Rezension zu "Superbusen" von Paula Irmschler
Kurz vorm Jahresende hab‘ ich noch einen großartigen Buchtipp für euch: „Superbusen“ von Paula Irmschler. Der Roman, erschienen im Februar 2020 im Claassen Verlag, erzählt die Geschichte von Gisela, die zum Studium von Dresden nach Chemnitz gezogen ist und ihre Selbstfindung inmitten von Nazis und Antifa-Demos, linker Subkultur und DDR-Vergangenheit, enttäuschter Liebe und solidarischen Freundschaften erlebt.
Neben popkulturellen Anspielungen, die nicht nur die jüngeren Millenials sicher sehr zu schätzen wissen, hat der Roman einigen Tiefgang zu bieten.
Paula Irmschler, Titanic-Redakteurin und in den Sozialen Medien für ihre sarkastischen, politischen Posts bekannt, verwebt wohlbekannte linke Szenekonflikte mit sensiblen Themen wie Armut, Fatshaming und Unterschieden zwischen Ost- und Westdeutschland. Themen also, die in studentisch geprägten, städtischen Antifa-Kreisen häufig untergehen, obwohl sie so wichtig sind.
Das Buch ist kein hoffnungsloser Roman. Der politische Tatendrang Giselas und ihrer Mitstreiter*innen spricht aus jeder Zeile, die sympathische Protagonistin kommentiert gleichzeitig klug beobachtend und mit saftiger Wortwahl. Diese Energie transportiert nicht zuletzt die titelgebende feministische Band Superbusen, die Gisela und ihre Freundinnen gegründet haben und mit der sie durch die linken Zentren des gesamten Landes touren. Die wohlbekannten Antifa-Macker und selbsterklärten Feministen, die der Band dabei auf die Brüste gieren, bekommen dabei natürlich auch ihr Fett weg.
Ich habe mich wahnsinnig gut abgeholt gefühlt, mich an vielen Stellen an meine eigene Sozialisation in (westdeutschen) linken Kreisen erinnert und musste häufig lachen. Zugleich haben auch die ernsten Passagen sehr zielstrebig ihren Weg gefunden, auch die, die ich nicht selbst nachempfinden kann. Die Thematisierung westlicher Abfälligkeit gegenüber Ostdeutschland beispielsweise oder das Gefühl der Fremdheit, das Gisela als Tochter einer alleinerziehenden, armutsgefährdeten Mutter inmitten bürgerlicher Antifa-Menschen verspürt.
"Superbusen" ist energetisch und kämpferisch und lustig und unbedingt lesenswert. Gönnt euch die Zeit mit Gisela, sie ist es wert.