Als Edward Hunter neun Jahre alt ist, kommt sein Vater lebenslänglich ins Gefängnis. Er wurde als Serienkiller aufgedeckt, der schon seit Jahren Prostituierte umgebracht hat. Ganz Christchurch befürchtet Edwards Leben lang, dass er eines Tages so wird wie sein Vater. Doch mit Ende 20 ist er glücklich verheiratet, hat eine Tochter im Schulalter und einen sicheren Job. Als er und seine Frau Jodie einen Banktermin haben, wird diese überfallen und seine Frau erschossen. Edwards Welt bricht zusammen und er sinnt auf Rache.
Erstmal möchte ich sagen, dass der Klappentext mal wieder zu viel verrät. Was dort mit seiner Tochter angeteasert wird, passiert erst nach der Hälfte im Roman und finde ich ein Bisschen zu vorgreifend. Daher habe ich es bei meiner Inhaltsbeschreibung weggelassen.
Eigentlich hatte ich nicht vor, so schnell wie einen Cleave-Thriller zu lesen, da mich der letzte („Zerschnitten“) nicht überzeugen konnte. Doch einerseits hat mich der Klappentext sehr angesprochen und als ich den Prolog gelesen habe, da habe ich bereits den Sog gespürt. Ich konnte das Buch nicht zurück in mein Regal stellen, sondern musste nun weiterlesen. Dieses Mal wurde ich mit einem spannenden und blutigen Thriller allá Cleaves belohnt.
Ganz typisch für eine Cleave-Thriller ist, dass die Hauptfigur aus der Ich-Perspektive geschrieben wird und die zweite Perspektivenfigur der Ermittler aus der personellen Er-Perspektive. Hier war es wieder Detective Schroder, da es ja ein Band aus der Christchurch-Reihe war.
Edward hat mir einfach nur sehr leidgetan. Nicht nur, was er alles ertragen musste, sondern wie eklig die Menschen einfach sind.
Erst ist sein Vater ins Gefängnis gekommen und er hat es damals als kleiner Junge nicht verstanden. Seine Mutter war daraufhin psychisch zerstört, dass sie entweder viel getrunken hat und ihre Kinder (er hat noch Schwester namens Belinda) angeschrien hat oder geweint wegen des Vaters. Bis sie sich eines Tages selbst umgebracht hat. Edward und Belinda kamen zu ihren Großeltern, doch bald geriet seine Schwester auf die schiefe Bahn. Sie wurde Prostituierte und nahm Drogen, bis die Drogen sie umbrachten. Seine Großeltern starben am Alter. Und dann wird auch noch, obwohl er endlich glaubt, dass sein Leben toll läuft, seine Frau erschossen. Ich fragte mich da schon, wie er das ertragen soll?
Und dann gibt es noch solche ekligen Menschen. Ich meine, er war ein Kind als sein Vater als Serienmörder entdeckt wurde und dann sein Leben lang von den Leuten schief angeschaut, weil er der Sohn eines Serienmörders ist. Als könnte er irgendetwas dazu. Aber der Gipfel der Dreistigkeit war, als Edward auf der Beerdigung seiner Frau war und dort von einem Arbeitskollegen angesprochen wurde, dass er doch bitte am nächsten Tag wieder auf Arbeit kommen soll, weil sie ja ein wichtiges Projekt beenden müssen und die Frau ist ja nun unter der Erde. Wow. Wie unsensibel kann jemand sein?
Der Dramaturgie wurde noch eines draufgesetzt, dass die Geschichte um die Weihnachtszeit spielt. Seine Frau wurde daher kurz vor Weihnachten wegen etwas Geld ermordet.
Übrigens habe ich mich am Anfang gewundert, warum der Autor von heißen Temperaturen geschrieben hat, dass ich mich gefragt habe, ob die Geschichte in der Zukunft spielt und er auf die Erderwärmung anspielen will. Irgendwann ist mir aber eingefallen, dass Christchurch ja eine Stadt in Neuseeland ist und da sind ja die Jahreszeiten verdreht. Zum Glück, denn ich weiß nicht, ob ich jetzt im Sommer mit einer Weihnachtsgeschichte in die richtige Stimmung gekommen wäre. So hat es wiederum ganz gut gepasst.
Dennoch hat der Autor subtil darauf hingewiesen, dass es immer wärmer wird und der Sommer in Christchurch besonders heiß ist. Und das Buch wurde bereits 2010 veröffentlicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass da Klimaschutz in der Politik schon so einen hohen Stellenwert hatte wie es jetzt ist.
Auch hat der Autor eine subtile Kritik geäußert zu den Strafen von Verbrechern. Denn all jene, die bei dem Banküberfall beteiligt waren, waren keine Unbekannten bei der Polizei. Und so ist es ja oft, dass es viele Wiederholungstäter gibt und die Strafen teils viel zu gering ausfallen für deren Verbrechen, nur, weil sie sich mit guten Anwälten Strafmilderungen „ermogelnd“.
Was mich etwas am Buch gestört hat, dass Schroder viel zu lasch mit Edward umgegangen ist. Anscheinend hat der Ermittler sehr viel Mitleid mit ihm gehabt, auch, weil er selbst eine kleine Tochter hat. Aber Edward hat sich schon ein paar Dinge erlaubt, wo Schroder ihn zumindest zur Sicherheit erst einmal auf dem Revier hätte behalten müssen, denn die Gefahr bestand von Anfang an, dass Edward durchdrehen könnte. Nicht nur wegen seinem Erbe, sondern weil es auch ganz schön viel war, was man ihn da aufgelastet hat und Schroder hat die Geschichte von Edward gekannt. Denn Schroder hat damals dessen Vater verhaftet und war dabei, als Edward zu seinen Großeltern musste. Diese persönliche Verbindung war anscheinend schuld, dass er so gehandelt hat, aber warum dann nicht ein Kollege oder jemand vom höheren Rang eingegriffen hat, ist da die Frage.
Ansonsten, es gab einige sehr blutige und eklige Szenen, wo man sagen muss, dass das nichts für schwache Nerven ist.
Es gab einige Wendungen mit denen ich nicht gerechnet habe. Paul Cleave hat es mal wieder geschafft, mir einen offenen Mund zu zaubern und das Ende war ein Inferno. Ich sage es mal so: Ich mag es, wenn nicht jedes Buch ein Happy End hat.
Fazit: Ein Thriller wie ich ihn sehr mag. Spannung, emotionale Achterbahn, Wendungen und Überraschungen und nicht weichgespült, sondern brutale, blutige Szenen. Der Prolog hat mich komplett angefixt, dass ich einfach weiterlesen musste. 4 Sterne.