Cover des Buches Bordeaux (ISBN: 9783827008084)
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Rezension zu Bordeaux von Paul Torday

Rezension zu "Bordeaux" von Paul Torday

von Ulf_Borkowski vor 13 Jahren

Rezension

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Ulf_Borkowskivor 13 Jahren
Frankie Wilberforce ist am Ende. Paul Torday erzählt achronologisch vier Jahre oder besser Jahrgänge im Leben des Mittdreißigers. Vier Jahre in denen er vom erfolgreichen IT-Unternehmer zum Trinker mutiert, auch wenn er sich selber lieber als Weinliebhaber bezeichnet. Beginnend mit dem Ende lernt der Leser Wilberforce als einsamen, exesseiven Weinliebhaber kennen, der offenbar jedes Mass verloren hat und gerne sechs Flaschen Wein täglich konsumiert, wobei er bis zu 3000 Pfund für eine Flasche Bordeaux bester Lage ausgibt. Neben den nach sechs Flaschen Wein üblichen Ausfällen leidet Wilberforce mittlerweile auch unter Wahnvorstellungen, die ihn in gefährlicher Mission als Verhandlungsführer in einer Entführung nach Bogota führen. In drei weiteren Schritten führt Torday den Leser zurück in Frankie Wilberforces Vergangenheit. In der kalten Atmosphäre einer Plegefamilie aufgewachsen entdeckt Wilberforce seine Begabung für Mathematik und erhält ein Stipendium für ein Informatik-Studium, was seinen lieblosen Pflegevater, einen Geschichts-Dozenten, allerdings nicht gerade beeindruckt. Doch an der Universität kann der begabte Wilberforce nichts mehr lernen und verlässt diese bereits nach wenigen Semestern um sich als Software-Entwickler selbständig zu machen. Durch harte Arbeit baut er eine erfolgreiche Firma auf, die nach wenigen Jahren schon über 100 Angestellte hat. Doch Wilberforce ist einsam, er hat in seinem Leben nie irgedwo dazu gehört, kaum Freunde, keine Partnerin und keine Freizeit. Typ soziopathischer Workaholic. Wilberforces Leben besteht aus Arbeit, Arbeit, Arbeit, bis er durch Zufall in einen Kreis junger, hedonistischer Landadliger Aufnahme findet und die Hohe Kunst des Müßiggangs erlernt. Fortan vernachlässigt er zunehmend seine Firma, um sich auf Moorhuhnjagden, Weinverkostungen und Empfängen zu amüsieren. Wilberforce lernt zum ersten Mal in seinem Leben kennen, was es heisst zu leben. Er beschließt seine Firma zu verkaufen, um das hoch verschuldete Landgut seines schwer kranken Mentors Francis Black, der ihn in die hohe Kunst des Weines einweist, mit seinem über 100.000 Flaschen besten Weines umfassenden Weinkeller, zu kaufen. Als sich Wilberforce dann noch verliebt und seine Liebe erwidert wird scheint sein Glück perfekt. Doch mit seiner Liebe zu Catherine, der Verlobten von Lord Ed Simmonds, dem Sohn und Erben des Marquis of Hartlepool und seines Zeichens Spiritus Rector der Clique, beginnt der Fall des Frankie Wilberforce, der sich ebenso schnell abzeichnet, wie sein plötzlicher Aufstieg. Paul Torday ist ein tragikomischer, typisch englischer Roman über den Aufstieg und Fall eines soziopathischen Workaholics gelungen, der trotz des (deutschen) Titels kein expliziter Wein-Roman ist, deshalb aber auch nicht weniger lesenswert.
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