Rezension zu "Reise zum Ende der Lust" von P. B. Fuchs
Die Ich-Erzählerin Pembe verlässt für eine Woche ihre überschaubare Ehe in Deutschland und besucht das Land ihrer Eltern, die Türkei, um Sex mit sieben unterschiedlichen Männern zu haben. Sieben Nächte, sieben Männer, sieben Städte und dazwischen ein Leben von 40 Jahren.
P. B. Fuchs nutzt den Sex als Metapher für das Kennenlernen von unterschiedlichen Lebensentwürfen, die Biographien der Sexpartner als Vehikel um den Status quo der Türkei zu schildern. Mit der Auswahl der Männer aus verschiedenen Orten, sozialer Herkunft und Umfeld schafft sie einen Querschnitt durch die aktuelle türkische Gesellschaft und nutzt diesen zu einer detaillierten Betrachtung.
In dem die Protagonistin den Männern im wahrsten Sinne des Wortes ihren Körper öffnet und sie in sich hinein lässt, macht sie sie nackt, stellt sie aber nicht bloß, sondern ergründet so deren Ängste Sehnsüchte, Zwänge und Wünsche. Sie vergleicht sie mit ihren eigenen, mit denen sie jetzt und in der Vergangenheit konfrontiert war. Dabei stellt sie die türkischen Lebensformen, dem deutschen geplanten Leben gegenüber, das am besten ohne Zwischenfälle und unspektakulär verlaufen soll.
Es ist nicht das Leben zwischen den Kulturen, sondern die Ausgrenzung aus beiden, die mit eindrucksvoller Beobachtung beschrieben wird. Eine türkische Schwiegertochter ist hinnehmbar, ein türkischer Schwiegersohn nicht, diese Feststellung der deutschen Schwiegereltern Pembes, bringt es auf den Punkt. Die Autorin zeichnet Bilder, schafft eine Atmosphäre, die den Leser in Pembes Welt eintreten lässt. Durch innere Monologe distanziert sich P.B. Fuchs von ihrer Protagonistin und lässt so eine feine Ironie entstehen. Der Sex ist direkt, lustvoll oder frustrierend. Hier hält die Autorin gekonnt die Waage zwischen erregendem Voyeurismus und der Sinnhaftigkeit für die Geschichte.
P. B. Fuchs schreibt nüchtern und präzise, bedient sich kurzer Sätze um die Handling weiter zu bringen und schafft so eine flüssige, spannende Lektüre. In den Reflexionen Pembes bricht sie den Sprachfluss auf, spinnt längere Sätze zu einem Netz zusammen, das den Leser gefangen hält.
Wer ein Buch alla „Shades of Grey“ in der Türkei erwartet, liegt bei „Reise zum Ende der Lust“ falsch. Hier geht es darum, dass Sexualität der Kern jeglichen menschlichen Handels ist. Absolut empfehlenswert.