Pavel Kohout

 4 Sterne bei 15 Bewertungen
Autor*in von Meine Frau und ihr Mann, Sternstunde der Mörder und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Pavel Kohout, 1928 in Prag geboren, ist als Schriftsteller und Dramatiker international bekannt geworden. Als einer der Wortführer des »Prager Frühlings« von 1968 wurde er aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen und über zwanzig Jahre totgeschwiegen. Er war Mitverfasser der »Charta 77«, 1979 wurde er ausgebürgert. Kohout lebt heute in Wien und Prag.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Pavel Kohout

Cover des Buches Sternstunde der Mörder (ISBN: 9783442721757)

Sternstunde der Mörder

 (3)
Erschienen am 03.07.2002
Cover des Buches Der Fremde und die Schöne Frau (ISBN: 9783940731708)

Der Fremde und die Schöne Frau

 (2)
Erschienen am 29.08.2011
Cover des Buches Die Schlinge (ISBN: 9783940731265)

Die Schlinge

 (1)
Erschienen am 24.09.2009
Cover des Buches Tango mortale (ISBN: 9783955100735)

Tango mortale

 (1)
Erschienen am 24.02.2015
Cover des Buches Die lange Welle hinterm Kiel (ISBN: 9783458358190)

Die lange Welle hinterm Kiel

 (1)
Erschienen am 24.10.2011
Cover des Buches Die Einfälle der heiligen Klara (ISBN: 9783596252664)

Die Einfälle der heiligen Klara

 (2)
Erschienen am 01.01.1988

Neue Rezensionen zu Pavel Kohout

Cover des Buches Tango mortale (ISBN: 9783955100735)
M

Rezension zu "Tango mortale" von Pavel Kohout

Tango Mortale: Ein Erbe und die Schatten der Vergangenheit
MHofenvor 3 Jahren

Leo hat seinen Job in einer IT-Firma aufgegeben und schlägt sich nun als bezahlter Tänzer auf Tango-Partys in Prag durch. Eines Abends begegnet er Julia, die von ihrem verstorbenen italienischen Mann ein Palais bei Rom mit großem Landbesitz geerbt hat. Julia war einst eine gefeierte Tänzerin in Tschechien, doch sie verließ das Land nach der gewaltsamen Niederschlagung des „Prager Frühlings“ durch die Truppen des Warschauer Paktes 1968.


Leos gutes Aussehen und seine Jugend machen ihn zu einem Kandidaten für einen raffinierten Plan Julias. Da sie keine Kinder hat, sucht sie einen Erben, um ihr Vermögen vor der italienischen Verwandtschaft ihres verstorbenen Mannes zu schützen, die Julias Anspruch als Haupterbin vor Gericht anficht. Leo betrachtet Julia anfangs mit deutlichem Misstrauen, zumal diese vom Alter her seine Großmutter sein könnte. Doch dann lässt er sich darauf ein, bei Julias Plan mitzuspielen. Er begleitet sie nach Italien, wo sie ihm der Öffentlichkeit als ihren Erben repräsentiert. Leo arrangiert sich gut mit seiner Rolle als Erbe. Doch dann holt ihn seine Vergangenheit ein.


Der Roman entwickelt sich zum Ende hin immer mehr zu einem Krimi. Gibt es in der ersten Hälfte des Buches noch einige überflüssige Längen, so wird es dann immer spannender. Das Leben im postsozialistischen Tschechien wird von Kohout nüchtern und illusionslos dargestellt. Die Vergangenheit spielt für die Jugend kaum noch eine Rolle. So weiß Leo sehr wenig über den „Prager Frühling“ und noch weniger über die Besetzung seines Landes im Zweiten Weltkrieg durch die deutsche Wehrmacht und die anschließende Judenverfolgung. Seine Geschichtslosigkeit irritiert Julia, die den Prager Frühling aktiv unterstützt hatte. Leo und seine Freunde sind dagegen vor allem an einem guten Leben interessiert, ohne dabei allzu viel arbeiten zu müssen.


Den Machtwechsel 1989 erlebte Leo nur vor dem Fernseher und wunderte sich „wieso die Kommunisten plötzlich Verbrecher waren, aber so wie vorher in der Regierung saßen.“ Auf die friedliche Revolution geht Kohout kaum ein, nur der erste Präsident nach Ende des Kommunismus, Vaclav Havel, erfährt eine kurze positive Würdigung.


Wer mehr über das Leben im heutigen Tschechien wissen will, erfährt in „Tango Mortale“ darüber nur wenig. Etwas mehr geht Kohout auf das Jahr 1968 ein, das im Leben Julias eine wichtige Rolle spielte. Wer eine spannende Handlung sucht, die teilweise überraschende Wendungen nimmt, dem dürfte „Tango Mortale“ aber gefallen.

