Pavo Pejic

 3,5 Sterne bei 2 Bewertungen
Autor*in von Karussell und Pussykiller.

Alle Bücher von Pavo Pejic

Cover des Buches Karussell (ISBN: 9783749431656)

Karussell

(2)
Erschienen am 31.07.2019
Cover des Buches Pussykiller (ISBN: 9783807710556)

Pussykiller

(0)
Erschienen am 01.09.2009

Neue Rezensionen zu Pavo Pejic

Cover des Buches Karussell (ISBN: 9783749431656)
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Rezension zu "Karussell" von Pavo Pejic

Kerstin_KeJasBlog
...und alles dreht sich...

Ganze 100 Seiten umfasst dieses Buch und ich war mir nicht sicher, ob ich anhand des Klappentextes einen Zugang zu der Geschichte finden würde.

Natürlich hatte ich vorher recherchiert, gerade das Debüt des Autoren Pavo Pejić „Pusskiller“ war ein immenser Reiz dieses Buch zu lesen. „Pussykiller“ ist nicht mehr im Handel erhältlich, nur noch als gebrauchtes Exemplare, aber die wenigen Rezensionen dazu sprechen ihre eigene Sprache und so wollte und durfte ich „Karussell“ lesen.

Schon die ersten Worte holten mich ab, komplett mit der Beschreibung zu diesen Karussells. Habe ich diese doch selbst abgöttisch geliebt und mir mehr als einmal blauen Flecken an den Schienbeinen geholt, weil das Abspringen nie perfekt gelang.

Es ist genau dieses Abspringen in der Erzählung um und von Paul, dem Ich-Erzähler.
Dem Sprung vom Kind sein in das eines Jugendlichen. Das Testen und Ausprobieren, dem Ausloten vom Situationen und Hinterfragen von Zuständen. Ein 15jähriger unter 15jährigen. Problemkinder würden manche sagen und dabei vergessen hinter die Kulissen zu schauen, wie es überhaupt dazu kam. Hausgemachtes das ins Eingemachte geht.

"Alles wird immer schlechter, schloss er desillusioniert und bitter." Seite 77

Pauls Schilderungen sind knapp und präzise.
Er redet und erzählt, über sich, seine Kumpel Dominik und Tobias, aber ganz besonders über Marko. Ein Freund? Ein Seelenverwandter oder einfach ein anderer Mensch, dessen familiäre Hintergründe genauso den Bach runter gehen wie sein eigenes Leben?
Vorprogrammiertes kollektives Versagen. Dabei ergeht sich Paul gar nicht in Vorwürfen oder Schuldzuweisungen, sondern skizziert einfach all das was da ist. Sein Leben, seine Eltern, die seiner Freunde und deren Umfeld. Nicht schön, aber immer wieder einen Versuch wert.

Die Erzählung fließt von einer Erinnerung in die nächste, nicht immer in einer genauen chronologischer Abfolge und der Aufbau im Inneren macht es einem nicht immer leicht.
Keine Absätze, keine Kapitel, sondern durchgehend, wie das Leben an sich selbst. Wenn es einen mit seinen 15 Jahren vor Herausforderungen stellt und alles, mittels dieses Revue passieren und eben die besonderen, wenn auch nicht immer positiven Erlebnisse, einfach wieder hochkommen. Pauls Schilderungen beziehen sich viel auf Alltäglichkeiten, dem Schwänzen der Schule, Streitereien unter den Freunden ebenso wie mit Unbekannten. Er zweifelt vieles an, hinterfragt sich selbst und sein damaliges Verhalten. Rückblicke zu Verhaltensmuster, die er vielleicht gerne geändert sähe.
Es gibt auch gewalttätige Situationen und eine immer wiederkehrende große Schuldfrage, die insbesondere Marko betrifft. Dabei steht aber deutlich mehr zwischen den Zeilen und der Autor versteht es Dinge anzusprechen, ohne sie beim Namen zu nennen. Auch hier sind Pauls Zweifel stark in den Dialogen spürbar.

Das Cover offenbart auch erst auf den zweiten Blick seine Besonderheit. Aus der Ferne betrachtet scheint der Wolkenhimmel, mit diesem Ausschnitt eines Daches nichts außergewöhnliches zu sein.

Erst wenn der Fokus verschiebt wird, kommt die Katze zu Vorschein und dann, ganz klein, etwas links daneben der Vogel. Ein genialer Schnappschuss, beabsichtigt oder unerwartet, interpretiere ich da wieder einmal etwas hinein. Der Mensch, insbesondere Paul und seine Freunde, könnten die Katze sein.

