Rezension zu "Corporate Identity und Corporate Design" von Matthias Beyrow
Der inzwischen nach Stuttgart umgesiedelte Verlag avedition GmbH (früher Ludwigsburg) hat sich spezialisiert auf Kommunikations- und Designthemen. In inzwischen dritter Auflage gibt er auch ein Buch zu „Corporate Identity & Corporate Design“ heraus, das aus meiner Sicht zu Recht den Anspruch erhebt ein Kompendium zu sein.
Der Hintergrund
„Gestaltung ist nicht Kosmetik und nicht nur Verkaufshilfe, sondern Charakterdarstellung (sofern vorhanden).“ Dieser Ausspruch von Kurt Weidemann, dem Mitherausgeber der Erstausgabe von 1997 ist zu seiner Erinnerung dem Buch vorangestellt, da er 2011 verstorben ist.
Dieses Vorwort der Herausgeber auf Verlagsseite (Petra Kiedaisch und Norbert W. Daldrop) macht deutlich, worum es hier geht und was die Neuauflage auszeichnet:
Erst waren es zehn Jahre Abstand, dann nur noch fünf: Nach nur der Hälfte der Zeit erscheint nun die dritte, aktualisierte Ausgabe des Kompendiums. Zum einen, weil die zweite Ausgabe von 2007 schneller vergriffen war als die erste von 1997, zum anderen, weil sich die Strategien und Maßnahmen im Bereich der Corporate Identity (CI) und des Corporate Designs (CD) wesentlich schneller verändert haben. Die Digitalisierung und damit einhergehend die immensen Beschleunigung gesellschaftlicher Prozesse stellten auch die Gestaltung von Markenkommunikation vor neue Herausforderungen.
Gestiegen ist vor allem die Verantwortung der Gestalter von CI und CD Markenwerte zu schaffen wie Vertrauen, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit ist wichtiger geworden, als Identitäten und ihre Botschaften zu visualisieren. Vorbei die Zeit der allmächtigen Style-Gurus und Designer-Superstars, vorbei die Zeit der großen Markenmonologe. Ohne nachhaltiges Denken, ohne Einbindung des Kunden, seiner Netzwerke und vielfältiger Interaktion und Partizipation ist Branding nicht mehr möglich. Die Berührungspunkte von Unternehmen und Kunden haben sich durch Internet und Endgeräte dermaßen vervielfacht, dass eine Marke viel transparenter, angreifbarer und überprüfbarer geworden ist.
Die Konsequenz: Nicht mehr die Unternehmen, sondern der Dialog mit den Kunden steht im Mittelpunkt der Markenkommunikation. All jene Kanäle haben an Bedeutung gewonnen, durch die Marke unmittelbar erlebt und gelebt werden kann: möglichst live, möglichst persönlich, möglichst direkt, möglichst schnell, jederzeit und überall. Die Markenzone ist regelrechtexplodiert, Interfaces und Touchpoints haben das Logo als Absender abgelöst.
Dieser neuen Situation werde wir mit einer rundum erweiterten Ausgabe gerecht: neue Autoren, neue Themen, neue Projekte und ein neuer Look. Aktuelle Hinhaltungen und Instrumente sind ergänzt, nach wie vor gültige Texte auf den neuesten Stand gebracht. Geblieben ist nur der bewährte Buchaufbau, der im ersten Teil einzelne Maßnahmen praktisch und mit Hom-to-do-Anleitung durchdekliniert-vorgestellt von absoluten Profis in ihrem jeweiligen Fach.
Nun wünschen wir Ihnen mit diesem Buch Orientierung und Erfolg bei der Umsetzung! Einstimmen wird Mattias Beyrow mit einem aktuellen CI/CD-ABC und den wichtigsten Stichworten und Fragen der Zeit.
