Rezension zu Das Siegel der Liebe von Paul Löwinger
Rezension zu "Das Siegel der Liebe" von Paul Löwinger
von Heane
Rezension
Heanevor 13 Jahren
Siegt die Macht oder das Schicksal? – Ein großes Renaissance-Epos Wir schreiben das Jahr 1520 in Calais. Ungeduldig wartet Henri D’Ardans, Berater des französischen Königs, auf seine Frau Christiane. Sie soll geheime Pläne Leonardo da Vincis überbringen. Doch die Dokumente werden geraubt, Christiane wird brutal erstochen. Die Suche nach ihren Mördern führt Henri an den Hof Heinrichs des Achten und durch ganz Europa. Ein paar Jahre steht es schon im Schrank, das obige Buch, aber ich bin immer wieder um herumgeschlichen, weil ich wollte es lesen. Doch ein Buch wie dieses braucht – Aufmerksamkeit. Henri d’Ardans ist ein enger Berater von François I, er bewegt sich wie selbstverständlich in höfischen Kreisen. Plaudert, plänkelt, ist diplomatisch wenn erwünscht und eiskalt wenn notwendig. Dreh- und Angelpunkt seiner Kraft ist Christiane, seine Frau. Eine Liebesheirat, eine Frau, die ihrem Mann um nichts nachsteht. Mit weiblichem Charme versteht sie es geschickt in das politische Geschehen der damaligen Zeit einzuwirken. Ihr Verlust wirft unseren Titelhelden völlig aus der Bann. Ein unbändiger Hass beginnt ihn anzutreiben, er wird unvorsichtig und somit zur Zielscheibe seiner Neider. Noch immer in der Gunst des französischen Königs unternimmt er diplomatische Reisen nach Mailand, Madrid oder England und auch dort zeichnet er sich in diplomatischen Gesprächen durch ausgesprochene Souveränität aus. Alles beginnt sich zu verändern als er einer jungen, für die damalige Zeit, äußerst selbstbewussten Frau begegnet – Jeanne de Marckes. Zugegeben, dieses Buch ist mehr ein historischer Abriss, denn ein Unterhaltungsroman, allerdings versteht es der Autor sehr gut, die Protagonisten historische Tatsachen erleben zu lassen, dass selbst Schlachten deren Ausgang frau kennt spannend bis zum letzten Degenstreich sind. Henri d’Ardans ist der Leserin nicht immer sympathisch aber seine Suche nach dem Sinn des Lebens und die Reihe an Fehlern, die er begeht, ja sogar begehen muss, machen in „echt“. Löwinger zeigt die ganze Absurdität des höfischen Lebens, die Konkurrenzkämpfe königlicher Mätressen, das Buhlen der Kavaliere und den Aufstieg und Niedergang von Menschen, die in der Gunst der Mächtigen stehen und diese dann verlieren. Und dann gibt es noch das „wahre“ Leben, die Sorgen der Bauern, die das krisengeschüttelte Frankreich mit Aufständen überziehen, das Aufbäumen der Masse, angestachelt von Luther oder Erasmus – den großen Aufklärern ihrer Zeit. Ein absolut lesenswertes Buch von bemerkenswerter Sprachgewalt, es hat ab und an Längen und es gibt einige Szenen die etwas weniger Rosenduft und Zuckerwerk vertragen könnten aber insgesamt ein überaus spannender Ausflug nach Europa um 1530.