Cover des Buches Die Einfälle der heiligen Klara (ISBN: 9783442096558)
Beagles avatar

Rezension zu "Die Einfälle der heiligen Klara" von Pavel Kohout

Satirisch, klug, witzig
Beaglevor 9 Jahren

Klára ist fünfzehn Jahre alt und lebt mit ihren Eltern und der tauben Großmutter in der Stadt S. am Fluss S. Es ist das Jahr 1966 und in der Tschechoslowakei führt man ein bescheidenes Leben unter den Kommunisten.
 
Bis eines Tages alle Schüler der Klasse 8a die gestellten Prüfungsaufgaben richtig hatten. Ein Skandal! Wie konnte das geschehen? Der Direktor und der Mathematikprofessor sind ratlos. Kurzerhand berufen sie eine Befragung aller 42 Schüler durch. Alle halten dicht, doch Urbanová, die Tochter des Polizeihauptmanns, verpetzt, was eigentlich auch ihr geholfen hat: Auf die Frage, welche Aufgaben wohl in der Prüfung drankommen, wusste Klára die Antwort. Es ist ihr eingefallen.
 
Doch auch dies kann nicht sein. Es muss sich um Zufall gehandelt haben, oder gar um Einbruch in das Lehrerzimmer. Aber, es finden sich keine Spuren. Daher beschließt der Mathematikprofessor, die Prüfung zu wiederholen und lässt vor Beginn die Nummern ziehen, die die Aufgaben beziffern. Das Spiel wiederholt sich, wieder haben fast alle Schüler die richtigen Lösungen, bis auf Urbanová, da diese zur Strafe ausgegrenzt wurde.
 
Dadurch wird klar: Klára kann hellsehen! Ein Wunder, das vor allem die religiösen Bewohner von S. an die heilige Klára, die Schutzheilige der Stadt erinnert. Schon bald sagt sie die Lottozahlen voraus und die Stadt fürchtet daraufhin einen Skandal, da sich um das Postamt die Gewinner scharen. Und dem Bürgermeister sagt sie eine Überschwemmung samt Erdbeben voraus. In der Stadt beginnt man zu bangen.
 
Pavel Kohout hat mit diesem Buch eine wunderbare Satire auf die Gutgläubigkeit der Menschen und über den Starrsinn im Kommunismus geschrieben. "Die Einfälle der heiligen Klára" ist ein witziges Werk, ausgezeichnet karikaturiert und man wird nach dem lesen noch lange an die Charaktäre denken.

Cover des Buches Ende der großen Ferien (ISBN: 9783442726622)
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Rezension zu "Ende der großen Ferien" von Pavel Kohout

Rezension zu "Ende der großen Ferien" von Pavel Kohout
Beaglevor 12 Jahren

Es gibt Bücher, mit deren Protagonisten man sich derart anfreundet, dass das Ende der Geschichte dem Ende einer langen Beziehung gleichkommt. Genauso erging es mir mit den Helden aus Pavel Kohouts Roman „Ende der großen Ferien“.

Wir schreiben das Jahr 1983 in der ehemaligen Tschechoslowakei. Die Menschen sind betrübt, sie haben sich einem Regime ergeben, das sie klein hält, sie bespitzelt und ihnen keine freien Wahlen oder eine eigene Meinung zugesteht. Doch manche von ihnen haben sich in diesem Sommer dazu entschlossen, dem Land den Rücken zu kehren und auf abenteuerlichem Wege in den ersehnten Westen zu fliehen. Und so beginnen Schicksale, die schon bald in neuen Bekanntschaften und nicht erahnten Katastrophen enden. Doch allen gemeinsam ist das stete Hoffen auf ein besseres Leben.

Milan ist in Prag ein gefeierter Schauspieler am Theater und auch im Fernsehen. Doch er möchte sich nicht immer wieder hin buckeln müssen, um seine Rollen zu bekommen. Auch sehnt er sich danach, endlich andere Helden geben zu können. Zusammen mit seiner Frau Dora und dem Sohn Petik wollen sie die geplante Reise dazu nutzen, in Kroatien über die Grenze zu gelangen. Doch auch der 2. Versuch, den Grenzübergang legal nach Österreich zu überqueren scheitert und so beschließen sie, zu Fuß durch einen Eisenbahntunnel zu fliehen. Sie haben nur 2 Stunden Zeit, dann kommt der nächste Zug und würde ihnen in dem schmalen Gang keine Chance lassen. Milans Berechnungen zufolge können sie es leicht schaffen, aber die Realität holt sie ein und Dora kann den herannahende Zug in letzter Minute stoppen. Petiks schwaches Herz hat die Aufregung allerdings nicht überlebt.

