Cover des Buches Drei Freunde, ein Taxi, kein Plan ... (ISBN: 9783770182824)
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Rezension zu Drei Freunde, ein Taxi, kein Plan ... von Paul Archer

Very british - also völlig verrückt

von Dr_M vor 7 Jahren

Rezension

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Dr_Mvor 7 Jahren
In der Internet-Lebenshilfe Wikipedia liest man unter dem Stichwort "Britischer Humor" folgende Erklärung: "Als Hauptmerkmale des britischen Humors gelten neben der erwähnten Trockenheit beispielsweise schwarzer Humor, unverblümte Direktheit, Absurdität und Understatement." Natürlich entsteht diese Art von Humor nicht einfach so, vielmehr ist sie ein Produkt einer gewissen auf den Inseln weitverbreiteten Lebenseinstellung. Meist lernt man diese für uns oft seltsame Weltsicht auf mehr oder weniger künstliche erzeugte Weise kennen, etwa aus Filmen. Zwar ist dieser Expeditionsbericht auch ein mediales Erzeugnis, aber er beschreibt eine schon theoretisch absolut wahnwitzige, aber praktisch erfolgreich durchgeführte Weltreise von drei Typen in einem schrottreifen Londoner Taxi, die nach europäisch-konservativen Maßstäben selbst nur völlig durchgeknallt sein können. Reise und Buch besitzen alle oben genannten Merkmale des britischen Humors.

Ihre Idee, mit einem dieser typischen schwarzen Londoner Uralt-Taxis von der britischen Hauptstadt aus bis nach Australien zu fahren, erwuchs beim Saufen und bestand im Kern eigentlich darin, die teuerste Taxifahrt der Welt hinzulegen. Keiner der drei Freunde war Taxifahrer, noch besaßen sie eines der typischen schwarzen Londoner Taxis. Das besorgten sie sich dann bei Ebay, nachdem sich keiner die Blöße geben wollte, von dieser Idee zurückzutreten.

Wenn man ihren mit trockenem Witz erzählten Bericht liest, dann bemerkt man ihre so typisch britischen Untertreibungen kaum. So ahnungslos wie die beiden Erzähler tun, waren sie in Wirklichkeit nie. Zwei von ihnen hatten eine Ingenieurausbildung in Maschinenbau und einer fand sich im Innenleben von Automobilen sehr gut zurecht. Wer aus einer Kaffeebüchse in der Not (wie später geschehen) eine Bremsscheibe basteln kann, dem muss man schon einiges zutrauen. Wenn man die auf den letzten Seiten zusammengestellten Daten der Reise betrachtet, dann können ihre Teilnehmer nicht irgendwelche Blödmänner gewesen sein.

Leser, die eine detaillierte Reisebeschreibung erwarten, die ihnen etwas zu den bereisten Ländern erzählt, sollten die Finger von diesem Text lassen. Bis auf wenige Ausnahmen kommen solche Erlebnisse in ihm nämlich nicht vor. Vielmehr beschreiben die beiden Autoren die meistens recht bizarren persönlichen Erlebnisse auf dieser irren Reise. Ohne ihre Lebenseinstellung, ohne ihre bewundernswerte Flexibilität und vor allem ohne das unfassbare Glück, das ihnen fast immer hold war, hätten sie diese Reise niemals zu Ende bringen können. Vielleicht hat dieses Glück ja auch etwas mit ihrer Lebenseinstellung zu tun.

Natürlich kann man sich darüber wundern oder gar ereifern, dass mehr über die häufigen Saufgelage berichtet wird als über die bereisten Länder. Doch wer sich ständig zum "Couchsurfing" bei zunächst Fremden einlädt und mit offenen Armen von Gleichgesinnten empfangen wird, spart nicht nur Reisekosten, sondern oft auch Geld fürs flüssige gastfreundliche Abendbrot. So kommt eins zum anderen. Und die britische Trinkkultur tut das Übrige. Ob einem das nun gefällt oder nicht - die ganze Geschichte ist allein schon deshalb spannend, weil man eigentlich nicht erwartet, dass sie gut ausgehen kann.

Kurz gesagt: Das ist ein für die übliche Reiseliteratur sehr untypischer Bericht über eine aberwitzige Weltreise, geschrieben mit trockenem Humor und viel Selbstironie. Eben typisch britisch. Man erfährt kaum etwas über die einzelnen Länder, sondern vor allem etwas über die Art, wie diese drei Herren ein völlig absurdes Abenteuer durchzogen, das von Anfang an jenseits von Vernunft und Planung stand. Erfolg gibt immer recht, selbst wenn man es nicht glauben kann oder will. Vielleicht ist dieses Buch nicht für alle Liebhaber von Reiseliteratur wirklich interessant. Amüsant ist es aber allemal.
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