Der Roman "Blasse Helden" liefert spannende und interessante Einblicke in eine turbulente Zeit der russischen Geschichte sowie die Gesellschaft. Teilweise fällt es schwer dem Handlungsstrang zu folgen, da aus meiner Sicht ein klarer, roter Faden fehlt und die vielen Namen teilweise nicht sehr eingängig sind. Insgesamt dennoch ein gelungenes und empfehlenswertes Buch.
Norris von Schirach
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Neue Bücher
Alle Bücher von Norris von Schirach
Blasse Helden
Beutezeit
Beutezeit
Neue Rezensionen zu Norris von Schirach
Anton ist ein Feingeist, guter Musik und schönen Frauen zugetan, ein Bewunderer der Callas und um die Jahrtausendwende als Rohstoffhändler in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion unterwegs. Zwischengestrandet in New York ist der deutsche Anfangvierziger auf der Suche nach einer neuen Aufgabe und landet so in Kasachstan, oder, wie er es noch ganz aus Moskauer Sicht sieht, an der Peripherie. Er soll für ein amerikanisches Konsortium ein Stahlwerk aufbauen - doch die Suche vin Kunden, Mitarbeitern und Rohstoffen ist denn doch ganz anders als im Westen. Anton ist dank seiner Erfahrungen im Russland der Jelzin-Ära abgehärtet für die neue Aufgabe, doch Kasachstan stellt sich dann in Norris von Schirachs Roman "Beutezeit" als noch einmal ganz anderer Kaliber heraus.
Raubtierkapitalismus im Wilden Osten, so könnte man Anons Erlebnisse in einem Satz beschreiben. Es geht um Fressen oder Gefressen werden, in einigen der dramatischeren Auseinandersetzung um Posten, Macht und Stahl auch buchstäblich um Freiheit und Leben. Von Schirach hat selbst als Rohstoffhändler in Moskau und Kasachstan gelebt, man kann also davon ausgehen, dass der Roman die eine oder andere Eigenerfahrung enthält.
Die Atmosphäre jener Aufbruchjahre, in denen die Verbindungen zwischen Politik und Wirtschaft, Organisierter Kriminalität und alten Geheimdienstseilschaften eher fluide waren (und mal ganz ehrlich - sind sie es nicht immer nocht?) ist klar spürbar beim Lesen. Ja, so waren sie, die postsowjetischen Hotels mit den Prostituierten in der Lobby, den Statussymbolen, die immer ein bißchen over the top waren, dazwischen die Tristesse der Plattenwohnblöcke und eine Aufbruchsstimmung, in derr alles möglich schien und gegen entsprechende Schmiergelder auch möglich gemacht wurde.
Anton will so gut wie möglich sauber bleiben, was bei den schönen Frauen in seinem Leben als verrückte Marotte angesehen wird. Gelegenheits-Geliebte Alisha kennt sich im Machtapparat aus, die Chinesin Xenia will möglichst schnell mit Stahlhandel Mehrfahcmillionärin werden und ist in ihrem Ehrgeiz und ihrer Skrupellosigkeit ziemlich einschüchternd. Lediglich Mira, eine Rechtsanwältin, kämpft noch für das Gute oder wenigstens für das Überleben der Schneeleoparden im Kaukasus. Alte Kader, neue Player, der Aufstieg Chinas, eine Gesellschaft mitten in Absurdistan - von Schirach führt seine Leser in eine Welt des Aufbruchs, in der die Karten neu verteilt werden und jeder das Beste für sich herausholen will. Keine Welt für Feingeister jedenfalls.
"Wir konnten hier nur scheitern", philosophiert Anton in einer schweren Krise, dieses Scheitern allerdings ist dann so grandios und episch wie eine Wagner-Oper, die der Musikfreund Anton so liebt. Die Beschreibungen des wilden Ostens dürften bei allen, die diese Zeit erlebt haben, ob nun in den GUS-Staaten oder sonstwo auf der östlichen Seite des einstigen Eisernen Vorhangs, nostalgische Gefühle beim Lesen wecken, wenn auch nicht unbedingt Sehnsucht.
Daneben zeigt von Schirach die Fettnäpfchen und Herausforderungen auf, vor denen Anton und andere Expats im multiethnischem Kosmos der ehemaligen Sowjetunion stehen, mit den besonderen Sensibilitäten und Konfliktlinien zwischen Russen, Kasachen, Tschetschenen und anderen. "Beutezeit" ist spannend, unterhaltsam und informativ. Wer auf literarische Weise die Annäherung an die postsowjetische Gesellschaft sucht, sollte dieses Buch unbedingt lesen.
Anton macht sich Anfang der 90er auf nach Russland, genauer Moskau. Er ist auf der Suche nach Leichtigkeit, einem Leben ohne Zwänge. In seiner Zeit in Moskau lernt er die russische Mentalität und auch sich selbst kennen.
Arthur Isarins Roman ist ein Blick in eine Gesellschaft, die losgelöst vom staatlichen System ihre eigenen Gesetze entwickelt hat und in der alles möglich scheint. Aus heutiger Sicht mit fast 20 Jahren Putin-Herrschaft, ist das Land nicht wiederzuerkennen, verheißungsvoll waren die Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, die ersten Schritte im Kapitalismus, die jedoch die Versprechungen nicht halten konnten.
„Blasse Helden“ fängt den Rausch ein, in dem sich diejenigen befanden, die sich schnell umgestellt und mit den neuen Begebenheiten arrangiert hatten. Anton lebt in einer Blase aus Macht und Spaß-Gesellschaft; er hat keine Verpflichtungen und schafft es, sich lässig zwischen den Russen zu bewegen. Die notwendigen Konventionen hat er schnell übernommen, die Moral über Bord geworfen und sich so gemütlich in seinem Dasein eingerichtet. Man bekommt einen Blick in die Geschäftssitten, die klar auf Gewinnmaximierung und Ignoranz etwaiger Gesetzte ausgerichtet sind. Wen man kennt, ist entscheidender, als was man kann.
Gespräche aus der Community
Community-Statistik
in 14 Bibliotheken
auf 3 Merkzettel
von 1 Leser*innen gefolgt