Rezension zu "Sterbewohl" von Olivia Monti
Die Übergriffigkeit des Staates in den letzten Jahren hat gezeigt, dass in einem kurzen Zeitraum Dinge möglich sind, die wir uns vorher nie hätten vorstellen können (z. B. Ausgangssperren, Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen etc.).
Vor diesem Hintergrund betrachtet, rückt das Szenario, welches uns Olivia Monti hier präsentiert, fast schon in greifbare Nähe der Realität.
Alte Menschen, die den Staat nur noch Geld kosten und effektiv nichts mehr leisten, sollten also am besten freiwillig - so schnell wie möglich - aus dem Leben scheiden.
Darum geht es in diesem Buch, das die Ereignisse aus der Sicht einer pensionierten Lehrerin schildert, die bereits mit nur 65 Jahren eine Einladung zu einem sogenannten "Sterbeseminar" erhält. Auch ihre Nachbarn haben den Brief vom Gesundheitsamt bekommen und sind alle wenig begeistert davon. Man hört, niemand würde je zurück kommen von diesen angeblich freiwilligen Veranstaltungen.
Die Gruppe fährt schließlich trotzdem auf die norddeutsche Insel, schmiedet aber vorher einen Plan und sucht sich Unterstützung in Form einer Journalistin, die über die Vorkommnisse vor Ort berichten soll.
Was sie dort erleben, wird durchaus eindrücklich geschildert. Das Tempo ist eher gemächlich, aber eine unterschwellige (An)Spannung ist stets vorhanden.
Schön herausgearbeitet hat die Autorin auch die Zweifel am eigenen gesunden Menschenverstand und der Beobachtungsgabe, die die Betroffenen immer wieder haben. Eine Erfahrung, die man inzwischen auch in der Realität täglich macht. Kann das alles noch wahr sein? Übertreibe ich es nicht? Meinen die das ernst? Das können die doch nicht machen ... Das sind inzwischen Sätze, die einem oft in den Sinn kommen, wenn man das allgemeine Geschehen so verfolgt.
Ich mochte den Schreibstil und ich konnte auch trotz etwas Distanz mit den Protagonisten ganz gut mitfühlen. Der Krimi ist nicht besonders dick, man kann das Buch also gut in einem Rutsch durchlesen, es ist durchaus fesselnd. Werde ich weiter empfehlen!