Patrick Oberholzer

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Auf der Flucht

In meinem beruflichen Kontext habe ich viel Kontakt zu geflüchteten Menschen. Mich hat immer ihre Geschichte interessiert, und in persönlichen Gesprächen habe ich viele Fragen gestellt und stets ausführlicher Antworten erhalten. Lediglich die Sprachbarriere verhinderte oft, dass mir die Details einer Flucht zugänglicher wurden. Diese Graphic Novel hat es geschafft, Hintergründe zu erleuchten. Ich kann jetzt schon sagen, dass dieses Buch von jedem gelesen werden sollte.


Patrick Oberholzer hat mit geflüchteten Menschen gesprochen und sie gebeten, ihre Erfahrungen zu teilen. Fünf hat er exemplarisch dafür in dieser Graphic Novel abgebildet. Hamid, Nima, Ziya, Muhammed, und Afsaneh haben es geschafft unter schwierigsten Bedingungen Europa zu erreichen. Ausgangspunkt war immer Afghanistan. Manche waren Jahre unterwegs. Es mischen sich die persönlichen Erfahrungen mit Hintergrundinformationen, deren Quellen im Anhang angegeben sind.


Es wird deutlich, dass eine Flucht, die Ihnen Geld, Gesundheit und Menschenwürde geraubt hat trotzdem immer und immer wieder angestrebt wird, weil die Lebensbedingungen im eigenen Land eigentlich nicht so genannt werden dürften. Das taten sie oft mit wenig Geld ohne Handy und ohne Angehörige. Die Grausamkeit wenn Ihnen auch Ihr letztes Hab und Gut, ein kleiner Rucksack oder eine Bauchtasche geraubt wird, ist kaum zu ertragen. Doch hier geht es eben um viel mehr, hier geht es ums Überleben. Zwischendurch werden in ansprechenden grafischen Darstellungen und kurzen Texten die Rahmenbedingungen und die meist kriminelle Struktur einer Flucht dargestellt. Ich hab so viel gelernt, obwohl ich wirklich oft in Kontakt mit Personen bin die ähnliches erlebt haben. So einfach ist es eben nicht, wie es sich oft darstellt. In der Heimat der Geflüchteten oder den Transitländern hat sich eine ganze Industrie aufgebaut, die von dem Überlebenswillen der Menschen genährt wird, die ein besseres Leben anstreben. Aber auch die Strukturen der asylgebenden Ländern, die politischen Ansprüche, die Grenzsicherung inklusive Pushbacks und all das Andere was mit der Flucht zusammen hängt, wird deutlich.


Es fällt mir schwer, mich in die Protagonisten hineinzufühlen, die mehrfach zur Ausgangsposition zurück gebracht wurden und es trotz der großen Gefahr, der Schmerzen und der Todesangst es immer wieder versuchen. Teilweise sind sie minderjährig, die weibliche Person ist schwanger, sie sind krank und verletzt und einsam. Aber aus meiner privilegierten und verwöhnten Position heraus ist es auch anmaßend zu glauben man könnte sich vorstellen, wie das wäre.


Die Texte sind leicht zugänglich und durch die ansprechenden Grafiken gut verständlich.

Im Anhang werden wir sogar noch mitgenommen in den Entstehungsprozess dieses Buchs. Patrick Oberholzer hat ganze Arbeit geleistet und ein sensibles und informatives Werk geschaffen, das nicht nur in die Hände junger Erwachsener gehört, sondern auch Menschen im fortgeschrittenen Alter aufklärt und bei uns Allen vielleicht noch ein bisschen mehr Nächstenliebe und Verständnis auslöst. Mit Erleichterung habe ich gelesen, dass den fünf Protagonisten auch geholfen wurde, teils organisiert, teils aber auch spontan aus Mitgefühl heraus.

Mitzuerleben wie die Geflüchteten ihr Ziel erreicht haben, hat mich tatsächlich zu Tränen gerührt.

Riesengroße Leseempfehlung und meinem Empfinden nach das ideale Weihnachtsgeschenk für Menschen ab 14 Jahren. 

Eine sachliche und weitestgehend wertneutrale Darstellung von so viel Leid

Afghanistan ist schon seit längerer Zeit Spielball stärkerer Mächte. Die Graphic Novel »Games« beginnt mit einer Erklärung, welche Konflikte seit der Unabhängigkeit 1919 im Land brodeln, damit der Leser ein Gefühl dafür bekommt, welch unruhige Zeiten die Afghanen durchleben mussten und welche Gründe es für die Menschen gab und gibt, das Land zu verlassen.

Patrick Oberholzer hat sich fünf Geflüchtete herausgesucht, deren Geschichte er darstellt und erzählt, die sinnbildlich für die vielen tausend Flüchtlinge stehen. Was motiviert die Menschen zu flüchten, welche Wege haben sie genommen, wie teuer ist eine solche Flucht, welche Zustände müssen die Flüchtenden erleben und erleiden? Solche und viele weitere Fragen werden in dieser Graphic Novel gestellt und beantwortet.

In Deutschland ist das Thema Migration zum Hauptwahlkampfthema geworden und da passt diese Graphic Novel sehr gut hinein, auch wenn der Autor aus der Schweiz stammt und das Thema ein europäisches ist. Wenn man sich die Routen anschaut, so ist man schon geneigt, diesen Menschen zu helfen, auch wenn bekannt ist, dass Europa nur eine begrenzte Anzahl von Flüchtlingen aufnehmen kann, die zumeist in ihre Heimat zurückkehren möchten, es aber angesichts der politischen Lage nicht können.

Der Autor stellt das Thema sehr sachlicht und weitestgehend wertneutral da. Natürlich kennt er keine Lösung für das Problem, dessen Wurzeln sich im Heimatland befinden. Auf dieser Sachebene ist es wenig erstaunlich, dass viele Menschen, die sich auf der Flucht befinden bzw. befanden, selbige deutlich unterschätzt haben. Auch dies wird in dieser Graphic Novel thematisiert und mit Karten verdeutlicht, die die Fluchtwege zeigen.

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