Oliver Nachtwey

 4,4 Sterne bei 5 Bewertungen

Lebenslauf

Oliver Nachtwey, geboren 1975, ist Professor für Sozialstrukturanalyse am Fachbereich Soziologie der Universität Basel. Für sein Buch Die Abstiegsgesellschaft wurde er 2017 mit dem Hans-Matthöfer-Preis für Wirtschaftspublizistik ausgezeichnet.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Oliver Nachtwey

Neue Rezensionen zu Oliver Nachtwey

Cover des Buches Verkannte Leistungsträger:innen (ISBN: 9783518036013)
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Rezension zu "Verkannte Leistungsträger:innen" von Nicole Mayer-Ahuja

Verkannte Leistungsträger:innen
Elenchen_hvor 2 Jahren

Zu Beginn und während der ersten Monate der Corona-Pandemie wurden sie vom Balkon aus beklatscht: Menschen, die in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten. Man schenkte ihnen für eine kurze Zeit verbale Anerkennung, ihre Arbeitsrealität rückte flüchtig in den Fokus unserer Aufmerksamkeit. Ihre Arbeits- und Lebensbedingungen haben sich dadurch kaum verändert, ihr Alltag ist oft geprägt von prekären Beschäftigungsverhältnissen, einer schlechten Arbeitsatmosphäre, Druck, Stress und Diskriminierung.


In ihrem Buch "Verkannte Leistungsträger:innen - Berichte aus der Klassengesellschaft", herausgegeben von Nicole Mayer-Ahuja und Oliver Nachtwey, kommen genau diese Menschen zu Wort: In 22 Kapiteln werden Interviews mit Pflegekräften, Erzieher*innen, Beschäftigten der Krankenhauswäscherei, Saisonarbeiter*innen, Verkaufspersonal, Zusteller*innen und vielen mehr geführt, diese Interviews entsprechend eingeordnet  und Probleme sowie Chancen sichtbar gemacht. Entstanden sind eindringliche und empathische Porträts, deren Stärke vor allem darin liegt, dass sich die Menschen, die unser Leben am Laufen halten und in unserer Klassengesellschaft häufig im Schatten bleiben, selbst äußern können und ihnen auch entsprechend zugehört wird. 


Beim Lesen wird schnell klar, dass alle Beschäftigten der jeweiligen Berufsgruppen ein Anliegen eint: Sie sind stolz auf ihre Arbeit und wünschen sich mehr Anerkennung für diese, einerseits auf monetäre Art von den Arbeitgebenden, andererseits durch Wertschätzung von Kund*innen und der Gesellschaft im Allgemeinen. Gerade letzteren Punkt können wir alle sehr einfach beeinflussen, für Ersteren ist vor allem die Politik in der Pflicht, die Arbeitsbedingungen regulierend zu verbessern. "Verkannte Leistungsträger:innen" ist ein so beeindruckendes wie wichtiges Werk, das Menschen in systemrelevanten Berufen einen Raum bietet, ihre jeweiligen Situationen sichtbar zu machen. In meinen Augen unbedingt lesenswert!

Cover des Buches Die Abstiegsgesellschaft (ISBN: 9783518126820)
M

Rezension zu "Die Abstiegsgesellschaft" von Oliver Nachtwey

Die absolute Verwirtschaftlichung des Lebens
M.Lehmann-Papevor 8 Jahren

Die absolute Verwirtschaftlichung des Lebens

An der Jugend ist es abzulesen. Ohne dabei ins gleiche Horn zu stoßen, wie so viele Generationen, dass die Jugend zu anders, zu verrückt wäre, in Schranken gehalten und gewiesen muss.

Gerade aber auch, dass dieser Reflex der „Älteren“ nicht mehr zu spüren ist, zeigt, dass nicht alles in Ordnung ist mit den eben ja auch kreativen Reibungen zwischen Jung und Alt.

„Hauptsache ruhig und sicher“.

Nach neuesten Umfragen ist dieser der Lebenswunsch (fast) einer ganzen Generation derer, die man aktuell jung nennt.

Das Wagnis, auch im Beruf, das Risiko im Leben, Avantgarde zu sein, all das verschreckt eher, als dass es als positiver und (für das eigene Leben und das der Gesellschaft) wichtiger Aufforderungscharakter verstanden wird.

Wie es dazu kommen konnte, welche Kräfte „die Welt regieren“, in dem Sie das Denken der Menschen manipulieren, das ist die eine Frage, der Nachtwey sorgfältig nachgeht und was tun bildet die weitergehende Frage dieses Buches.

Kühl, mit Fakten untermauert, klar auf den Punkt gebracht und mit seiner Wertung dabei nicht hinter dem Berg haltend, was viele zumindest „irgendwie spüren“ belegt Nachtwey präzise aus dem Blick auf die jüngere Vergangenheit.

Jener „fundamentalistische gesellschaftliche Wandel, der sich in den meisten westlichen kapitalistischen Staaten vollzieht“.

Mit drastischen Folgen für das innere und äußere Erleben der „Bürger“ und mit Risiken behaftet, deren Negation durch die führenden Markkräfte keinesfalls wirklich beruhigt. Zu Recht nicht, wie Nachtwey aufzeigt.

In strukturiertem Aufbau legt Nachtwey dabei zunächst die Blaupause der langen Erfolgsgeschichte der sozialen Moderne eindringlich vor Augen. Um dann an dieser jene destruktiven Veränderungen durch zu deklinieren, die aus dem „Sozialen Menschen“ den zwar umworbenen, aber mit System unmündig erzogenen „Kunden“ und „Konsumenten“ geformt hat.

Vorzufinden im aktuellen „Problemfall“ des „Kapitalismus (fast) ohne Wachstum“ und all den überaus nervösen Erscheinungen, die dies mit sich bringt. Wobei Nachtwey beileibe hier nicht nur die „großen Linien“ einfach nachvollzieht, sondern teils sehr kleinteilig und damit praktisch und überzeugend, Die „Investitionsschwäche“ deklariert er so nicht „nur so“, sondern bietet Statistiken und Diagramme, die solche Thesen auf ein solides Fundament stellen. Eine Arbeitsweise, die bei allen Themen sich durch das gesamte Buch zieht.

Was ebenso für seine differenzierte und, in ihren Folgen für die Gesellschaft, entlarvenden „Reformen“ der Politik gilt, die Nachtwey nicht nur „regressiv“ nennt, sondern deren „Rückschrittlichkeit“ hinter längst sicher geglaubte soziale Errungenschaften und Werte im Einzelnen aufzeigt und nachvollzieht.

Was zur Folge hat, und hier schließt sich sein Gedankenkreis, dass ein Punkt erreicht ist, an dem all dies nicht mehr hinnehmbar ist. Und ein Aufbegehren findet ja bereits statt, wie Nachtwey ebenso sachlich konstatiert. Allerdings noch in zu geringem Ausmaß (siehe oben die Sache mit der Sicherheit und des in Ruhe leben wollen).

Es bleibt zu wünschen, dass trotz der wissenschaftlich orientierten Sprache und der manchmal mit Mühe zu lesenden Kleinteiligkeit der Darstellung und der Hintergründe dieses Buch weite Verbreitung findet (nicht nur in „der Jugend). Denn ohne große Anstrengung ist dem Buch zu entnehmen, auf welche klippen hin das „Schiff Staat“ in vielen Ländern mit zunehmender Geschwindigkeit Kurs nimmt. Und alle dabei mit an Bord hat. 

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