Rezension zu "Idea Man" von Paul Allen
Wenn einer der beiden Microsoft-Gründer seine Memoiren schreibt, dann weckt das zweifellos Interesse. Doch es ist nicht Bill Gates, der hier über sein Leben berichtet, sondern Paul Allen, dem Gates in den Anfangsjahren von Microsoft schrittweise Geschäftsanteile abschwatzte, bis er selbst 64 Prozent davon besaß. Wahrscheinlich hätte Allen besser aufgepasst, wenn er damals bereits gewusst hätte, wie wertvoll seine Anteile einst werden würden. Aber auch so wird er nicht jammern, denn er gehört immer noch mit einem geschätzten Vermögen von weit über zehn Milliarden Dollar zu den reichsten Männern der Welt.
Wahrscheinlich entschloss sich Allen seine Sicht auf sein Leben niederzuschreiben, nachdem bei ihm kürzlich zum zweiten Mal Krebs diagnostiziert wurde. Microsoft wird mit Bill Gates identifiziert, diesem ewigen, scheinbar harmlosen Jüngling, bei dem man sich immer fragt, wie er es je in diese Position geschafft hat. Doch wer ein kleines Unternehmen zu einem Weltkonzern macht, der muss mit allen Wassern gewaschen sein, strategisch denken können und die nötige Härte besitzen, um seine Vorstellungen auch umzusetzen.
Wenn man Allens Sicht liest, dann wird völlig klar, dass er der wesentliche Ideengeber und Ideenumsetzer in den Anfangsjahren von Microsoft war und Gates der geschäftlich denkende Macher des Unternehmens. Dieses Zusammenspiel, das Allan in den ersten 13 Kapiteln immer wieder beschreibt, macht den eigentlichen Kern seines Lebensberichts aus. Im letzten Drittel schildert er dann, was er mit seinem ungeheuren Reichtum nach seinem Ausscheiden bei Microsoft anstellte. Das liest sich zwar auch interessant, zeigt aber andererseits, dass man nicht überall ein Meister sein kann, wenn man es auf einem Gebiet geschafft hat.
Man sollte sich nicht der Illusion hingeben und die Preisgabe von großen Geheimnissen in diesem Buch erwarten. Die meisten Personen, die hier eine Rolle spielen, leben noch, was den Autor einfach zu Vorsicht und Rücksichtnahme zwingt. Leider schreibt Allen jedoch darüber hinaus in einem Wichtiges und Unwichtiges vermischenden Stil, der sich an der Zeitachse orientiert und eben auch Dinge auswalzt, die sicher für ihn, aber nicht für die Nachwelt von Bedeutung sind.
Natürlich möchte der Leser einer solchen Autobiografie gerne wissen, wie es Gates und Allen schafften, aus einer Idee einen Weltkonzern zu schmieden. Und selbstverständlich interessiert es, wie das Verhältnis der beiden sich entwickelte und warum Allen Microsoft verließ. Der Leser erfährt dies zwar, wenn er sich durch die manchmal etwas langatmig geschrieben Kapitel durcharbeitet. Aber irgendwie bleibt nach dem Lesen ein Gefühl, dass einem nicht die ganze Geschichte erzählt wurde.
Man liest an mehreren Stellen etwas über den aufbrausenden und Dominanz erzwingen wollenden Charakter von Gates, die sich zunehmend verschärfende Tonlage zwischen den beiden Gründern, die auch nach Allens erster Krebsdiagnose mit 29 Jahren nicht besser, sondern eher noch schlimmer wurde. Die Dinge werden aber immer an Ereignissen abgearbeitet und eigentlich nie auf den Punkt gebracht.
Selten, aber wenigstens einige Male fokussiert sich Allen nicht nur auf zeitliche Abläufe, sondern auch auf spezielle Themen, wie generelle Probleme der Softwarebranche oder die Gründe für die Schwierigkeiten, die Microsoft seit Jahren nicht los wird. Hätte er seine Sicht auf solche Prozesse oder Probleme intensiver in seine Schilderungen eingebaut, dann wäre ein viel interessanteres Buch entstanden. Aber wahrscheinlich ging es ihm mehr darum, sein Leben zu schildern, was man akzeptieren und verstehen kann.
Nachdem Allen nach seiner ersten erfolgreich überstandenen Krebserkrankung Microsoft verlassen hatte, war er bereits ein schwerreicher Mann. Gates schlug damals zum Glück für Allen dessen Angebot, seine Anteile für zehn Dollar pro Aktie zu kaufen, aus, weil ihm das zu teuer erschien. Die unglaubliche Wertsteigerung der Microsoft-Aktie bescherte Allen später einen nahezu unvorstellbaren Reichtum. Und so hatte er nun Zeit und Geld, um sich seinen Interessen zu widmen. Und die sind durchaus breit gestreut.
Sie reichen vom Sport, wo er mehrere Teams kaufte und ein riesiges Stadion baute, bis zur Finanzierung des SpaceShipOne und der Gehirnforschung. Nebenbei besitzt er noch eine riesige Yacht mit zugehörigem Unterseeboot, baute ein Jimmi-Hendrix-Museum und kennt viele Größen von Rock und Pop. Und schließlich zählt er zu den großen US-Investoren. Nicht alles, was er dort anfasste, wurde zu Gold. Ganz im Gegenteil, nicht jeder verkraftet zum Beispiel einen Verlust von acht Milliarden Dollar, weil er sich grundlegend bei einem Investment geirrt hatte. Allen schon.
Fazit.
Ein durchaus interessantes, aber nicht sehr fokussiertes Buch. Anfangs braucht man einige Grundkenntnisse der Informatik, um zu verstehen, wovon der Autor schreibt. Wenn man nicht der Illusion nachhängt, dass Allen viel über noch lebende Personen oder Interna aus der Gründerzeit von Microsoft preisgeben wird, dann wird man nicht sehr enttäuscht sein. Obwohl ich den Text oftmals als recht langatmig empfand, enthält er doch einige interessante Details, die das Lesen am Ende gelohnt haben.