Rezension zu "Mansfield Park" von Not Available
Anlässlich des 200. Todestages der großen britischen Autorin war es mal wieder Zeit für einen ihrer Romane, tatsächlich der einzige von ihr, den ich bisher nicht gelesen hatte: Mansfield Park.
Fanny Price wächst in einer kinderreichen und verarmten Familie auf. Ihr Onkel Sir Thomas Bertram holt sie in jungen Jahren nach Mansfield Park, um dort mit den Cousins Tom und Edmund sowie den Cousinen Maria und Julia aufzuwachsen. Die vier Jugendlichen behandeln das Mädchen nie gleich, aber sie hat Zugang zu Bildung und lernt das gesellschaftsadäquate Verhalten ihrer Zeit. Als junge Erwachsene beginnt die Suche nach Ehemann und Gattin. Edmund, der einzige der Verwandten, der sich stets für Fanny einsetzt, plant seine Zukunft als Pfarrer und Mary Crawford hat er als seine zukünftige Braut auserkoren. Deren Bruder Henry hat offenbar Gefallen an den Bertram Schwestern gefunden. Überraschend macht er jedoch Fanny einen Heiratsantrag, den diese sehr zum Ärger ihres Onkels und Cousins Edmund zurückweist, denn Henry Crawford ist eine ausgesprochen gute Partie und weit über ihren Möglichkeiten. Um sie wieder zur Vernunft zu bringen, schickt man sie zurück zu ihren Eltern.
Über die Bedeutung Jane Austens in der britischen Literatur gibt es nicht mehr viel zu sagen. Sie porträtiert die Sitten ihrer Zeit und zeigt unverblümt ihre Absurditäten und Schwächen auf. So auch in Mansfield Park, wo der schöne Schein nach außen und die Frage des Einkommens die entscheidenden Elemente bei der Partnerwahl sind. Nur die junge Fanny hat einen Sinn und Auge dafür, welchen Charakter die Menschen um sie herum haben und kann ihrer Linie treu bleiben, auch wenn sie dafür bestraft wird. Dass sie am Ende Recht behalten sollte, war nun nicht weiter überraschend.
Interessant zum Roman ist die Diskussion, inwiefern Jane Austen als Vorreiterin der Chick-Lit zu sehen ist, hat sie doch einem der Hauptwerke des Genres (Bridget Jones‘ Diary) die Protagonistin geliefert. Das COBUILD Advanced English Dictionary definiert das Genre wie folgt:
Chick lit is modern fiction about the lives and romantic problems of young women, usually written by young women.
Ähnlich die Definition, wie sie auf Wikipedia zu finden ist:
Chick lit or chick literature is genre fiction, which "consists of heroine-centered narratives that focus on the trials and tribulations of their individual protagonists". The genre often addresses issues of modern womanhood – from romantic relationships to female friendships to matters in the workplace – in humorous and lighthearted ways.
Nimmt man diese als Basis und dazu das Wissen, dass Jane Austens Roman eine Zeitlang im englischsprachigen Raum gezielt mit Covern der typischen modernen Chick-Lit Büchern ausgestattet und in den Buchhandlungen gezielt neben diesen platziert wurden, liegt der Verdacht nahe. Inhaltlich bewegt sich Austen auch in Mansfield Park in ziemlich genau diesem Rahmen, so dass der Verdacht durchaus naheliegt. Dies lässt jedoch die sprachliche Leistung der Autorin und Intention der Gesellschaftskritik ihrer Zeit außer Acht, die beide in modernen Werken des Genres eine untergeordnete bis keine Rolle spielen.