Norbert Niemann

 3,8 Sterne bei 19 Bewertungen
Autor*in von Willkommen neue Träume, Schule der Gewalt und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Norbert Niemann, 1961 in Niederbayern geboren, studierte Literatur, Musikwissenschaft und Geschichte. Seit 1997 lebt er als freier Schriftsteller in Chieming am Chiemsee. Für seinen ersten Roman Wie man`s nimmt (Hanser, 1998) erhielt er den Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preis. 2001 erschien sein zweiter Roman Schule der Gewalt, 2003 Inventur (Deutsches Lesebuch 1945–2003, mit Eberhard Rathgeb) und zuletzt Willkommen neue Träume (2008).  

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Norbert Niemann

Cover des Buches Die Einzigen (ISBN: 9783827012531)

Die Einzigen

 (4)
Erschienen am 15.09.2014
Cover des Buches Schule der Gewalt (ISBN: 9783423130745)

Schule der Gewalt

 (4)
Erschienen am 01.05.2003
Cover des Buches Erschütterungen (ISBN: 9783520716019)

Erschütterungen

 (1)
Erschienen am 19.05.2017
Cover des Buches Wie man's nimmt (ISBN: 9783423133548)

Wie man's nimmt

 (1)
Erschienen am 01.08.2005
Cover des Buches Erschütterungen (ISBN: 9783827079428)

Erschütterungen

 (0)
Erschienen am 02.06.2017
Cover des Buches Inventur (ISBN: 9783446203549)

Inventur

 (0)
Erschienen am 08.09.2003
Cover des Buches Willkommen neue Träume (ISBN: 9783423139366)

Willkommen neue Träume

 (7)
Erschienen am 18.11.2010

Neue Rezensionen zu Norbert Niemann

Cover des Buches Willkommen neue Träume (ISBN: 9783423139366)
Tilman_Schneiders avatar

Rezension zu "Willkommen neue Träume" von Norbert Niemann

großartig
Tilman_Schneidervor einem Jahr

Asger Weidenfeldt arbeitet beim Fernsehen und fühlt sich leer, ausgelaugt und er braucht dringend eine Pause. Vom lebhaften und turbulenten Berlin zieht er sich zurück und kehrt zu seiner Mutter in seinen Heimatort zurück. Clara war eine gefeierte Schauspielerin und gibt zu Ehren und zur Rückkehr ihres Sohnes ein großes Fest. Es gibt überraschende Wiedersehen, alte Spannungen und Gefühle brechen wieder auf und Asger kommt in eine abwechslungsreiche Feier mit vielen Überraschungen. Ein toller Familienroman mit unterschiedlichsten Charakteren und viel Gefühl. Norbert Niemann beschreibt als das in einer wunderbaren Sprache. 


Cover des Buches Erschütterungen (ISBN: 9783520716019)
Trishen77s avatar

Rezension zu "Erschütterungen" von Norbert Niemann

Globalisierung und Erzählen
Trishen77vor 7 Jahren

“Und ich fragte mich immer öfter: Gibt es so etwas wie eine neue internationale Ästhetik? […] Ich habe die Aufgabe von Kunst immer begriffen als einen Akt der Annäherung an eine Gegenwart, der laufend die Sprache abhandenkommt. […] Der Hauptteil meines Essays beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Globalisierung auf das konkrete Leben der Menschen, wie sie in der erzählenden Prosa gezeigt und umgesetzt werden.“

Überschaut man die Literatur der Jahre zwischen 1500 und 1950 (in Teilen noch bis 1990) lässt sich zwar bei vielen Titeln von „Weltliteratur“ sprechen, aber die Verwurzelung der Werke in ihre nationalen Zusammenhänge (und die regionale oder übergreifend nationale Geschichte) ist in den meisten Fällen nicht von der Hand zu weisen. Kunst kommuniziert selbstverständlich seit jeher über Grenzen hinweg, negiert diese Grenzen aber nicht, sondern überwindet sie lediglich hier und dort.

Heute leben wir in globalisierten Zeiten, wo die Grenzen dabei sind, sich aufzulösen – bis auf eine wenige, die klar hervortreten: die Grenzen zwischen arm und reich zum Beispiel. Viele andere aber verschwimmen, sodass es mittlerweile schwer geworden ist, beispielsweise zwischen Mainstream und Alternative, Kunst und Kommerz, Eigenschaft oder Stigmata, Mythos und Tradition zu unterscheiden. Natürlich ist es nur „schwer“ und nicht „unmöglich“. Aber da alles irgendwie mit allem verwoben ist, droht noch die einfachste Darstellung zeitgenössischer Themen und Phänomene auszuufern oder zu scheitern.

