Cover des Buches Der Tod kommt nach Pemberley (ISBN: 9783426199626)
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Rezension zu Der Tod kommt nach Pemberley von P. D. James

Als Austen Fan, die gute Absicht anerkennen

von R-E-R vor 10 Jahren

Rezension

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R-E-Rvor 10 Jahren

Berühmte Romanvorlagen lange verstorbener Autorinnen fortzuführen, hat einen gewissen Reiz. Eines der erfolgreichsten Beispiele war der Roman “Scarlett” der Anfang der 1990er Jahre den Klassiker “Vom Winde verweht” von Margaret Mitchell zu Ende führte und eines der berühmtesten Liebespaare der Weltliteratur endlich vereinte: Scarlett O’Hara und Rhett Butler. Jane Austen hat in ihrem Roman “Stolz und Vorurteil” ebenfalls ein großes Liebespaar geschaffen. Elizabeth Bennet und Mr. Darcy, die gegen alle Konventionen und nach der Überwindung einiger Hindernisse zueinander finden. Ein zeitloser Romanstoff. Regelmäßige Verfilmungen durch die BBC (1980 und 1995 ) oder Kinoblockbuster (2005) ziehen noch heute Scharen von Romantikern in ihren Bann. Aber wie ging es nach der Hochzeit weiter?

Derbyshire, England 1803. Sechs Jahre sind vergangen, seit Elizabeth Bennet ihren Mr. Darcy und ihre Schwester Jane Mr. Bingley geheiratet haben. Beide Ehen sind glücklich und mit Kindern gesegnet. Die Bingleys haben sich ganz in der Nähe von Pemberley, dem Wohnsitz der Darcys angesiedelt. Das Leben fließt ruhig und beschaulich dahin. Am Vorabend des alljährlichen Balles zu Ehren von Darcys verstorbener Mutter wird die Idylle brutal gestört. Völlig unerwartet kommt in sturmzersauster Nacht Lydia Wickham, die missratene Schwester Elizabeths, ins Haus und behauptet ihr Gatte sei soeben im Wald nahe dem Herrenhaus ermordet worden.

P.D. James, die erfolgreiche britische Kriminalautorin entschuldigt sich schon im Vorwort bei ihrem literarischen Idol, “dass ich ihre geliebte Elizabeth in das Grauen einer Mordermittlung hineingezogen habe”. Wer die Romanvorlage kennt, weiß das das Auftauchen von Lydia im Haus der Darcys allein schon jede Menge Zündstoff birgt. Warum das so ist, beschreibt James in einem Vorwort, indem sie den Austen Roman kurz, präzise und humorvoll zusammenfasst.

Danach teilt James ihren Roman in fünf Teile, die sich mit dem Vorabend des Balles, der Mordnacht, der Voruntersuchung, dem Gerichtsprozess und den Auswirkungen des Urteils beschäftigen. Wirkliche Krimispannung, die man von James sonstigen Werken gewohnt ist, kommt nicht auf. Zuviel Augenmerk richtet sie auf die sprachliche und charakteristische Authentizität die, so der Eindruck, den Figuren aus der Romanvorlage möglichst nahe kommen soll. Die Dialoge wirken trotz oder vielleicht gerade wegen des antiquierten Tons gekünstelt und sind meist zu lang. Austen Fans werden die gute Absicht anerkennen, Krimi Fans sich langweilen.

Die Langeweile setzt sich fort, durch lange Passagen, die nichts mit dem Tathergang oder der Aufklärung des Falles zu tun haben. Die Haushaltführung eines englischen Landsitzes samt Lebensumständen der Herrschaft und der Dienstboten sind durch Fernsehserien wie “Downton Abbey” einer breiten Öffentlichkeit bekannt. James schreibt dennoch seitenlang zum Beispiel über das Seelenleben des einstigen Kutschers der nun durch Silberputzen sein Gnadenbrot verdient.

Den Nebenfiguren wird überhaupt viel Raum gegeben, während die “alten Helden” wie Elizabeth, Jane oder Mr. Bingley zu Statisten degradiert werden. Einzig Mr. Darcy erfährt mehr Aufmerksamkeit. Er hat das Amt des Friedensrichters inne und muss sich pflichtgemäß um die Aufklärung des Falles kümmern. Dies war für mich das spannendste am ganzen Roman. Die sachliche Beschreibung, wie ein Mordfall Anfang des 19. Jahrhunderts in England gelöst wurde. Hier gibt es für Interessierte einiges zu entdecken: Die Arbeit eines Friedensrichters, die Ausführungen zum Thema Berufung nach einem Schwurgerichtsurteil oder der Hinweis dass die Einführung von Plädoyers bei Gerichtsverhandlungen gerade erst in der Diskussion steht.

Alexandra Ripley hat 1991 den Wunsch vieler Leser rund um die Welt erfüllt, die Scarlett und Rhett endlich vereint wissen wollten. Jane Austen hat ihren Lesern diesen Wunsch bereits zu Lebzeiten erfüllt.

Warum also einen Krimi erfinden, der keine neuen Erkenntnisse bringt? Vielleicht wollte P.D.James einfach die nervige Lydia und Mr. Wickham aus der Romanvorlage loswerden. Das ist ihr sehr elegant gelungen. Austen Fans werden die gute Absicht anerkennen. Krimi Fans sich verständnislos langweilen.

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