Pali Meller

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Autor*in von Papierküsse.

Lebenslauf

Pali Meller , geb. 18.6.1902 in Sopron/Ödenburg (Ungarn), gestorben am 31.3.1943 im Zuchthaus Brandenburg-Görden, studierte Architektur in Wien, Stuttgart, Karlsruhe und Rom. Er arbeitete zunächst in Rotterdam als Assistent des Architekten J. J. P. Oud, dann im Büro von Otto Bartning in Berlin.

Quelle: Verlag / vlb

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Cover des Buches Papierküsse (ISBN: 9783608946994)

Papierküsse

 (3)
Erschienen am 10.02.2012

Neue Rezensionen zu Pali Meller

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Rezension zu "Papierküsse" von Pali Meller

Rezension zu "Papierküsse" von Pali Meller
WinfriedStanzickvor 11 Jahren

Über siebzig Jahre waren die hier von Dorothea Zwirner herausgegebenen Briefe von Pali Meller an seine beiden Kinder im Besitz der Familie, bis sie nun von seinen Enkeln der Öffentlichkeit übergeben wurden.

Dorothea Zwirner hat den 24 hier dokumentierten Briefen und den zwei Postkarten, die Pali Meller aus dem Strafgefängnis Plötzensee in den Jahren 1942 und 1943 an seine beiden Kinder Paul und Barbara geschrieben hat, eine über zwei Dutzend Seiten umfassende biografische Skizze angefügt, die man vielleicht zuerst lesen sollte, um den Zusammenhang und den Inhalt der jeweiligen Briefe besser zu verstehen.

Sich durch die katholische Religion seiner früh verstorbenen Frau geschützt wähnend, besaß der jüdische Architekt Pali Meller dennoch gefälschte Abstammungsnachweise. Er verkehrte in der Berliner Boheme und hatte dort zahlreiche Affären. Eine der Frauen, mit denen er verkehrte, denunzierte ihn als glühende Nazianhängerin, und so wurde er im Februar 1942 verhaftet.

Im Gefängnis beginnt er Briefe an seine beiden Kinder zu schreiben. Die nicht erhalten gebliebenen Antworten von Paul (11) und Barbara (7 helfen ihm, den Hunger und die Sehnsucht nach der Freiheit besser zu ertragen. Auf einem hohen sprachlichen Niveau (seine Kinder waren offenbar sehr gebildet) schreibt Meller an seine Kinder, und verfolgt ihren Alltag, den sie ihm in ihrem Antworten regelmäßig schildern. Immer wieder kommt in diesen Briefen, die völlig frei sind von jeglicher Angst und Trauer, die er doch täglich gespürt haben muss in seiner in unmenschlichen Haft, seine Lebenshaltung ans Licht. Sein Ziel nicht aus den Augen verlieren, immer das Beste zu sehen, und den Mitmenschen etwas Gutes zu tun. Und vor allen Dingen: niemals aufzugeben.

Irgendwann wird ihm deutlich geworden sein, dass er seine Kinder nicht mehr wiedersehen wird. Tatsächlich starb Pali Meller im März 1943 an Tuberkulose. In einem seiner Briefe schreibt er, die Zukunft erahnend:
„Eines Tages komme ich und hole mir alle versäumten Küsse. Bis dahin bleibt es bei Papierküssen.“
Und in einem anderen formuliert er einen Satz, der seinen Kindern und Enkel wohl über lange Zeit viel Kraft gegeben hat:
„Denn wer weiß, wie lange diese Briefe das Einzige sind, was wir einander geben können, und wir wollen diese Zeit nutzen und uns sättigen an dem Schönen, was sie uns gibt, und blind bleiben für die Bitternis, die in ihr verborgen sein mag.“

Allen Lesern, die selbst aus diesen mutigen und starken Sätzen Kraft geschöpft haben, möchte ich auf ein wunderbares Buch aus dem Warschauer Ghetto hinweisen, das Anfang Februar 2013 erscheint: Eva Weaver, Jakobs Mantel, Droemer Verlag.

Cover des Buches Papierküsse (ISBN: 9783608946994)
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Rezension zu "Papierküsse" von Pali Meller

