Cover des Buches Madame Hemingway (ISBN: 9783746628912)
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Rezension zu Madame Hemingway von Paula McLain

Paris, l'amour & Hemingway

von Vilja2013 vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Ein wunderschönes Buch über Hemingways frühe Jahre, die Liebe & das Leben!

Rezension

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Vilja2013vor 9 Jahren

In „Madame Hemingway“ wird das Leben des jungen Ernest Hemingway und seiner Frau Hadley im Paris der 20er-Jahre beschrieben. Nach der Lektüre hatte ich das Gefühl ihn und sein künstlerisches Umfeld persönlich zu kennen. Die Pariser Cafés, die Treffen bei Getrude Stein oder das Zusammenleben und die Ausflüge mit seiner Frau werden lebensnah und authentisch beschrieben. Hadley, die leider recht unbekannt ist, wird dem Leser durch die Ich-Erzählperspektive unglaublich nah gebracht und es fällt leicht, sich in ihr schwieriges Leben als Künstler-Gattin hineinzuversetzen. Gleichzeitig bringt sie eine unglaubliche Lebensfreude und die Atmosphäre der 20er-Jahre rüber. Es wird deutlich, dass Hemingway nur durch ihre Unterstützung zu so einem großen Schriftsteller werden konnte.

Am Anfang hat mich die Atmosphäre des Buches, trotz anderer Thematik, an „Stoner“ von John Williams erinnert. Parallelen sind die melancholisch-depressiven Gedanken der Protagonistin, die Frage nach dem Sinn des eigenen, sinnlos erscheinenden Daseins und der Handlungsort der amerikanischen Provinz. Je weiter ich mit dem Buch kam, desto mehr unterschied es sich dann aber doch von „Stoner“, bei dem ein stetiger Abwärtstrend auszumachen war. Sobald Hadley Ernest Hemingway auf einer Party kennenlernt, weht ein ganz anderer, frischer, lebensbejahender Wind in ihrem Leben. Er ruft in ihr eine tief schlummernde Seite wach. Die Annäherung der beiden wird so süß beschrieben, dass es mir, die Liebesromane eher meidet, ganz warm ums Herz wurde. Mit dem Umzug nach Paris beginnt ein aufregender, neuer Lebensabschnitt für das junge Paar.

Der Autorin ist neben der authentischen Beschreibung von Hemingways Leben ein tolles Buch über die Liebe & das Leben gelungen. Es macht unendlich traurig und nachdenklich, zugleich aber auch froh und glücklich. Paula McLain bringt das Innerste der Protagonistin so nahe, man fühlt und lebt mit ihr. Das Buch ist trotz der Fokussierung auf die Liebesbeziehung zwischen Ernest und Hadley kein typisches Buch über die Liebe oder ihr Scheitern. Es lässt einen, ohne es direkt auszusprechen zu müssen, die schwer greif- und erklärbare Komplexität des oft lapidar und verkitscht gebrauchten Begriffs der „Liebe“ etwas mehr verstehen. Wann kommt und geht die Liebe zwischen zwei Menschen? Wie kann man sie festhalten? Wie echt ist eine Partnerschaft und wie lange kann sie überdauern? Dieses Buch gibt kein Patentrezept für eine gelingende Partnerschaft, doch es hilft zu begreifen, dass es manchmal am besten ist, nicht nach Antworten auf diese Fragen zu streben, sondern sich einfach ins Leben zu stürzen, den Moment zu genießen und unverfälscht und wahrhaftig zu sich selbst zu bleiben. McLain schafft die Gratwanderung, kein verklärt-romantisches Bild vom künstlerischen Paris zu entwerfen (wie es oft getan wird), sondern die exzessiven frühen Künstlerjahre Hemingways und seiner Umgebung schonungslos kritisch zu beleuchten und das Lebensgefühl der Zeit rüberzubringen. Die Ambivalenz von Hemingways Charakter, der zwischen der Liebe zu seiner Frau und dem verlorenen Gefühl der Lost Generation schwankt, wird wunderbar spürbar. Ein Meisterwerk, das Lust auf die weiterführende Lektüre von Hemingways frühen Werken macht (Lesetipp: "A moveable feast").

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