Rezension zu "Darling!" von Patrick Dennis
"Diese lebenslustige und unkonventionelle Tante werden Sie für immer in Ihr Herz schließen!" - The Washington Star
-Man kann es nicht anders sagen - einen so charmanten und mitreißenden Menschen wie Tante Mame findet man so perlenhaft selten, dass das eigene Leben beinahe grau erscheinen mag.
-Der Roman von Patrick Dennis, erzählt aus der Sicht des gleichnamigen Protagonisten das Leben von Tante Mame, eines charismatischen Menschen, den man nie vergisst. Diese Perspektive ist zuerst etwas ungewohnt, da es sich bei ihm zunächst um ein Kind handelt, aber da man ihn bis in seine Dreißiger in dem 408 Seitenbuch begleitet, stellt seine Naivität und Neugier kein Problem dar.
Zwar erfährt man trotz Ich-Perspektive ungewohnt wenig von Pats Innenleben, aber Tante Mame ist ja auch dir Hauptperson, das Herzstück dieses Buches. Und ihr gesamter Zauber, ihre Aura würde wahrscheinlich verloren gehen, sollte sie dir Perspektive übernehmen.
-Das Buch wurde mir von einem Kumpel zum Geburtstag geschenkt mit den Worten: Ich dachte mir, das passt zu dir. (seriously, danke dafür an der stelle) Ohne das Buch gelesen zu haben, klingt es nun mal nach einer absurden Komödie, die slapstickhafter nicht sein könnte - aber es ist so viel mehr. Eine wendungsreiche Wucht, die man erstmal verdauen muss. So vielseitig (nicht nur an der Seitenzahl bemessen), dass man es gleichzeitig verschlingt, aber langsam kauen muss. Ich glaube, schon so einige Vorkommnisse hab ich peinlicherweise schon wieder vergessen.
-Jetzt aber zum "professionellen" Buchevaluieren.
"Darling" ist, trotz Date of Release 1955, Renewed 1883 sehr angenehm zu lesen. Es birgt einen erhabenen Schreibstil, aber auch mit viel Finesse in den Dialogen, allzu viel inneren Monolog gibt es nicht, nur Zeitsprünge, bei denen dann die Geschehnisse nacherzählt werden müssen.
Bei den Zeitsprüngen hätte man gut mit Jahreszahlen an jedem Kapitelbeginn arbeiten können, um mit Patricks Alter nicht durcheinander zu kommen. Aber als aufmerksame*r Leser*in sollte man gut auch ohne auskommen.
- Zu den Charakteren will ich eigentlich gar nicht so viel sagen, nur dass der Facettenreichtum, die Macken, die Eigenheiten, die Farben und Lebendigkeit der Figuren einfach hinreißend ist.
-Man merkt dennoch an einigen Stellen, aus welcher Zeit das Buch stammt, wenn rassistische, stereotypische Aussagen über beispielsweise Japaner ganz casual getätigt werden und auch der als common sense angesehene Antisemitismus schockierend zum Vorschein tritt. Aber historischer Kontext, Zeitalter des Autors etc....
Deswegen würde ich, wenn das Buch heute erscheinen würde, definitiv eine Triggerwarnung einbauen.
Fazit: Lesen. Tante Mame kennenlernen. Zuhause fühlen, obwohl die ganze Zeit Umzug. Leben lernen. Lesen.