Cover des Buches Feuerland (ISBN: 9783608504392)
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Rezension zu Feuerland von Pascal Engman

"Feuerland" - der fulminante Start einer neuen Thriller-Reihe

von herrzett vor 4 Jahren

Rezension

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herrzettvor 4 Jahren

“Feuerland” von Pascal Engman ist der Auftaktroman einer neuen Thriller-Reihe handelt von organisiertem Verbrechen, illegalem Organhandel, korrupten Polizisten und irgendwie auch von Freundschaft und Vertrauen. Gut, es jetzt kein sonderlich neuartiges Thema, denn Organhandel, Korruption und Co tauchen immer mal wieder auf, aber das Cover und die ersten Seiten haben mich dazu getrieben dieses Buch unbedingt lesen zu wollen. Alles beginnt recht harmlos mit einem Überfall eines Uhrenladens. Nichts wird gestohlen, niemand als Geisel genommen oder großartig bedroht und doch gerät dabei etwas sehr wichtiges in fremde Hände.


Vanessa Frank ist Gruppenführerin/Kriminalkommissarin einer Sondereinheit der Stockholmer Polizei oder besser gesagt sie war es, denn sie wurde betrunken am Steuer erwischt und musste nun eine Auszeit nehmen. Wir begegnen ihr das erste Mal bei ihrem Besuch einer Psychotherapie, die sie besucht, um ihren guten Willen zu zeigen. Der Job bedeutet ihr alles bzw. füllt ihren Tag und ohne diese Tätigkeit fällt sie nun in ein Loch. Sie lässt sich gerade von ihrem Mann scheiden und mit zweiundvierzig ist sie nun an einem Wendepunkt in ihrem Leben angelangt, an dem so eine Suspension einfach nicht hilfreich wäre. Sie braucht eine Beschäftigung und so stürzt sie sich dann trotz Auszeit in einen neuen Fall. Reiche Geschäftsmänner werden entführt und nach Zahlung der Lösegelder unversehrt wieder frei gelassen. Ungefähr zeitgleich verschwinden in Stockholm verwaiste Kinder von der Straße und aus Flüchtlingsunterkünften. Vanessas Schützling Nastasja, ein aus Syrien geflüchtetes Mädchen, ist eines Tages nicht wieder in ihrer Unterkunft aufgetaucht und die Ermittlerin geht verdeckt auf Spurensuche. Was sie dabei nicht ahnt, die einzelnen Fälle hängen miteinander zusammen und mit ihrer Suche nach Nastasja gerät sie dann sehr, sehr schnell ins Visier eines großen, gewalttätigen Netzwerks, das wirklich vor nichts und niemandem Halt zu machen scheint und sie um die halbe Welt jagen wird.


Mehr möchte ich dann auch noch nicht verraten, denn hier dröselt sich ein wirklich sehr brisanter Fall auf, bei dem nicht nicht nur ein Kopf rollt und der mich vor lauter Aufregung gegen Ende hin auch nicht mehr ruhig sitzen lies. Aber eins nach dem anderen, denn zunächst ist dieses Buch wirklich ein unendlicher Krampf. Nachdem mich die ersten Seiten noch so begeistern konnten, zieht sich die Geschichte ungefähr bis zur Hälfte des Buches hin. Auch der allgemeine Plot ist jetzt keine allzu große Überraschung und doch nimmt die ganze Handlung erst mit der Bedrohung Vanessas so wirklich Fahrt auf. Alles beginnt recht ruhig und die Geschichte wird auf drei Handlungsstränge verteilt. Der eine spielt in Feuerland, also Chile. In der Colonia Rhein werden in einer Klinik Organtransplantationen vorgenommen. Diese Organe stammen aus einer Bank, die seit den Neunzigern mit eingefangenen, verwaisten Straßenkindern der umliegenden Gegenden bestückt wird. Doch deren Anzahl ist endlich und so müssen Carlos und seine Männer nun neue Wege finden, an junge Organe zu gelangen. Ein Zeitungsartikel macht sie auf verschwundene Flüchtlingskinder in Schweden aufmerksam und so wollen sie nun hier ihr Glück versuchen. Das bestehende Drogennetzwerk nach Schweden macht es ihnen einfach, sie suchen nach Kontakten und breiten dann ihre Fänge aus. Im zweiten Handlungsstrang dreht sich dann alles um Nicholas und seinen Freund Ivan. Sie führen scheinbar ein ganz normales Leben, haben hier und da einzelne Probleme und versuchen nun an Geld zu kommen. Gemeinsam gehen sie in Stockholm auf Beutezug und erpressen reiche Geschäftsleute. Und dann gibt es noch Vanessa mit ihren Problemen, die Geschichte wie sie Nastasja kennenlernt und später die Spurensuche nach dem verschollenen Kind, den Kriminellen und dem Kampf um ihr eigenes Leben.

Alle Protagonisten ‘spielen zunächst’ mehr in ihrer eigenen Welt, doch im Verlauf der Geschichte überkreuzen sich die Ereignisse und die Handlung gewinnt dadurch zusehend an Spannung. Es ist so, als hätte sich nach der ersten Hälfte plötzlich ein Schalter umgelegt und die Handlung legt plötzlich den Turbogang ein. Und ab diesem Punkt kann man dieses Buch dann auch nicht mehr so einfach aus der Hand legen. Man fiebert mit den ‘guten Protagonisten’ mit, rätselt und stößt gemeinsam mit ihnen auf korrupte Gegenspieler und große Machthaber. So gerät man mit Vanessa hin und wieder in einen Hinterhalt, verläuft sich und hofft stur auf ein HappyEnd. Doch dieses wird es nicht für alle Beteiligten geben, denn es finden einfach viele große Blutbäder statt und die kriminelle Legion macht auch vor Unschuldigen keinen Halt. Und so war für mich der Verlust einzelner Charaktere und das Ende teilweise dann doch recht unerwartet. Unerwartet krass würde ich beinahe schon sagen und so gibt es einfach kein Entkommen mehr. Gegen Ende hin habe ich mir dann sogar eine halbe Nacht um die Ohren geschlagen, einfach um der Aufklärung schneller näher zu kommen, denn eine Pause einzulegen war für mich nahezu unmöglich. Und so ist es tatsächlich auch das perfekte Wochenbuch, denn während der erste Teil sich wunderbar abschnittsweise am Abend lesen lässt, umso mehr Aufmerksamkeit und freie Zeiträume am Wochenende bedarf dann die zweite Hälfte. So schlug dann auch meine Begeisterung von “Naja” auf “Woah, krasses Buch” um. Engman versteht es nach der Heranführung innerhalb dieser kurzen, abwechselnden Kapitel sehr viel Druck und Spannung aufzubauen. Natürlich kann man sich das Ende denken, denn es wäre komisch wenn bereits im ersten Teil die Ermittlerin stirbt und doch schwappt die Anspannung förmlich über und man rast durch die Seiten. Neben diesem Organhandel kommen diese Machtspiele zwischen Arm und Reich, aber auch die Abhängigkeiten der ärmeren Regionen bzw. der Menschen innerhalb der Kolonie sehr stark zum Ausdruck. Korruption dringt bis ins Polizeipräsidium und das Opfern von Menschen, dieser Machtmissbrauch, diese Habgier, diese Angst nimmt einen dann schon sehr mit. Ich bin von “Feuerland” begeistert (einziger kleiner Kritikpunkt dieser recht lange Einstieg) und hoffe nun auf eine rasche Fortsetzung, aber erst einmal brauche ich jetzt unbedingt etwas leichteres zum Abschalten.

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