Patrick McGuinness

 4,1 Sterne bei 56 Bewertungen

Lebenslauf

Patrick McGuinness, 1968 in Tunesien geboren, ist Schriftsteller (Lyrik und Romane) und Literaturwissenschaftler. Er ist Professor für Französisch und Vergleichende Literaturwissenschaften in Oxford. Als Sohn einer Belgierin und eines Engländers mit irischen Wurzeln wuchs Patrick McGuinness in Belgien, Venezuela, Iran, Rumänien, Frankreich und Großbritannien auf. 2004 erschien sein erster Gedichtband ›Canals of Mars‹. 2007 folgte ›19th Century Blues‹ und 2010 ›Jilted City‹. Außerdem hat er autobiografische und wissenschaftliche Abhandlungen verfasst. Sein erster Roman ›Die Abschaffung des Zufalls‹ (auf Deutsch bei Zsolnay) war 2011 Finalist beim Booker-Preis und erhielt den Prix du premier roman. Für ›Den Wölfen zum Fraß‹ wurde ihm 2020 der Encore Award zugesprochen für das beste zweite Buch. Patrick McGuinness lebt in Oxford und Wales. 

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Patrick McGuinness

Cover des Buches Den Wölfen zum Fraß (ISBN: 9783772530289)

Den Wölfen zum Fraß

 (50)
Erschienen am 16.03.2022
Cover des Buches Die Abschaffung des Zufalls (ISBN: 9783552055803)

Die Abschaffung des Zufalls

 (6)
Erschienen am 30.07.2012

Neue Rezensionen zu Patrick McGuinness

Cover des Buches Die Abschaffung des Zufalls (ISBN: 9783552055803)
Jorokas avatar

Rezension zu "Die Abschaffung des Zufalls" von Patrick McGuinness

Rumänien in Zeiten des Umbruchs
Jorokavor einem Jahr

Der Ich-Erzähler, gerade mal Anfang 20, zieht Mitte April des Jahres 1989 von England nach Bukarest und tritt dort eine Stelle an der Universität an, für die er sich nicht explizit vorgestellt hat. Er bezieht die Wohnung eines gewissen Dr. F. Belanger, der überstürzt abgereist zu sein scheint und ihm einen kompletten Hausstand nebst abgelegter Kleidung zurückgelassen hat. Er freundet sich bald mit Leo an, schon ein paar Jahre in der Stadt, auch Ausländer und der mit ihm an der Uni zusammen arbeitet. Wie zufällig lernt er Cilea, die Tochter eines Ministers kennen, mit der ihn ein sexuelle Liaison verbindet. Doch kann er ihnen trauen? Im Überwachungsstaat stellt er bald fest, dass es nicht so einfach zu erkennen ist, wer Freund, wer Feind ist. Außerdem findet er heraus, dass Cilea mit Belanger zusammen war. Was hat das zu bedeuten? Vor allem durch die Unterstützung Leos bekommt er schon bald einen tiefen Einblick, wie der Macht- und Korruptionsapparat in Rumänien funktioniert und wie man sich bestmöglich sein alltägliches Leben organisiert.


Gut eine halbes Jahr vor dem Zusammenbruch des Regimes lernt der Ich-Erzähler die unterschiedlichen Gesichter einer Stadt kennen, die Stück für Stück vom Erneuerungswahn der Führungsriege zerstört wird. Stadtteil nach Stadtteil wird dem Erdboden gleich gemacht, damit neue Prachtbauen oder billige Wohnblocks entstehen können. Während der größte Teil der Bevölkerung hungert bzw. wenigstens Schwierigkeiten hat, die Grundnahrungsmittel zu beschaffen, schlagen sich die Parteifunktionäre, aber auch Ausländer in speziellen Restaurants die Mägen mit internationalen Köstlichkeiten voll.


Über 22 Jahre (seit Erscheinen des Romans) liegt der Zusammenbruch des Regimes der Ceausescus zurück, aber ich kann mich noch gut an die Fernsehbilder des hingerichteten Diktatorenpaares erinnern. In der damaligen Zeit des Umbruchs im Osten war es für mich nur eine von vielen Randnotizen einer sich grundsätzlich wandelnden Welt in Europa. Das Buch bietet die Möglichkeit, nochmals tiefergehend zurück zu schauen. Man erfährt etwas über die Zeit vor und während der Revolte.


