Rezension zu "Mario und der Zauberer" von Thomas Mann
Gleich zu Beginn der Erzählung „Mario und der Zauberer“ merkt man, das Thomas Mann eines wirklich konnte, er konnte mit Worten umgehen und wahrlich galant und unterhaltend erzählen. Auch wenn seine Sätze sich ein ums andere Mal ungewohnt verschachteln, verwendet Mann eine Sprache, die einen zwangsläufig an den Ort des Geschehens und in die Erzählung zieht. Zudem verwendet Mann zahlreiche Begriffe, wie die „stumpfsinnige Sonne“ die einen an so manchen stumpfen Strandurlaub erinnern und die zeigen, dass im Umgang mit Sprache keine unterschiede zwischen altmodischen und neuen Vokabeln gemacht werden muss, sondern vielmehr ein Unterschied zwischen guten und schlechten Autoren.
Zum Inhalt: Die deutsche Familie des Erzählers fährt nach Italien in den Sommerurlaub und sieht sich dort zunächst den diffusen Diskriminierungen der langsam nationalistischer werdenden Italiener ausgesetzt. Man wechselt das Hotel und findet Ruhe in einem etwas kleineren Ort, wo fast alles nach Wunsch verläuft, bis Plakate in dem Ort eine außergewöhnliche Zaubershow anpreisen. Gemeinsam mit den beiden Kindern besucht man den Auftritt des Künstlers Cavaliere Cipolla. Dieser ist jedoch viel weniger ein Zauberer, als vielmehr ein Hypnotiseur und bringt nach und nach eine Reihe von Besuchern in seinen Bann. Auf dem Höhepunkt wird der Kellner Mario, zu dem die Kinder bereits Freundschaft geschlossen haben, von Cipolla hypnotisiert, was soweit führt, dass Mario Cipolla auf die Wange küsst und als er aus seiner Trance aufwacht den Zauberer vor Scham erschießt.
Man kann sicher jede Menge in die Erzählung hineindeuten und einiges kommt möglicherweise erst, wenn man ein paar Tage den Stoff hat sacken lassen, aber die Gefahr der Hypnose oder der Betäubung einer ganzen Masse, die in den 30er Jahren ohnehin über der gesamten Bevölkerung hing, wird durch den scheinbar allmächtigen Cipolla gut wiedergegeben, so stark, dass letztlich nur eine Befreiung durch einen Mord möglich ist. Grundsätzlich ist „Mario und der Zauberer“ eine wirklich runde Erzählung, der es ggf. ein wenig an der nötigen dramatischen Kurve fehlt. Da mir jedoch bei solchen Werken immer die Befürchtung mitschwingt, nicht alles verstanden und interpretiert zu haben, bleibt nach der Lektüre eine seltsame Lücke, die nicht mehr als drei Punkte zulässt.