Die Globalisierung und die damit einhergehende Vormachtstellung eines Weltmarktes, der überall auf den gleichen Prinzipien fußt, ist eben nicht nur ein Problem ökonomischer, gesellschaftlicher und sozialer Art, sondern auch eines der Literatur (vom literarischen Betrieb ganz zu schweigen). Wie gehen Schriftsteller*innen um mit einer Welt, deren Strukturen gleich geschaltet werden und die dennoch unübersichtlich und geradezu beliebig wirken. Worauf kann man noch den Schwerpunkt setzen, welches Narrativ wird diesen Zeiten gerecht? Das Narrativ der Generation? In einem der von Niemann behandelten Romane (Open City von Teju Cole) sagt ein Korea-Kriegsveteran:

„Jeder neue Krieg ist der mentale Krieg einer neuen Generation, bereits für die nächste werden die irakischen Städtenamen bedeutungslos sein. Man vergisst schnell. Fallujah wird denen ebenso wenig sagen wie Ihnen Daejon.“

Wenn die Beliebigkeit dieser Fixpunkte zu Tage tritt, taugen sie dann noch für ein Narrativ? Oder muss das Narrativ auf dem überforderten Individuum fußen? Aber lässt nicht eine solche, aufs Ich fokussierte Erzählung, die wichtigsten Themen, das große Ganze außer Acht?

Norbert Niemann begibt sich im ersten Teil des Buches auf die Suche nach den neuen Narrativen der Gegenwartsliteratur überall auf der Welt, in den Mega-Citys und der ukrainischen Pampa, in den Randgebieten und den Ballungszentren. Was er beschreibt und analytisch offenlegt, sind die Möglichkeiten der Literatur, nach wie vor die Beschaffenheit der Welt darzustellen, mit Sprache erfahrbar zu machen. Er zeigt aber auch, wie klar sie sich dafür zurückziehen muss auf die individuelle Ausprägung. Und wie sehr sie davon abgelassen hat, das große Ganze umfassend abbilden zu wollen.

“Die Stadt bringt nicht länger repräsentative Identitäten und soziale Muster hervor. Sie ist zu einer Verdichtungszone unverbunden nebeneinander existierender Realitäten geworden, die eher dadurch charakterisiert sind, dass sie die Verschmelzung zu gemeinsamen identifikatorischen und strukturellen Merkmalen beharrlich verhindern. […] Entsprechend verschoben hat sich der Akzent literarischer Darstellung: Ihr Gegenstand ist nicht mehr das Dickicht, sondern die Arten und Weisen, wie sich der Einzelne durchs Dickicht schlägt. Die Riesenstädte des 21. Jahrhunderts werden sichtbar allein aus dem Blickwinkel individualistischer Enklaven. […] Die Enklave wird zur Kernzelle serieller Subjektivität, zum Ausgangspunkt zeitgenössischer Realitätserfahrung in einer Stadtlandschaft, die den Einzelnen als Beton- und Asphaltwüste umgibt.”

Mitunter ist die Studie eine großartige Lehrstunde in literarischer Interpretation, anschaulich, inspirierend geradezu. Manchmal habe ich mich trotzdem etwas übervorteilt gefühlt. Doch es bleibt am Ende vor allem eine Flut von bestechenden Eindrücken zurück – und jede Menge Literaturtipps gibt es noch oben drauf.

Man bekommt das Gefühl, Norbert Niemann ist jemand, der sich leidenschaftlich mit Literatur auseinandersetzt und man kann vor dieser eher ehrgeizigen Studie nur den Hut ziehen, auch wenn ihr der Balanceakt zwischen freierer Essayistik und Informationsvermittlung nicht immer gelingt; vielleicht wäre hier und da eine schlichtere Darstellung auch okay gewesen.

Aber das Buch bietet nicht nur eine Auseinandersetzung mit dem, was sich in der Literatur niederschlägt, sondern, im zweiten Teil, auch eine umfassende und mitunter gnadenlose Darstellung des neuökonomischen Literaturbetriebs. Literatur ist zum Gut geworden, zur Ware und hat sich von ihrer eigentlichen Funktion Stück für Stück entfremdet. Die einzelnen Entwicklungen, die dieses Phänomen betreffen, arbeitet Niemann konsequent heraus. Und endet mit einem Appell, dass sich diese Dynamik wieder ändern muss.

Fazit: ein dichtes, ein faszinierendes, mitunter etwas zu sehr in seine Durchdringungen verbissenes Buch, das ich mit viel Gewinn gelesen habe und das sich jeder, der sich mit der zeitgenössischen Literatur und ihren Möglichkeiten und Problemen auseinandersetzen will, einmal anschauen sollte.

