Verblassende Erinnerungen.
von Gulan
Kurzmeinung: Ein kurzes, aber tiefgründiges Buch des Nobelpreisträgers über Erinnerung, Identität und verlorene Zeit.
Rezension
Meine erste Begegnung mit dem frischgebackenen Literaturnobelpreisträger Patrick Modiano. Ein sehr angenehmer, leichter, melancholischer Schreibstil. Die Handlung ist überschaubar, dafür schwingt sehr viel Tiefgründiges, Philosophisches zwischen den Zeilen mit. Es geht um (verblassende) Erinnerungen, (unklare) Identitäten und (verlorene) Zeit.
Der Ich-Erzähler, von dem der Leser eigentlich sehr wenig erfährt, hat damals drei Koffer voller Bilder von Jansen katalogisiert – vom Fotografen eher spöttisch kommentiert. Jansen selbst hat das Interesse an seinen Aufnahmen weitgehend verloren. Der Erzähler versucht aus der Gegenwart heraus, sich an Jansen und die Begegnungen in jenem Frühling zu erinnern. Dies gelingt mal mehr, mal weniger. Oft sind die Pariser Schauplätze klar und präzise beschrieben, während die Personen seltsam undeutlich bleiben. Die Erinnerungen bleiben vage, die verlorene Zeit lässt sich nicht zurückholen.
„Am Morgen versucht man, sich an die Träume der Nacht zu erinnern, und es bleiben nur Fetzen, die man aufsammeln will, die sich aber verflüchtigen.“ (S.38)
Kein einfaches, aber ein hintergründiges Leseerlebnis. Modianos Stil ist wirklich ansprechend. Wahrscheinlich nicht meine letzte Begegnung mit dem Nobelpreisträger.