In einem gut konstruierten, recht verzweigten Handlungsverlauf bietet der Ich-Erzähler eine sichere Orientierungsbank. Viele interessante Personen werden in der Ablauf mit hinein verwoben, der vordergründig ideologie-geheilte Ex-Oberkommunist Trofim, der an zwei Versionen seiner Biografie schreibt, der Weltverbesserer Petre, der ein Parallel-Unterstützungs-System aufzubauen versucht und Fluchten organisiert, seine Halbschwester , die in einem Krankenhaus die hoffnungslose Stellung zu halten versucht, der schmierige Diplomat der britischen Botschaft Wintersmith und viele mehr. Die verschiedenen Stränge sind aber so geschickt ineinander verschachtelt, dass der Roman nicht überladen wirkt, sondern jeder neue Aspekt ein neues Puzzleteil für die Gesamtschau bereitstellt.


Eine gelungene Mischung aus Thriller, Liebesgeschichte und Zeitgeschehen.


Fazit: Man wird in die spannende Geschichte regelrecht hineingezogen. Von meiner Seite sehr zu empfehlen.

Cover des Buches Den Wölfen zum Fraß (ISBN: 9783772530289)
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Rezension zu "Den Wölfen zum Fraß" von Patrick McGuinness

aktuelle Lektüre mit Längen
Nele33vor 2 Jahren

          "Den Wölfen zum Fraß" des Autors Patrick McGuinness würde ich nicht als Krimi, sondern eher als Roman mit kriminalistischem Einschlag bezeichnen.

Die Geschichte beruht auf einem wahren Kriminalfall, der sich an einem Elite College ereignet hat.

Eine junge Frau wird am Flussufer in Kent, nahe bei London aufgefunden. Gary und Ander werden mit den Ermittlungen betraut. Besonders bizzar dabei, Ander hat das Nobel Internat selber besucht und wurde vom Hauptverdächtigen unterrichtet. Die Medien veranstalten eine Hetzjagd auf den mittlerweile pesionierten Lehrer Michael Wolphram.

Patrick Mc Guinnes lässt den Protagonisten als Ich-Erzähler sowohl in die Vergangenheit als auch in die Gegenwart eintauchen und vermittelte mir dadurch ein äußerst stimmiges Bild. Während Ander sich auf die Suche nach der Wahrheit begibt, zeigt sich bei Gary die beeinflussbarkeit der Menschen durch die Medien.

Das Buch war vom Schreibstil herausragend, hatte allerdings auch seine Längen in den einzelnen Beschreibungen.

Dieses Buch war keine leichte Kost, jedoch ein wahrer Lesegenuss.


Cover des Buches Den Wölfen zum Fraß (ISBN: 9783772530289)
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Rezension zu "Den Wölfen zum Fraß" von Patrick McGuinness

Sehr tiefgründiger und aufwühlender Roman
booklovingvor 2 Jahren

MEINE MEINUNG

Mit seinem neuen Buch „Den Wölfen zum Fraß“ hat der britische Autor Patrick McGuinness einen fesselnden und äußerst tiefgründigen Roman vorgelegt, der mit seiner einzigartigen Atmosphäre, scharfsichtigen gesellschaftlichen Analyse und beklemmenden Einblicken in die Abgründe der menschlichen Seele sehr viel mehr als ein reiner Kriminalroman ist. 

Ein bemerkenswertes Meisterstück in meinen Augen – auch wenn der anspruchsvolle, sprachgewaltige und detailverliebte Erzählstil mir einiges an Aufmerksamkeit und Konzentration abgefordert hat, und ich erst eine Weile brauchte, um in der Geschichte anzukommen. 

Der Kriminalfall basiert übrigens auf wahren Begebenheiten und greift den Mord an der 25-jährigen Joanna Yeats und die umfangreichen polizeilichen Ermittlungen rund um den ehemaligen Lehrer von Patrick McGuinness im Jahre 2010 auf.

Bereits der faszinierende Einstieg mit atmosphärisch dichten Beschreibungen des außergewöhnlichen Schauplatzes baut eine düstere, unheilvolle Spannung auf. Auch die prägnante, humorvolle Charakterisierung der Akteure konnte mich auf Anhieb fesseln.

McGuinness versteht es hervorragend, Stimmungen und Bilder mit viel Feingefühl, großer Eindringlichkeit und aus einer originellen Perspektive einzufangen und anschaulich zu beschreiben.

