Torstein hat Glück gehabt. Sein Körper ist verdreht wie der des Ötzi, Rippen stehen ihm aus Brust und Rücken hervor, Arme und Beine sind spindeldürr, doch sein Geist ist hellwach. Zwei Jahre hat man ihm gegeben, heute ist er 33! „Es gibt nichts zu jammern“, meint er. Und er hat sein Glück genutzt. Das Glück nicht in Neu-Delhis Slums geboren zu sein, um dann auf einer Müllkippe zu landen, sondern in Norwegen, einem der wohlhabendsten Ländern der Erde mit einem vorbildlichen Sozialsystem, das ihm 10 Assistenten für die praktischen Dinge des Alltags an die Seite stellt. Er hat sein Glück genutzt, um alles aus seinem Leben heraus zu holen. Nicht als Selbstzweck, sondern um sich bei der Gemeinschaft zu revanchieren. Zum Höhepunkt seiner Karriere wird er bei der Gemeindeversammlung auf das Tischende gelegt, wo er als Kandidat zur Bürgermeisterwahl der Gemeinde Vang antritt.
Die Geschichte des Torstein Lerhol, die in dem Buch „Ungehindert“ beschrieben wird, ist so bemerkenswert, dass man es nicht glauben mag. Sie zeigt, was die ungeheure Kraft mentaler Stärke und positives Denken bewirken können, wenn die Rahmenbedingungen optimal sind. So geht Inklusion.
Der Autor Ola Henmo beleuchtet geschickt auch Kontroverse Perspektiven des norwegischen Sozialsystems, lässt Geschwister, Freunde und Kontrahenten Torsteins zu Wort kommen. Ein Buch, dass zu denken gibt und lange nachwirkt. Unbedingt lesenswert.