Petra Kiedaisch und Norbert W. Daldrop
Ludwigsburg, im August 2013
Die Inhalte
Vorwort (im Kapitel vorher nachzulesen)
CI, CD etc. – ein Fach-ABC
Haltungen
Das neue Normal von Florian Pfeffer
Richtig ist das neue Schön Vitalität und Konsequenz von Jochen Rädeker
Vitalität und Konsequenz von Claus Koch
Alles soll so einfach wie möglich sein, … von Barbara Baumann/Gerd Baumann
Humor ist nichts zum Lachen von Thomas Manss
Eine Kuh ist eine Kuh von Ruedi Baur
Instrumente
Interface Design: Corporate Interaction von Frank Heidmann
Corporate Service Design: Vom Image zur Experience von Martin Jordan/Christian Vatter
Livekommunikation: Show – don’t tell! Von Norbert W. Daldrop
Corporate Motion und Branding von Wolfgang Strack
Corporate Sound und Branding von Mark Lehmann/Carl-Frank Westermann
Schrift ist sichtbare Sprache von Erik Spiekermann
Corporate Books von Petra Kiedaisch
Corporate Code: Visuelle Programme von Danijela Djokic/Martin Grothmaak
Dialog statt Dokumentation von Paul Paulousek
Orientierung, ohhh …! von Andreas Uebele
Corporate Architecture von Jons Messedat
In situ – Markeninszenierung im Raum von Thomas Hundt/Ingo Zirngibl
Integrierte Markenführung von Michael Ostertag-Henning
Corporate Scenography von Uwe R. Brückner
Corporate Product Design von Christoph Böninger
Corporate Packaging von Armin Angerer
Corporate Fashion von Regina Henkel
Merkwert Marke von Matthias Beyrow
Literatur- und Quellenverzeichnis
Autorenverzeichnis
Meine Eindrücke
Eine durchgängige Formen-, Farben-, Schrift- und Designsprache ist immer mehr Unternehmen und für deren jeweilige verschiedenen Marken immer wichtiger. Dass es dann heute dazu auch noch den Corporate Sound, die Corporate Fashion oder die passende Verpackung als Corporate Packaging auch schon gibt, ist Teil dieses umfangreichen Kompendiums.
Verlag, Herausgeber und Autoren haben hier einen umfassenden Überblick abgeliefert und den Anspruch des Standartwerks vortrefflich neu umgesetzt. Vom themenspezifischen Lexikon zu Anfang über die zahlreichen Literatur- und Quellenhinweise am Ende. Diese umrahmen einen weit gespannten Fächer von Einzelaspekten, gegliedert in die beiden Teile „Haltungen“ und „Instrumente“. Die Autoren haben ihre Beiträge erfreulich transparent gestaltet und auch nachvollziehbar und schön illustriert bzw. bebildert.
Dieses anspruchsvolle Werk ist auch für Laien, die Spaß und/oder Interesse an dem Themenkomplex haben zu empfehlen und wer es sich bei dem Preis von knapp 70 Euro lieber nur anschauen möchte, dem wird die Bücherei es hoffentlich zeitweise beschaffen können. Wer mit dem Thema beruflich mehr zu tun hat, dem kann ich es sehr guten Gewissens empfehlen, stellt es doch einen aktuellen Überblick zu Themen und Tendenzen rund um den aktuellen Stand von Corporate Identity & Corporate Design dar. Die meisten Beispiele kommen aus Deutschland oder aber von deutschen Unternehmen, die mit ihren Produkten auch international unter anderem auf Messen sich und ihre Marke/n in einem einheitlichen Look präsentieren.
Es werden auch heikle Aspekte der Markenführung angesprochen, wie etwa die Probleme, die Shell oder BP mit ihren Förderplattformen Brent Spar und Deepwater Horizon hatten oder aber die Budapester Geschäftsreise der Hamburg Mannheimer Versicherung, jetzt Teil des Ergo-Konzerns, die als Belohnung für die besseren Vertriebskräfte gedacht war, aber wohl zu sehr als Lustreise im eigentlichen Sinne des Wortes gestaltet war.
Kompliment von mir an Verlag, Herausgeber und Autoren zu diesem toll überarbeiteten Werk. Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis der Ruf nach einer vierten Auflage laut und dann auch erfüllt wird ;-)!
Mein Fazit
Ein sehr umfangreiches, vielseitiges und wirklich toll gestaltetes Kompendium, das seinen Preis hat, aber auch wirklich viel bietet vom aktuellen Stand der Wissenschaft und Industrieanwendung. Deshalb von mir hierfür alle fünf Sterne und für den, der sich für dieses Thema interessiert oder gar beruflich damit zu tun hat eine klare Kaufempfehlung!