Rezension zu "Patrick von Irland." von Osborne McKnight Juulene
Mythos, Legende... und der alltägliche Missionarsfrust
Stinelottevor 4 JahrenMeine Mutter schenkt mir gefühlt alle Bücher, die auch nur entfernt von Irland handeln, weil sie glaubt, dass die mir automatisch gefallen. Das hier lag etwas länger auf meinem Stapel Ungelesener Bücher, aber dann habe ich ihm eine Chance gegeben - und wurde positiv überrascht!
Durch die nur spärlichen schriftlichen Aufzeichnungen wissen wir relativ wenig über die frühe irische Geschichte. Das meiste sind Sagen und Legenden, und wenn man drei Leute fragt, bekommt man fünf Versionen zu hören. Das ist allerdings auch die große Freiheit, die man als Geschichtenerzähler dadurch hat. Juilene Osborne-MacKnight vermischt Geschichte und Sage zu einem unterhaltsamen Roman, der halb Historien- und halb Fantasyschinken ist, und dabei das Beste aus beiden Welten mitnimmt.
Patrick von Irland selbst ist keine absolut gesicherte historische Figur, man streitet sich sogar, ob es wirklich nur eine Person war, oder vielleicht sogar mehrere. Als Protagonist, der als 16jähriger von seiner Heimat Britannien als Sklave nach Irland verschleppt wurde und dann Jahrzehnte später als Missionar dorthin zurückkehrt, funktioniert er aber sehr gut. Die Autorin schafft es, seine innere Zerrissenheit und seine Wandlung gut darzustellen: vom verbitterten, hochmütigen Patricius, der die Iren für anstrengend und nicht besonders helle hält, zu Padraig, dem Iren ehrenhalber, der erkennt, dass deren reiche Kultur und Sagenwelt nicht unbedingt im krassen Gegensatz zur Botschaft stehen muss, die er mitbringt.
Sein Gegenpart Ossian, der Geschichtenerzähler, ist wunderbar geeignet, um Patrick paroli zu bieten. Er hat Humor, die nötige Schärfe, und auch genügend Herz um zu erkennen, dass Patricks anfängliche Ablehnung vor allem in seiner schmerzhaften Vergangenheit begründet liegt.
Die Geschichte wechselt zwischen dem, was Patrick und seine Mitstreiter in Irland erleben und dem, was Ossian ihm über die Könige und Krieger Irlands erzählt, die aus grauer Vorzeit stammen - oder vielleicht doch gar nicht so weit entfernt sind?
Einziger Kritikpunkt, der zu einem Stern Abzug führte, ist die völlig unnötige und geschmacklose Szene zwischen Fionn und Liath (Leser wissen welche ich meine). Das wäre wahrhaftig nicht notwendig gewesen.
Ansonsten ist das Buch aber sehr unterhaltsam und gibt einen schönen Einblick in die reiche Sagenwelt Irlands, jenseits von Leprechauns und Töpfen mit Gold. Ich werde auf jeden Fall schmunzeln, wenn ich das nächste Mal in Irland an einem St. Patrick's Well vorbei komme. Und Ossian leise kichern hören.