa, einer progressiven internationalen Bewegung in Europa. (S.114) – Zur Information mein älterer Artikel „Die Progressive Internationale will vereinen, organisieren und mobilisieren. Progressive Kräfte für eine gemeinsame Vision einer anderen Welt – Mit dabei Noam Chomsky, Aruna Roy, Carola Rackete, Yanis Varoufakis und Srecko Horvat“.
Chomsky erinnert daran, dass alle unsere Probleme international seien und keine Grenzen kennen. Das betrifft die Erderwärmung, die alle Grenzen ignoriere. Ein Nuklearkrieg werde uns alle vernichten. Und aufgemerkt: „Und die Zerstörung der Demokratie hat leider einen ansteckenden Charakter.“ (S.115)
Erkenne dich selbst
All diese Gedanken sollten und müssen möglichst vielen Menschen bekannt gemacht werden. Dass, so der weltbekannte Linguist, seien Dinge, die zumindest von Sprachwissenschaftlern verstanden werden sollten.
Noam Chomsky: „Nicht umsonst hat der Philosoph David Hume das Studium der menschlichen Natur als die höchste Form von Wissenschaft bezeichnet.“ (S.120)
Andere Wissenschaften sollten dem untergeordnet sein, findet Chomsky.
Das sei eine lange Tradition, welche bis zum vorsokratischen Orakel von Delphi zurückgehe.
„Die Botschaft der Priesterin war: Erkenne dich selbst. Das ist das Wichtigste. Erkenne und begreife, was für ein Wesen du bist; alles andere ist daraus nur abgeleitet. Ich denke, dass die Botschaft von vor 2.500 Jahren auch für uns wichtig sein sollte.“
Ich pflichte dem Interviewer Michael Schiffmann bei: Ein wunderbares Schlusswort für dieses Interview, das gleichzeitig auch das rundum empfehlenswerte Buch abschließt. Lesen, weiterempfehlen!
Ein Aufruf zur Rettung unserer Zivilisation (Westend Verlag)
„Niemand außer Noam Chomsky verbindet so leidenschaftlich die beiden vom Menschen verursachten Bedrohungen mit unserer Existenz
– den katastrophalen Klimawandel und die nuklearen Weltuntergangsmaschinen.“
Daniel Ellsberg, Whistleblower der Pentagon-Papiere
Eindrücklich wie nie zuvor klärt Chomsky über die existentiellen Bedrohungen durch Atomwaffen und den Klimawandel auf. Er stellt diese Bedrohungen in den Kontext einer nie dagewesenen globalen Macht der Konzerne, die mittlerweile die führende Rolle bei der Gestaltung unserer Zukunft übernommen haben. Noam Chomsky zeigt, dass sich globale Volksbewegungen mobilisieren müssen, um die Regierungen zu zwingen, sich der beispiellosen Herausforderung für das Überleben unserer Zivilisation zu stellen."
5) Original-Ausgabe:
"Internationalism or Extinction (Universalizing Resistance)" (Herausgeber Charles Derber, lovelybooks)
With the short book Internationalism or Extinction, Noam Chomsky confronts the Anthropocene. He describes the avoidable but lethal realities of climate change, nuclear weapons, and our democratic deficits. Carefully balancing his criticisms of the systems of domination that have brought us to this point in history with commentary on both inter-state cooperation and grassroots resistance from below, this work brings together a wide range of themes and movements into a readily understandable narrative.
6) Zitate aus dem Rezensionsbuch
Kapitel "7 Weitere Quellen
Als Dokumentation eines ganzen Lebens als öffentlicher Intellektueller sind Noam Chomskys Werke ein einzigartiger Fundus für
zeitgenössische Analyse und zeitgenössischen Aktivismus. Es gibt viele Gründe, sich mit diesem Werk intensiver zu befassen, darunter nicht zuletzt der vielfältige Charakter von Noam Chomskys Engagement. In seinen Schriften findet man nicht nur historische Tiefe und analytische Klarheit, sondern auch eine breit angelegte Perspektive, die die vielen Konfliktpunkte der Gesellschaft ins Auge fasst und die mannigfaltigen Beziehungen zwischen ihnen und die manchmal verborgenen, ihnen zugrundeliegenden politischen und wirtschaftlichen Strukturen beleuchtet. Drei Punkte, an denen man im Internet beginnen kann, sind folgende Websites:
• Die Website des Massachusetts Institute of Technology mit den »Noam Chomsky Personal Archives«,
https://archivesspace.mit.edu/repositories/2/resources/1305
• Die offizielle Noam Chomsky Website, gegründet von Pablo Stafforini und betrieben von Valeria Chomsky,
http://chomsky.info
, die ständig aktualisiert wird.
• Die offizielle Noam Chomsky Facebook Site:
https://www.facebook.com/Noam-Chomsky-294468630182/
Ein weiterer und neuer Einstieg in Chomskys Denken beschäftigt sich mit seinen Quellen, das heißt einer exemplarischen Auswahl der vielen
Werke, die Noam zitiert und mit seinem Publikum geteilt hat.
