Der neu erschienene Roman „Herzbruch“ von Patricia Paweletz erzählt die Geschichte eines Trauerprozesses. Die Logopädin Sarah verliert erst ihren geliebten Mann, der an einer Krebserkrankung stirbt, und wenig später ihr ungeborenes Kind durch eine Fehlgeburt. Der Roman setzt nach diesen Ereignissen ein. Die Ich-Erzählerin schildert in zahlreichen Bildern ihren Zustand der Erstarrung, versucht mit Worten einzufangen, wie es in ihrem Inneren aussieht. Sie befindet sich in einem „dunklen Schacht“, empfindet eine „Art Lähmung“, „vergleichbar mit der Winterstarre von Amphibien und Reptilien“. Sie ist von einem „inneren Gefrieren“ ausgefüllt, einem „schwarzen Block“. Dies sind nur einige Beispiele für den Versuch über den Weg der Metaphern Worte zu finden für das Unsagbare des Schmerzes. Nur mit größter Mühe bewältigt Sarah die Anforderungen des Alltags: „Mein Hamsterrad hat sich ausgedreht, ist zum Stillstand gekommen.“ Die Diktion der Erzählerin ist dabei eher hart als selbstmitleidig, sie bezeichnet sich selbst als „Trauergerippe“ und kann verstehen, dass sich Freunde zurückziehen. Die Therapeutin ist „unerträglich“ einfühlsam. Dennoch folgt sie – wenn auch widerwillig, da sie Gruppen immer schon hasste – deren Rat sich einer Trauergruppe anzuschließen.
In der Anfangszeit kann Sarah den anderen Teilnehmern nicht ins Gesicht sehen, studiert im Sitzkreis stattdessen deren Schuhe und zieht daraus Rückschlüsse auf die jeweilige Person; immer wieder verlässt sie die Gruppe spontan und flüchtet ins Freie um nach einiger Zeit zurückzukehren. Einem Gruppenmitglied kommt sie mit der Zeit näher (oder vielmehr er ihr). Johannes, der seinen Bruder verloren hat, nimmt sie mit auf eine Reise nach La Gomera, wo Sarah durch spirituelle Erlebnisse sich selbst wieder spürt und ihrem Wunsch näher rückt: „Ich will wieder ich sein.“ Sie kann sich auch wieder anderen Menschen öffnen, doch so linear einfach verläuft der Prozess nicht. Nach der Rückkehr muss die Erzählerin noch einige Entwicklungs- und Erfahrungsschritte vollziehen, auch mithilfe der Gruppe, bis sie in der Lage ist, sich dem eigenen Leben und der Zukunft zuzuwenden.
Patricia Paweletz schildert diesen Prozess glaubhaft in einem eher klaren, bisweilen sarkastischen Stil, was dem Thema die Schwere nimmt. Gelungen auch die Einflechtung von Rückblenden, Briefen des Verstorbenen und vor allem Leitmotiven wie den Schuhen, die in unterschiedlichen Lebenssituationen für die Erzählerin immer wieder eine im Doppelsinne ‚tragende‘ Rolle spielen. So gewinnt der Romantext zusätzliche Dichte. „Herzbruch“ ist kein Ratgeberbuch für Trauerbewältigung, aber eine erhellende und stellenweise auch berührende Nachzeichnung eines schmerzhaften Wegs, dargestellt mit überzeugenden literarischen Mitteln.