Rezension zu "Heilige Stätten des Buddhismus" von Christoph Mohr
Das ist wohl wahr. Doch was nach dieser Erkenntnis in den Kopf von Oliver Fülling, dem Text-Autor dieses Bandes kam, ist dann schon recht ehrgeizig. Buddha hatte einen Schüler, schreibt Fülling, der angeblich die Lehre Buddhas in eine verständliche Bildsprache übersetzen konnte. Das wollte der Autor nun nachmachen und fand in Christoph Mohr "einen Fotografen, der die Herausforderung, die Lehre und das Leben des historischen Buddha fotografisch neu und aus einer zeitgenössischen Sicht zu interpretieren".
Und weiter: "Die Fotografien sollen die Vorstellungskraft des Betrachters ansprechen, ihm ein Gefühl für den Buddhismus, das spirituelle Leben und die Spiritualität der buddhistischen Länder selbst nahebringen und so eine Reise in die Welt des Buddhismus mitnehmen." Vielleicht hätte Buddha über so viel eitlen Hochmut milde gelächelt. Immerhin setzt dieses Ziel voraus, dass die beiden Autoren die Lehre Buddhas tatsächlich auch verstanden haben. Daran aber kann man nach den Einlassungen im Text schon zweifeln.
Ähnlich wie später Jesus hinterließ Buddha keine Aufzeichnungen. Was man also über seine Lehre weiß, wurde von anderen verfasst. Zu aller Zeit und überall gab es in der Menschheitsgeschichte Religiosität. Das war zu Buddhas Zeiten also auch nicht anders. Und allein schon deshalb stellen die "Lehren Buddhas" eine Mischung aus seinen überlieferten Aussagen und der zu seiner Zeit vorherrschenden Religion dar. Das ist der Buddhismus, den man heute als Religion kennt und der sehr oft mit der eigentlichen Lehre Buddhas verwechselt wird, die nichts Religiöses darstellt und auch nicht "zeitgenössisch" interpretiert werden muss, weil sie einfach, klar und zeitlos ist.
Buddhas Erleuchtung ist ebenso nichts Religiöses, sondern eine Einsicht in die Ursachen von Leid und Unglück, die bis heute Psychotherapeuten und Hirnforscher beschäftigt, weil sie erst jetzt langsam begreifen, was Buddhas Lehre wirklich ist. Wenn man so will, war Buddha der erste bis heute bekannte Psychotherapeut, der seine Erkenntnisse damals zwar verbreiten, aber nicht verhindern konnte, dass sie im Rahmen der "zeitgenössischen" religiösen Dogmen uminterpretiert wurden. Das "Wiedergeborenwerden" ist so eine Stelle, in der Buddha auf die damals vorherrschende Religion traf. Er selbst stand diesem Blödsinn sehr zurückhaltend gegenüber, war aber klug genug, seine Ablehnung nicht explizit auszudrücken.
Für die meisten religiösen Buddhisten ist eine Wiedergeburt natürlich eine implizite Drohung, die man nur mit moralisch einwandfreiem Verhalten vermeiden kann. Ohne solche versteckten oder offenen Drohungen kommt keine Religion aus. Zu drohen war aber überhaupt nicht Buddhas Anliegen.
Was dieser Bild-Textband also tatsächlich leistet, ist eine Bebilderung des religiösen Buddhismus in den verschiedenen Ländern Asiens und eine Beschreibung dessen, was über Buddhas Leben angeblich bekannt ist. Das machen die beiden Autoren in der Tat hervorragend. Und dafür gibt es auch meine Bewertung. Verstanden haben sie den eigentlichen Buddhismus jedoch nach meiner Ansicht nicht. Buddha hätte sich vermutlich über seine religiöse Verehrung amüsiert und seine Darstellung als Heiligkeit eher lustig gefunden. Denn sie ist genau das Gegenteil von dem, was er lehrte. Menschen brauchen aber wohl immer Götzenbilder, die sie verehren und anbeten können. Das war schon zu Buddhas Zeiten so. Und das wird sich wohl auch nie ändern.