Es entspinnt sich eine facettenreiche, bisweilen ausschweifend erzählte Geschichte mit unterschiedlichen Blickwinkeln, bizarren Beobachtungen und losen Zusammenhängen, die wir aus der Ich-Perspektive des ermittelnden Detective Ander erleben. 

Angelegt ist die Handlung auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen: Zum einen verfolgen wir den Fortgang der aktuellen Mordermittlungen und zum anderen erhalten wir in Rückblenden erschütternde Einblicke in Anders Erinnerungen an seine Schulzeit auf einem englischen Elite College in den 1980ger Jahren.

Im Mittelpunkt des Krimis stehen die beiden sehr unterschiedlichen Polizisten Ander und Gary, die mit den Ermittlungen zum Mord an der jungen Zalie Dyer befasst sind. Sehr fesselnd ist es mit zu verfolgen, wie die zwei die Vernehmungen des verhafteten Haupttatverdächtigen, dem pensionierten Lehrer Michael Wolphram führen und beharrlich ihre Nachforschungen trotz etlicher Widerstände vorantreiben. Trotz ihrer völlig gegensätzlichen Charaktere harmonieren sie hervorragend zusammen und ergänzen einander, so dass es ihnen schließlich in akribischer Kleinarbeit gelingt, die richtigen Verbindungen zu ziehen und den Mordfall aufzuklären. 

Dem versierten Autor gelingt es sehr überzeugend, die beiden zunächst nicht zusammenhängenden Handlungsstränge allmählich miteinander zu verknüpfen, Hintergründe und Verbindungen allmählich immer deutlicher zu Tage treten zu lassen und aus den verschiedenen Puzzlesteinchen schließlich ein erschütterndes Gesamtbild zu präsentieren. 

Geschickt führt uns der Autor die Folgen von Social Media-Auswüchsen, Sensationsgeilheit und die Macht der Medien in der Beeinflussung der öffentlichen Meinung vor Augen. Omnipräsente Medienberichterstattung, die weniger an guter Recherche und der Wahrheit als an Aufmerksamkeit und hohen Klickzahlen interessiert ist, befeuert bewusst mit immer neuen Verleumdungen durch ehemalige Kollegen, Schüler und Nachbarn eine gnadenlose Hetzkampagne gegen den Tatverdächtigen. Zudem enthüllt der Autor am Beispiel des scheuen, alleinstehenden und hochintellektuellen pensionierten Englisch-Lehrers sehr anschaulich, wie leicht man als exzentrischer Außenseiter allein durch seine Andersartigkeit zum suspekten Sonderling, perfekten Opfer von haltlosen Vorverurteilungen und schließlich zum perversen Monster wird. Eine hochaktuelle Thematik, die angesichts der grausamen Mechanismen und Folgen von Denunziation aufrüttelt und sehr nachdenklich stimmt.

Auch die eindringlichen, verstörenden Einblicke in Anders harte Zeit an einer tyrannischen englischen Eliteschule, die beklemmenden Praktiken von willkürlicher Züchtigung und Entwürdigung von einigen Schülern durch sadistische Lehrer, gehen unter die Haut und offenbaren eine höchst verabscheuenswürdige Weltsicht der „Eliten“ geprägt von Rassismus, Standesdünkel und Arroganz. 

Der Autor zeichnet seine beeindruckenden Charaktere sehr vielschichtig und glaubhaft. Dennoch habe ich sie aus einer gewissen Distanz heraus wahr genommen, was einen ungetrübten Blick und eine objektive Einschätzung der Geschehnisse erleichtert.

Sehr faszinierend beschreibt Patrick McGuinness die Zusammenarbeit und die amüsanten Schlagabtausche zwischen dem intellektuellen Uni-Absolventen Detective Ander, von allen stets mit Prof angesprochen, und seinem eher derben, taffen Kollegen Gary mit seiner höchst realistischen, zynischen Sicht auf die Dinge. Einen nachhaltigen Eindruck hat Ander mit seiner einfühlsamen, facettenreichen Persönlichkeit auf mich hinterlassen, seiner Entschlossenheit, aufgrund der belastenden Erlebnisse in der Vergangenheit, die Wahrheit herauszufinden und Mr. Wolphram Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. 

FAZIT

Ein fesselnder, sehr tiefgründiger und aufwühlender Roman mit einem anspruchsvollen Schreibstil, in den man erst hineinfinden muss!

Ein lesenswertes Meisterstück mit beklemmenden Einblicken in die Abgründe der menschlichen Seele und prägnanter Gesellschaftskritik!


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