Die »Andere Bibliothek« hat mit Olaus Magnus »Die Wunder des Nordens« mal wieder einen wahren Schatz gehoben.
Zu Beginn wird ein kurzer Einblick in das Leben von Olaus Magnus (1490–1557), dem letzten katholischen Erzbischof Schwedens, gegeben, dann folgen seine kurzen Erläuterungen zu seiner berühmten »Carta marina«, eine von Meerwundern und Menschen, Tieren und Geistern wimmelnde Land- und Seekarte Nordeuropas, und schließlich die reich illustrierte »Beschreibung der Völker des Nordens«.
Allein das Leben von Olaus Magnus würde schon ausreichend Stoff für eine eigene Biographie oder einen Historienschmöker bieten. Was er aber dann seinen Zeitgenossen aus den Ländern des hohen Nordens zu berichten weiß, muss denen wie die reine Wunderwelt erschienen sein.
Was Olaus Magnus berichtet, ist eine seltsame Mischung aus wissenschaftlicher Neugier, sehr genauen Beobachtungen der Natur, Menschen und deren Lebensgewohnheiten und Fantasie, Groteskem und ja auch Absonderlichem. Scheinbar nichts entgeht der Aufmerksamkeit Olaus Magnus, von geologischen Besonderheiten über die Geschichte der nordischen Völker, ihren Lebensgewohnheiten, Trachten und Sitten über die Pflanzen- und Tierwelt und und und.
Dass solche Beschreibungen die Neugier aufgeweckter Geister im Mittelalter angestachelt haben muss, wird dem heutigen Leser schnell klar. Interessant ist dabei der kleine Fakt, dass Olaus Magnus seine kurze Begleitschrift zur Karte in zwei Ausgaben herausbrachte - einmal auf deutsch und einmal auf italienisch. Doch die beiden Ausgaben unterscheiden sich inhaltlich. Offenbar ging Olaus Magnus davon aus, in der deutschen Ausgabe doch zu mehr Korrektheit in seinen Angaben verpflichtet zu sein als in der italienischen Ausgabe - denen tischte er nämlich fantastischere Geschichten auf. Vielleicht war er aber auch einfach nur vorsichtiger, weil die Deutschen schon eher eigene regelmäßige Verbindungen in den hohen Norden hatten und sich von daher eher selber ein eigenes Bild machen konnten.
Seine berühmte »Carta marina« blieb über Jahrhunderte verschollen, manche begannen schon anzuzweifeln, ob es sie wirklich gegeben hatte. Doch 1886 erschien in einer wissenschaftlichen Zeitschrift Norwegens ein Beitrag über einen Fund, der schon kurz darauf als Sensation galt: In der Münchner Staatsbibliothek sei ein Exemplar der Karte aus dem Jahr 1539 aufgetaucht, in der Kartenabteilung, eingeordnet bei den Karten des skandinavischen Nordens. Sie war eine der gesuchtesten Landkarten, 1,70 mal 1,25 Meter, zusammengefügt aus zwölf Holzschnitten. Niemand hatte sie dort vermutet und sie war eher zufällig gefunden worden. 1962 tauchte dann in Schweden ein zweites, gut erhaltenes Exemplar der Karte auf, das sich heute im Besitz der Universitätsbibliothek von Uppsala befindet.
Der- oder diejenige, die bei Eichborn die Idee hatte, das Buch zusammen mit einem (schwarz-weiß) Nachdruck dieser wunderbaren Karte auszuliefern, gebührt aus meiner Sicht besonderer Dank!