Lydia war einst eine erfolgreiche Pianistin, die auch im Ausland auftrat und, nachdem sie die Anti-Charta nicht unterschrieb, in künstliche Vergessenheit versetzt wurde. Der junge Gärtner Vaclav hat ihr neuen Mut eingeflöst, in ihrer Beziehung ist sie zum ersten Mal seit langer Zeit wieder glücklich. Als sie mit einer Reisegruppe in einem kleinen, österreichischen Bergdorf übernachten, fliehen sie nachts durch das Fenster und suchen im Pfarrhaus Zuflucht. Am nächsten Tag schon gesellen sich Josef, ein alternder Zauberkünstler und die wortreiche, junge Bobina zu ihnen. Bobina war geflüchtet, als das Verschwinden der beiden gemeldet wurde und sie nicht, wie geplant, nach Wien zum einkaufen konnte. Eine Kurzschlusshandlung, bei der sie ihr gesamtes Gepäck einbüßte. Josef, der in der selben Nacht türmen wollte, geriet während der Fahrt zurück nach Budweis langsam in Panik. Er wollte nicht zurück in sein Heimatland, doch der Stuhl, den Vaclav zur Sicherheit unter die Türklinke geschoben hatte, hatten seine Pläne zunichte gemacht. Als der Bus an der Grenze der österreichische Passkontrolle unterzogen wird, platzt er mit einem Mal heraus, wie dreckig es doch sei, im Kapitalismus zu leben, wie sehr er sich danach gesehnt hat, seine Heimat wieder zu sehen. Er nimmt einen Ziegelstein und wirft ihn in das Glas des Zollamtes. Da er dortbleiben muss, bis der Schaden beglichen ist, sieht er lächelnd dem Bus hinterher, der langsam in Richtung Tschechoslowakei verschwindet, bis er in seine Jacke greift und ein dickes Bündel Schillinge hervorzieht.

Der Zahnarzt Bohdan und seine Frau Terezie haben die Flucht seit langem geplant, nachdem ein Amerikaner in Bratislava ihnen davon erzählte, in den USA werden immer Zahnärzte gesucht. Der Doktor genießt ein hohes Ansehen, weshalb es ihm gestattet ist, einmal im Jahr ins westliche Ausland zu reisen. Doch, anstatt nach Sizilien zu fahren, bleiben sie in Österreich. Da ihre beiden Kinder nichts von der Flucht gewusst oder auch nur geahnt hatten, rebelliert die 17-jährige Magda, da sie in Bratislava ihre erste Liebe zurücklassen musste. Die Familie gerät immer wieder in schwere Konflikte.

An der Grenze zwischen der Tschechoslowakei und Österreich verrichtet der Korporal Anton Vagner seinen Dienst. Es ist eine ruhige Gegend inmitten von Wäldern, doch vor ein paar Wochen musste er genau hier einen Flüchtling erschießen. Als er einen Arbeiter dabei beobachtet, wie er die Wiese nahe des Grenzflusses mäht, ist er sich sicher, dass auch dieser Mann in den Westen fliehen möchte. Seine anfängliche Angst und Skepsis schlägt aber schon bald in Sympathie um und so beschließt er, gemeinsam mit ihm den Schritt zu wagen. Doch, als Anton ihm zuruft, jetzt sei der rechte Augenblick und ins Wasser springt, schreit der Mann die ganze Kompanie zusammen, da jemand geflohen sei.

In einer Pension in einem Dorf nahe St. Pölten treffen die ehemaligen Landsleute wieder zusammen, um gemeinsam auf das Asyl zu warten. Doch schon hier zeigt sich, dass die erhofften Träume nicht immer der Wahrheit, sondern nur einem Wunschdenken entsprungen sind.

Gekonnt und mit viel Witz erzählt Pavel Kohout von Menschen, die im Westen das große Glück erhoffen, aber dann in einer schäbigen Pension inmitten ihrer Landsleute landen. Es sind die Hoffnungen und Träume, die der Geschichte eine Feinfühligkeit verleihen, denn es gelingt dem Autor, das Menschliche nicht außer Acht zu lassen. Ebenfalls brillant verknüpft er die Lebenswege der vielen Figuren, ohne, dass man beim Lesen den Überblick verliert. Neben den oben beschriebenen Hauptfiguren gibt es nämlich noch eine Reihe daneben, die aber dennoch über eine Statistenrolle hinausragen.

Ein großartiger Roman, der leider nur noch antiquarisch erhältlich ist.

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