Cover des Buches Tinkers (ISBN: 9783630873671)
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Rezension zu Tinkers von Paul Harding

Rezension zu "Tinkers" von Paul Harding

von Ailis vor 12 Jahren

Rezension

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Ailisvor 12 Jahren
Müsste ich diesen Roman mit nur einem Wort beschreiben, fiele meine Wahl wohl auf "anstrengend". Ich habe absolut nichts gegen lange Satzschlangen, im Gegenteil, wenn sie gekonnt formuliert und raffiniert aufgebaut sind, kann ich ihnen durchaus etwas abgewinnen und die sprachlichen Findigkeiten des Autors genießen. So ergeht es mir mit Javier Marías' Literatur, um nur ein Beispiel zu nennen. Paul Hardings Sätze jedoch haben sich nicht für eine Qualität à la Marías entschieden, sondern sind zu einem Ärgernis geworden. Außerdem wirkt Hardings Sprache sehr bemüht und steif, so als habe er verzweifelt versucht, seinem Schreibstil einen gelehrten Ton zu geben, was für mich allerdings nach hinten losging, da ich bemühte Gelehrsamkeit nicht ausstehen kann. Harding neigt zu ausufernden Abschweifungen, die man manches Mal vergbelich mehrmals liest, die aber auch nach dem dritten Mal nicht mehr Sinn ergeben. Einzig, wenn er sich erzählerisch der eigentlichen Geschichte widmet, entsteht so etwas wie ein Lese- und Interessensog, der einen dazu bringt, trotz allem an dem Buch festzuhalten. Harding erzählt die Geschichte des im Sterben liegenden George Washington Crosbys und seines Vaters Howard Aaron Crosby. Howard war fahrender Händler und Kesselflicker, der gerade genug verdiente, um seine Familie am Leben zu halten. Seine starken epileptischen Anfälle erleichterten sein Leben nicht wirklich und die Familie konnte nur schwer mit dieser Krankheit umgehen. Gerade Howards Frau, Georges Mutter, verbitterte zusehends und suchte nach einem Ausweg. Jahre später liegt der 80-jährige George im Sterben und erinnert sich an Bruchstücke seines langen Lebens, hauptsächlich an Erinnerungen aus seiner Kindheit, an seine eigene Familie und an seine Leidenschaft, nämlich das Reparieren alter Uhren. Harding springt nun immer zwischen diesen beiden Zeiten und Männern, die Erzählperspektive wechselt ständig, selbst innerhalb der vielen einzelnen Episoden. Ich mochte die Lebensgeschichten, die Harding sich für seine beiden Protagonisten ausgedacht hat, ich mochte die Gedanken, die er seinen Figuren schenkte und die Gefühle, die er sie äußern ließ. Auch mit dem schwierigen Thema des Sterbens und Dahinscheidens geht Harding sehr gefühlvoll um, weswegen ich es doppelt schade finde, dass es ihm nicht gelungen ist, seinem Erzählfluss treu zu bleiben, sondern immer wieder ein wirres Intermezzo nach dem anderen einbauen musste. Es mag nun gerne angehen, dass man darin eine neue Idee oder ein besonderes Stilmittel sieht - was wohl letztlich auch geschehen ist, denn Harding hat für diesen Roman 2010 den Pulitzer-Preis erhalten -, doch für mich wurde die Lektüre dadurch sehr anstrengend und die erzählerischen Umwege habe ich als sehr enervierend empfunden.
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