Rezension zu "protokolle der gegenwart" von Sandra Gugić
Hier ist Sandra Gugićs Lyrikdebüt. Die in Berlin lebende österreichische Autorin kannte ich von ihrem Romandebüt „Astronauten“, das mir sehr gut gefiel. Der Gedichtband „Protokolle der Gegenwart“ kommt dezidiert unlyrisch daher. Es gibt keine Reime und auf die Sprachmelodie wurde auch kein großer Wert gelegt. Schön ist er trotzdem mit harter Gegenwartssprache von laufenden Ereignissen, wie Social Media, Rollenbilder, Krieg und Flucht. Der Band aus meinem geschätzten Verlagshaus Berlin hat drei Kapitel und hundert Texte. Gugić beobachtet unverstellt auf Randzonen mit wuchtigem Sprachmaterial, mit dem man klar kommen muss. Uneindeutigkeiten, vielfältige Identitäten die ihren Zusammenhang verloren haben, aber neue Beziehungen gewinnen. Wer sich abgeschreckt fühlt von verkopfter und analytischer Lyrik für den ist dies vielleicht nichts, aber mir hat dieser Band ausgesprochen gut gefallen und ich habe mich gefangen darin, z. B. in dem sich „eine zornige Stunde am Tag gönnen“ und „jenseits symbolischer Ordnung“.