Cover des Buches Das Matratzenhaus (ISBN: 9783552061125)
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Rezension zu Das Matratzenhaus von Paulus Hochgatterer

Rezension zu "Das Matratzenhaus" von Paulus Hochgatterer

von Wolkenatlas vor 14 Jahren

Rezension

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Wolkenatlasvor 14 Jahren
Frühling in Furth am See Nachdem Paulus Hochgatterer in seinem vielbeachteten Roman „Die Süße des Lebens“ schon ein skurriles Duo, bestehend aus Kommissar Kovacs und dem Psychoanalytiker Horn eingeführt hat, das sich um die psychische und physische Sicherheit in der Stadt Furth am See kümmert, lässt er mit „Das Matratzenhaus“ einen weiteren Roman mit diesen Figuren folgen. Und wieder schafft es Paulus Hochgatterer, einen Krimi zu schreiben, der eigentlich kein Krimi ist. „Das Matratzenhaus“ ist große, feine Literatur, psychologisch fein und eindringlich beobachtet, mit einem weit gestreckten Spannungsbogen, der, je weniger Hochgatterer dem Leser gegen Ende des Romans direkt mitteilt, immer stärker wird. Zur Handlung: in Furth am See wird ein Kind geschlagen, während es in der Schule sein sollte, aber nicht war. Schnell wird klar, dass es sich hier nicht um eine „gsunde Watschn“ eines Erziehungsberechtigten des Kindes handelt. Der Erstklässler spricht von einer schwarzen Glocke und lässt das Gefühl von Zugehörigkeit zu etwas Besonderem durchklingen. Da sich ähnliche Fälle vermehrt wiederholen, begeben sich Horn und Kovacs auf die Suche nach der Wahrheit, bzw. nach dem Täter. Zeitgleich beschäftigen die beiden Herren, die einander in diesem Buch nie über den Weg laufen, weitere Fälle, wie zum Beispiel der mysteriöse Todessturz eines musikalischen Maurers, der versuchte Selbstmord eines anderen Musikers, Söhne und Töchter, Ehefrauen und Geliebte, Patienten und Kollegen, sowie der immer stärker durchschimmernde Verdacht der Kinderpornografie und des Menschenhandels. Das imaginäre Furth am See scheint nebenbei eine auf eine Stadt projizierte Wahrnehmung vieler österreichischer Eigenarten zu sein, ein Bild, das Paulus Hochgatterer äußerst sympathisch und trotzdem ehrlich zeichnet. Eine Stadt, die obschon mit Morgen- und Frühverkehr geplagt, mit einem Hubschrauberlandeplatz am Krankenhausdach und diversen Schulen ausgestattet möglicherweise für österreichische Verhältnisse eine größere Stadt ist, mit allen anderen Attributen aber auch eine, im weiteren Sinne, Kleinstadt ist. Die beiden Hauptprotagonisten Horn und Kovacs sind in ihrer jeweils unterschiedlich ausgerichteten Misanthropie und anderen Eigenarten sehr sympathische Vertreter ihrer Berufsgattung, die trotz oberflächlicher Klischees, denen sich Paulus Hochgatterer wohl bewusst bedient, originell und überzeugend in Erinnerung bleiben. Das die Auflösung des Falles der „Schwarzen Glocke“ zusätzlich ein noch schlimmeres Verbrechen aufdeckt, ist ein Schlag in die Magengrube, der lange nach dem Zuklappen des Buches nachhallt. „Das Matratzenhaus“ ist, wie schon der Vorgänger „Die Süße des Lebens“ ein Stück großer Literatur und eine absolute Leseempfehlung, speziell für die Leser, die mit einer Krimihandlung ohne Krimibanalitäten und der primitiven Aufklärung eines Falles, bzw. eines effekthascherischen Plots gut leben können und die Krimis eigentlich nur dann lesen, wenn sie von Autoren wie Antonio Munoz Molina, Georges Simenon, Patricia Highsmith, Raymond Chandler oder eben Paulus Hochgatterer geschrieben werden.
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