Cover des Buches Die Einzigen (ISBN: 9783827077653)
sterningers avatar

Rezension zu "Die Einzigen" von Norbert Niemann

Ein radikaler Roman über die Kunst
sterningervor 9 Jahren


Norbert Niemann schaut grimmig in die Kamera. Die Augen zusammengekniffen, entschlossener Blick, Dreitagebart. Das Foto hat seine Frau gemacht. Bereits das Umschlagsfoto auf Norbert Niemanns neuem Roman lässt etwas von der unbeirrbaren Radikalität der „Einzigen“ erahnen. Der Chiemgauer Autor war nie bekannt dafür, halbe Sachen zu machen. Mit seinem neuen Werk lotet er neue Grenzen des literarisch vermittelbaren aus. Die Einzigen sind, was anderes war auch kaum zu erwarten, keine leichte Literatur und es ist mehr als vermessen, nach dem ersten Lesen das Buch zu beurteilen, aber so viel bleibt haften: Stellenweise ist es in einer dem Blick auf dem Umschlagfoto entsprechenden Radikalität geschrieben. Einer teils schwer verdaulichen Wucht, ähnlich der Kunst die seine Protagonistin Marlene Krahl exzessiv auslebt.
Die Einzigen, so hieß die Band von Harry Bieler, aus dessen Sicht der Roman erzählt wird, der Band von Marlene Krahl und dem Bandleader Sellwerth, dessen Beerdigung der Aufhänger des Wiedersehens der anderen beiden ist. Schon die Namen sind in ihrer gewollten Gewöhnlichkeit so gewöhnungsbedürftig, dass der Standardtrivialwanderhurenleser einen weiten Bogen um das Buch machen wird. Lässt man sich darauf ein, wird man in eine fremdartige, bizarre Welt der Musik eingeführt, Norbert Niemann bringt eine faszinierende Nische der elektronischen Musik näher und ist in seinen Beschreibungen Marlenes Kunst derartig extrem, dass sich der Laie nicht nur einmal die Frage stellt, ob es die beschriebenen Musiksparten, Komponisten und Künstler wirklich gibt, oder ob sie eine grandiose Erfindung des Autors sind. Marlene Krahl betreibt eine bizarre, in ihrer Radikalität kaum zu überbietende Avantgarde-Musik. Gipfelnd in  einer, kreissägenartige Töne hervorrufenden Tanzchoreographie, geht Marlene ohne Rücksicht auf Verluste ihren künstlerischen Weg. Beneidet, geliebt und verachtet zugleich wird sie von Harry Bieler, der sich seinerseits von seinen künstlerischen Ambitionen verabschiedet und sich, auf seine Weise radikal, auf eine Expansion der Seifenfirma seines Vaters, der ihm einst so verhassten Firma, versteift.
Soweit die Grundthemen des Romans, gewürzt natürlich mit jeder Menge Sozialkritik, Norbert Niemann wird nicht umsonst als politischer Autor angekündigt.
Aber etwas schwelt zwischen den Zeilen, das die Geschichte nicht greifbar macht. Marlene Krahl ist es, die nicht greifbar ist. Sie wirkt körperlos wie ein Geist. Oder wie eine Schallwelle. Sie existiert im Buch, aber der Erzähler wirkt wie ein Gehörloser, dem es nicht gelingt, die Person Marlene Krahl, die Liebe, die Harry für sie empfindet, greifbar zu machen. So wenig, wie man Musik greifbar machen kann.
Aber wer Norbert Niemann kennt, der weiß, dass der Autor bis ins kleinste Detail plant und ein Schreibprofi wie er nichts, vor allem nicht den Erzählton, dem Zufall überlässt.
Vielleicht ist genau dies der Zauber des Romans: Denn Marlene Krahl gelingt es, als Musikerin die Musik greifbar zu machen. Und genau so sehr, wie sich der Leser 298 Seiten lang fragt, warum sich Harry Bieler und Marlene Krahl eigentlich lieben, so sehr fragt es sich letztendlich auch Harry selbst, warum Marlene, die ihm in allen Belangen überlegen ist, ihn liebt.
Und die Antwort, die Belohnung sozusagen, sich durch diesen tiefen, schweren Roman gekämpft zu haben, ist ebenso verblüffend wie folgerichtig. Und auf einmal sieht man den ganzen Roman mit anderen Augen.

Norbert Niemann ist ein Autor, dessen Bücher man entweder verstehen muss, oder ein zweites, ein drittes Mal lesen muss. Da ich mir nicht anmaße, zu ersterer Sorte zu gehören, freue ich mich bereits auf den nächsten Durchgang.

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