Rezension zu "Der Ritter, den es nicht gab" von Italo Calvino
Agilulf ist ein Ritter im fränkischen Heer Karls des Großen Er besitzt alle Eigenschaften des perfekten Ritters: Treue, Edelmut und Pflichtbewusstsein, aber er ist körperlos. Er bewohnt und bewegt eine schimmernde weiße Rüstung, in der er sich allein durch die Kraft seines Willens manifestieren kann. Ihm zugeteilt ist der Knappe Gurdulù, der geistig zurückgeblieben ist. Agilulf größter Bewunderer, der junge Ritter Rambald, ist gleichzeitig auch sein Rivale, denn er liebt die Amazone Bradamante, die sich aber nach Agilulf sehnt. Agilulf selbst gerät unter Verdacht, zu Unrecht zum Ritter geschlagen worden zu sein, da die Jungfrau Sofronia, deren Unbeflecktheit er einst vor marodierenden Halunken verteidigte, zu jenem Zeitpunkt nicht mehr ganz so unbefleckt gewesen sein konnte: ihr Sohn Torrismund, Ziehsohn des Herzogs von Cornwall, der zum fraglichen Zeitpunkt schon ein kleiner Junge gewesen sein muss, taucht im Heerlager auf. Um seine Ehre zu retten, macht sich Agilulf nun mit Gurdulù auf die Suche nach Sofronia, die sich in ein Koster in England zurückgezogen haben soll.
Italo Calvino liefert auf weniger als 150 Seiten wilde Abenteuer, Intrigen, große Gefühle aller Art, Philosophisches im Mantel einer augenzwinkernden Rittersatire. Das 1959 erstmalig erschienene Buch bildet den Abschluss der Trilogie "Unsere Ahnen". In unnachahmlichem Erzählstil verbindet der Autor alle klassischen Elemente des traditionellen Ritterromans mit Witz und philosophischen Gleichnissen zur Existenzfrage des Menschen. Die Ritter vom Heiligen Gral werden als mittelalterliche Schurken entlarvt und Karl der Große, als entscheidungsunfreudiger, konfliktscheuer Monarch, der sich hinter dem Titel des absoluten Machtinhabers versteckt. Alle Werte Agilulfs verschwinden in seiner leeren Rüstung, denn er ist ein Ritter, den es so nie gab oder hätte geben können. Und auch die Sinnlosigkeit des Krieges bringt Calvino treffend in einem Sat auf den Punkt: "Sowohl wir als auch die Gegner haben inzwischen vergessen, weshalb wir eigentlich kämpfen". Damit ist das Werk des Autors zeitloser und aktueller denn je, werden doch mit der politischen Führungsschwäche, den Werten, die gar nicht vorhanden sind, aber stolz als Banner vorneweg getragen werden und der Frage nach dem Sinn eines Krieges Themen angesprochen, die uns aktuell nicht minder beschäftigen.
Mein Fazit: Ein kurzer und kurzweiliger Roman, der authentisch, sprachlich gewandt und nicht ganz ernst den Leser gut unterhält und gleichzeitig zum Nachdenken anregt.