Rezension zu "Papierküsse" von Pali Meller
Gospelsingervor 12 Jahren

Die Mutter tot, der jüdische Vater wegen eines gefälschten Herkunftsnachweises und wegen „Rassenschande“ im Zuchthaus - keine einfache Situation für den 11jährigen Paul, genannt Pila, und die 7jährige Barbara, genannt Barra. Wenigstens haben sie die Haushälterin Franziska Schmitt, von der sie aufgezogen werden.
Und sie haben trotz der Trennung etwas von ihrem Vater Pali Meller: Briefe und Postkarten, die er ihnen 1942/43 aus der Gefangenschaft schreibt und mittels derer er versucht, aus der Ferne an ihrer Erziehung teilzuhaben. 24 Briefe und 2 Postkarten sind in diesem tief berührenden Buch abgedruckt, zusammen mit einigen Fotos der Familie. Am 31.03.1943 starb Pali Meller in der Haft an Lungentuberkulose.
Pali Meller war Architekt, die Kinder wuchsen also im klassischen Bildungsbürgertum auf. Ballett, Musik und Literatur waren allgegenwärtig, und die Bildung der Kinder wurde vom Vater nachhaltig unterstützt.
Es sind keine einfachen Briefe, die Pali Meller schreibt. Ich fand es erstaunlich, wie viel Verständnisfähigkeit seine Kinder in diesem Alter offensichtlich schon hatten. Die Sprache der Briefe ist weit entfernt von der heutigen Kommunikation.
Meller nimmt seine Kinder ernst, diskutiert mit ihnen auf einem für Kinder dieses Alters sehr hohem Niveau und korrigiert ihren Schreibstil. In allen seinen Briefen wird deutlich, wie sehr Meller seine Kinder liebt, und das macht dieses Buch zu einem sehr ergreifenden Dokument.
Dieses Buch sollte Schullektüre werden.

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Rezension zu "Papierküsse" von Pali Meller

Rezension zu "Papierküsse" von Pali Meller
Clarivor 12 Jahren

Liebevolle und schmerzliche Erinnerungen....

Zahlreiche Erinnerungsbücher über die quälenden Erlebnisse im Dritten Reich sind im Laufe der Jahre seit Beendigung des zweiten Weltkriegs erschienen.
In den hier vorliegenden Briefen von Pali Meller an seine Kinder zeigt sich einmal mehr eine Erinnerungslektüre, die ungewöhnlich und zutiefst anrührend ist. Es handelt sich um Briefe, die ein jüdischer Bürger ungarischer Herkunft an seine Kinder aus dem Zuchthaus geschrieben hat.
Zur Zeit der Verhaftung im Februar 1942 wohnte Pali Meller mit seinen Kindern in Berlin. Sie waren nach dem frühen Tod der Mutter der Obhut einer Haushälterin anvertraut.

Pali Meller entstammte einer ungarischen Großbürgerfamilie mit jüdischen Wurzeln. Sein Architekturstudium führte ihn zu einer Gruppe von namhaften Bauhausarchitekten. Vorübergehend lebte und arbeitete er in Holland, wo er seine Frau, eine Tänzerin, kennen gelernt hatte. Aus der 1929 geschlossenen Ehe gingen ein Sohn und eine Tochter hervor. 1935 verlor P.M. seine Frau durch einen Autounfall. Mit ihrem Tod büßte er als Jude zugleich den Schutz seiner katholischen Mischehe ein.

Ab 1935 galt das auf dem Reichsparteitag der NSDAP erlassene Blutschutzgesetz, das Ehen und Beziehungen zwischen Juden und „Deutschblütigen“ ab sofort unter Strafe stellte. Dieses Gesetz sollte Pali Meller zum Verhängnis werden.

Zunächst konnte er noch lange mit gefälschten Papieren seine jüdische Herkunft verschleiern. Vermutlich durch Verrat geriet er in die Mühlen der Nazijustiz und wurde im Februar 1942 verhaftet und bald darauf wegen Rassenschande und Urkundenfälschung zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Am 31. März 1943 verstarb er im Zuchthaus Brandenburg - Görden an Krankheit und Entkräftung.

Seine Briefe an den elfjährigen Sohn Pila und die siebenjährige Tochter Barbara bilden eine Art Vermächtnis und Zeugnis über das Jahr, in dem er zuletzt den schikanösen Haftbedingungen zum Opfer fiel.

Pali zeigte sich in seinen Briefen aufgeklärt und gleichberechtigt im Umgang mit seinen Kindern. Er teilt seine Gedanken mit ihnen und versucht, ihnen Hoffnung, Trost und Zuversicht zu bieten! Sein unverbrüchliches Interesse gilt ihrem Werden und Gedeihen, und immer wieder bezeugt er ihnen seine innige Liebe und Zugehörigkeit. Die Briefe der Kinder sind nicht erhalten, doch darf man aus seinen Antworten schließen, dass auch sie sich bemühten, den Kontakt zum Vater eng zu gestalten.

Zu seinem eigenen 40. Geburtstag schreibt er dem Sohn, wie schnell die Zeit vergeht, und wie kurz alles im Nachhinein erscheint. “Denn zurückblickend ist alles nur eine Sekunde, ein Bild, ein Klang, ein Wort! Also wir glauben daran: das Leben beginnt mit vierzig! Und wir werden uns das Leben schon lebenswert machen, mein Alter!“
Diese Diktion zeigt seine Fähigkeit, die Kinder gleichberechtigt in seine Gedanken mit einzubeziehen und sie ernst zu nehmen.

Wie schmerzvoll seine Erfahrungen aber auch in ihrer Dimension menschlicher Not und Verzweiflung waren, kann man ebenfalls aus den so liebevoll formulierten Briefen ablesen.

Herausgegeben wurden die Briefe mit vielen Anmerkungen, Quellenangaben, Faksimiles, Fotos und einem Nachwort versehen von Dorothea Zwirner.

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