Die Website »The Chomsky List«, (http://ChomskyList.com), verfolgt diesen Ansatz und ist so eine weitere wertvolle Ressource.
Wertvoll an ihr ist auch, dass sie uns eine kurze Liste der Werke liefert, die eines Tages vielleicht einmal »die Chomsky-Klassiker in
sozialer und politischer Theorie« bezeichnet werden könnten. Dazu gehören das gemeinsam mit Edward S. Herman verfasste
Buch Manufacturing Consent: The Political Economy of the Mass Media (1988/2002 ) über die institutionelle Struktur von Medien und Propaganda, Amerika und die neuen Mandarine.
Politische und zeitgeschichtliche Essays (1969 ), Noams erstes »politisches« Buch, in dem er seine Analyse des Verhältnisses der USA zum Rest der Welt etabliert,
For Reasons of State (1973 )1 , in dem er diese Themen wiederaufnimmt und das Noams Standardwerk über den Vietnamkrieg ist.
Das auf einen Vortrag von 1970 zurückgehende "Die Zukunft des Staates. Vom klassischen Liberalismus zum libertären Sozialismus (2005 ), in dem Noam seine Vision von einer libertär-sozialistischen Zukunft darlegt und sie mit den etatistischen Formen von Sozialismus und Kapitalismus kontrastiert, und
Hybris. Die endgültige Sicherung der globalen Vormachtstellung der USA (2003 )2 , in dem er viele der im vorliegenden Buch diskutierten Themen behandelt und die Zukunftsaussichten der Menschheit mit der Frage in Verbindung bringt, wie sie sich mit einer herrschenden Klasse auseinandersetzen wird, die jeden Aspekt des menschlichen Lebens militarisiert. Fateful Triangle: The United States, Israel and the Palestinians (1999 ), (Deutsch in den zwei Bänden Offene Wunde Nahost. Israel, die Palästinenser und die US- Politik (2002 ) und Keine Chance für Frieden. Warum mit Israel und den USA kein Palästinenserstaat zu machen ist (2005) schließlich ist das Standardwerk, das Noams Kritik der US- Beziehungen zu Israel und die Gründe für seine Solidarität mit dem palästinensischen Freiheitskampf etabliert.
[Einen hervorragenden und gut verständlichen Überblick über Chomskys wissenschaftliche und politische Ansichten gibt der von C. P.
Otero herausgegebene Interviewband Language and Politics [lovelybooks] (3 . Ausgabe 2004 ). A. d. Ü.]
Natürlich sind außerdem auch viele Bücher über Noam und sein Denken geschrieben worden. Eine der besten intellektuellen
Biografien, die Noams wissenschaftliches Werk in der Linguistik mit seinem sozialen und politischen Denken zusammenbringt, ist
James McGilvray, Chomsky: Language, Mind and Politics (2 . Ausgabe, 2013 ).
McGilvray hat außerdem einen wichtigen Überblick über das Denken Noams herausgegeben, nämlich
The Cambridge Companion to Chomsky (2 . Ausgabe, 2017 ).
In vergleichbarer Weise liefert Milan Rai mit Chomsky’s Politics (1995 ) einen Überblick über Noams politisches Denken und dessen Aufnahme in der US-amerikanischen intellektuellen Szene. Robert Barsky verortet mit The Chomsky Effect: A Radical Works Beyond the Ivory Tower (2007 ) Noams politische Arbeit in ihrem politischen Kontext und zeigt uns so Noams einzigartige Kombination von Argumentation und auf Aktivismus gerichtete Provokation.
[Biografisches über Chomsky findet sich am ausführlichsten in Robert Barsky, Noam Chomsky. Libertärer Querdenker (1999 ) und
Michael Schiffmann (Hg.), Absolute Noam Chomsky (2004 ). Siehe https://uni-mannheim.academia.edu/MichaelSchiffmann für die biografischen Teile des letzteren Buchs. Einen sehr guten deutschsprachigen Überblick über Chomskys Werk liefert Günther Grewendorf, Noam Chomsky (2006 ). Das umfassendste und gründlichste Buch zu Chomskys wissenschaftlichem und politischem Werk ist Neil Smith &
Nicolas Abbott, Chomsky: Ideas and Ideas (3 . Ausgabe 2016 ) A. d. Ü.]
Einige Dokumentarfilme über Chomsky haben verdientermaßen weite Verbreitung gefunden. Die bekanntesten davon sind die der
Filmemacher Mark Achbar und Peter Wintonick, Manufacturing Consent (1992 , Deutsch 1996 ) und des
Regisseurs Peter Hutchison, Requiem for the American Dream (2015 , deutsch 2016 ). Das Begleitvideo zum vorliegenden Buch (siehe www.chomskyspeaks.org/) enthält den in Kapitel 1 des vorliegenden Buchs wiedergegebenen Vortrag und liefert außerdem auch einen guten Eindruck von der Atmosphäre eines typischen »Chomsky-Events«."