„Literaturwerkstatt- kreativ / Blog“ stellt vor:
"Der Oma hätte das gefallen" von Oliver Fleischer
Eigentlich ist Oliver Fleischer ein renommierter Schauspieler und einem breiten Publikum aus Film, Fernsehen und Theater bekannt. Aber, was viele nicht wissen, er hat einen sehr interessanten Nebenberuf. Sarg- und Urnenträger!
In seinem Buch erfahren wir viel über die Pannen, die bei Beerdigungen passieren können. Vor allem aber lernen wir viel über das Leben!“
Fazit:
Mit dem Thema „Tod“ beschäftige ich mich schon lange und habe auch keine Berührungsängste, vielleicht weil ich mit Anfang 20 dabei war als meine Tante - die mir sehr nahe stand – starb. Möglicherweise aber auch, weil viele meiner Angehörigen und Freunde schon verstorben sind und ich mich früh mit dem Thema einfach auseinandersetzten musste.
Beim Buch von Oliver Fleischer hat mich tatsächlich sowohl der Beruf, als auch die Sichtweise eines Sargträgers gereizt. Nun habe ich das Buch nicht sogleich gelesen, sondern habe erst seine Lesung in meiner Heimatstadt Oberhausen im „K 14“ besucht. Hier hat der Autor sein Buch auf sehr lebendige Weise vorgestellt. Immer wieder ist er, nachdem er die Geschichte vorgelesen hatte, von seinem Platz aufgesprungen, hat sozusagen mit Händen und Füßen gestikulierend Geschichten und kleine Anekdoten aus seinem Buch sehr lebendig erzählt, - nicht vorgelesen. Hier war dann ganz klar der Schauspieler Oliver Fleischer auf der Bühne.
Also, raten kann ich erst zur Lesung mit dem Autor zu gehen, erst danach das Buch selber zu lesen; [es geht natürlich auch umgekehrt].
In seinem Buch versammelt der Autor eine Bandbreite verschiedener erlebter Geschichten, mal zum Schmunzeln bis hin zum lauten Lachen, dann wieder besinnlich und nachdenklich. Auf jeden Fall hat sich mein Blick auf den Beruf (bei Herrn Fleischer wohl Berufung) des Sarg- und Urnenträgers gründlich verändert. Vor allem die Aufgaben die dahinter stehen haben für mich jetzt eine ganz andere Sinnhaftigkeit erhalten.
Oliver Fleischer gibt bei seinem Erzählten auch viel von sich und seinen Emotionen preis; wie er etwa das erste mal ein Kind beerdigt hat, welches im gleichen Alter seiner Tochter war, oder wie ein kleines Mädchen alle Sargträger während diese den Sarg ihrer Mutter zu Grabe trugen, nach deren Lieblingseissorte fragte. Eine meiner Lieblingsgeschichten in diesem Buch, mehr gebe ich an dieser Stelle aber nicht preis.
Ja, zum Lachen sind auch einige Geschichten dabei, sei es die, als der Katafalkwagen sich selbständig machte bei einer Beerdigung, oder als ein Dudelsackspieler völlig falsche Töne am Grab eines Verstorbenen spielte, oder der Autor gar in ein offenes Grab fällt. Oliver Fleischer hat eine gute Mischung von traurig bis heiter gewählt, sodass man nicht beim Lesen des Buches oder zuhören während der Lesung ins Bodenlose stürzt.
Schön fand ich auch die mitgelieferten sachlichen Hinweise:
- Die Top Ten der Beerdigungslieder
- Verhaltenskodex bei Beerdigungen für Sargträger
- Urnen- oder Sargbestattung
- beliebteste Blumen bei Trauerfeiern
...und die immer wieder passenden eingestreuten Zitate, wie das von „Joan Baez“.
Du kannst dir nicht aussuchen, wie du stirbst. Oder wann. Du kannst nur entscheiden, wie du lebst. Jetzt.“
Viele werden Oliver Fleischer hauptsächlich als komödiantischen Schauspieler kennen, doch weit gefehlt! Erstaunt hat mich bei dieser Lesung seine Tiefgründigkeit, sein Einfühlungsvermögen, sein Gespür für das Wesentliche und Menschliche. Sein weitgehend souveräner, empathischer Umgang sowohl mit zum Teil verzweifelnden Trauernden, als auch mit Situationskomik am offenen Grab, mit einem sehr guten moralischen Kompass, – alle Achtung Herr Fleischer. Chapeau!
Die ganze Rezi auch auf meinem Blog:
https://literaturwerkstattkreativblog.wordpress.com/2024/10/18/der-oma-hatte-das-gefallen-von-oliver-fleischer/