Rezension zu "Das Erbe des Barbiers" von Osanna Stephan
Ich habe mich für dieses Buch entschieden, da mich das handgezeichnete, altertümliche Cover und die eher ungewöhnliche Thematik „Barbier“ angesprochen hatten. Es ging mir darum, mal wieder etwas Neues zu entdecken, meinen Horizont zu erweitern und dabei dennoch spannend unterhalten zu werden. All das bietet dieses wunderbar geschriebene Buch.
Katharina ist eine quirlige und lebensfrohe Journalistin, die Tür an Tür mit ihrem geliebten Bruder Jo und dessen schwangerer Frau Elli wohnt, die auch ihre beste Freundin ist.
Eines Tages findet sie auf dem Dachboden ihres Elternhauses einen ominösen Messingteller mit der Gravur „Stuß 1770“ und begibt sich auf Ahnenforschung in die Zeit des Rokoko.Ihr Vorfahr Friedrich August Stuß absolvierte, zunächst nur auf Drängen seines widerwärtigen Großvaters, eine Lehre zum Barbier.
Der Leser erfährt, dass neben dem Rasieren und Haareschneiden auch Tätigkeiten eines Wund- und Zahnarztes zu den Pflichten eines Barbiers in jener Zeit gehörten. Friedrich findet darin schließlich seine Passion, begibt sich auf Wanderschaft und wird als Feldarzt in die Wirren des siebenjährigen Preußisch-Habsburgischen Krieges verwickelt. Besonders interessant fand ich die Schilderungen über die Schlacht bei Torgau, in der Friedrich als Arzt über sich hinauswächst und mit dem Elend des Krieges konfrontiert wird.Aber auch um das Finden der Liebe, den schmerzlichen Verlust dieser und die Hoffnung auf ein neues Glück, geht es im Leben Friedrichs, aber auch Katharinas.
Geschickt und stets passend wechselt die Autorin die beiden Erzählstränge im Rokoko und in der Jetztzeit ab. Wie Friedrich hat auch Katharina eine heimliche Liebe, die sie vor ihrer Familie verbergen muss. Diese nimmt eine spannende Wendung, die hier natürlich nicht verraten werden darf.Alles in allem wurde ich von dem Buch wunderbar unterhalten. Der Erzählstil der Autorin ist lebendig, teilweise sogar zu frech für die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. Aber das ist auch gut so, denn wer will schon einen staubtrockenen, von Konventionen gezügelten Roman lesen? Hier und da gab es einige Tippfehler und die Absätze in den Dialogen fehlten, das tat dem Lesespaß aber keinen Abbruch. Ein wirklich gut recherchiertes und liebevoll gestaltetes Buch, dem ich gerne die vollen fünf Sterne gebe.