Mit ihren sieben Leben und der Zuversicht immer wieder auf den Füßen zu landen. Oder der Vogel, der sich einfach über alles erhebt und davon macht. So oder so, mich haben diese 100 Seiten sehr in ihren Bann gezogen und auch wenn es etwas voyeuristisches hatte, die Art des Autoren, diese Erzählung genauso und nicht anders zu gestalten, ist für mich ein gelungenes Werk.

Die Sprache passt zu diesen Jugendlichen. Sie ist klar, ohne Schnörkel und verzichtet auf Plattitüden oder klischeehaftes Getue. Durch Paul kommen die Gedanken und Emotionen gewaltig zu Vorschein und trotz der sozialen Umstände, dem Versagen von Erwachsenen oder eigenen Schwächen, ist es ein durchaus positives Buch.

"Die Ahnung, dass es dort weiter ging, dass es mehr gab." Seite 100

Rezension verfasst von © Kerstin

Cover des Buches Karussell (ISBN: 9783749431656)
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Rezension zu "Karussell" von Pavo Pejic

buchstabentraeumerin
Ungeschminkter Blick auf eine vernachlässigte Jugend

Niemand mag 15-jährige Jungen, heißt es in „Karussell“ von Pavo Pejić. Schon gar keine Jungen, die mit Drogen, Sex, Pornovideos, Alkoholkonsum und Diebstahl ihre Grenzen ausloten und sie (natürlich) überschreiten. Für Paul und seine Freunde Dominik, Tobi und Marco, die manche Leser bereits aus „Pussykiller“ von Pejić kennen, sind diese Aktionen eine willkommene Ablenkung vom deprimierenden Alltag. Sie leben im Hamburger Stadtteil Dulsberg, der viele Jahre als ein Brennpunkt mit hoher Kriminalität und Arbeitslosigkeit galt. Vernachlässigt und gelangweilt treiben die Jungen durch die Tage, immer auf der Suche nach Spaß und Abenteuer, aber auch nach Liebe und Anerkennung.  „Karussell“ ist eine Retrospektive, zehn Jahre nach seinem Debüt-Roman „Pussykiller“ besucht der Autor seine Figuren erneut. Was anfangs als Schreibübung gedacht war, entwickelte sich jedoch rasch zu einem eigenständigen Roman.

Die Rückschau ist ein spannender Ansatz, denn wann hat ein Autor schon die Chance, seine Figuren noch einmal zum Leben zu erwecken? Eine Geschichte mit mehr Lebenserfahrung und einem gewissen Abstand neu zu betrachten? Die Geschichte ist die dieselbe: Tobis Mutter interessiert sich mehr für ihren Freund als für ihre Kinder und lässt sie die meiste Zeit alleine in der Wohnung. Marco wird von seinem Vater geprügelt und lässt seine 13-jährige Freundin mit anderen ins Bett steigen. Das wird fleißig mit dem Handy gefilmt. Dominik begleitet seine Freundin zur Abtreibung. Und Pauls Eltern stehen kurz vor der Trennung, sein Vater ist arbeitslos und lässt sich gehen, seine Mutter ist frustriert. Außerdem wird er das Schuljahr wiederholen müssen, die Lehrer haben aufgegeben. An welche Grenzen sollen sie sich also halten, wenn sie keine Grenzen aufgezeigt bekommen? Die Eltern sind überfordert oder begegnen ihren Kindern mit Gleichgültigkeit. Also klauen sie, sie schwänzen die Schule, sie nehmen Drogen, sie drehen Pornovideos.

„Karussell“ bricht über einen herein wie ein Wasserfall. Dieser Roman ist ein Schwall an Erinnerungen, die ungefiltert und ungeordnet aus dem Erzähler herausbrechen. Sie tosen um einen herum, reißen einen mit sich. Es ist laut, es ist dreckig, es ist abstoßend und manche Passagen hauen einen um, wie ein kräftiger Kinnhaken. Manchmal wünscht man sich vom Erzähler eine Wertung, eine Erklärung, doch beides bleibt aus. Stattdessen liest sich „Karussell“ wie ein Protokoll, eine Erinnerung rüttelt die nächste wach, und immer bleibt Paul der Beobachter, der dem Treiben teilweise staunend zuzuschauen scheint. Er lässt sein Leben geschehen. Das forderte mich ungemein heraus, denn einige der Szenen sind unangenehm und schwer zu verkraften.

Was also macht den Reiz von „Karussell“ aus? Schön ist sicherlich nichts daran. Zudem verlor ich manchmal die Orientierung, wusste nicht, vom wem gerade die Rede war. Doch das Gefühl, das Pavo Pejić vermittelt, ist immer echt und darauf kommt es mir in Büchern am meisten an. Das macht „Karussell“ lesenswert. Wie der Autor vom Aufwachsen dieser Jugendlichen berichtet, ist authentisch, was sicherlich in Teilen darauf zurückzuführen ist, dass Pejić das Milieu kennt, er wuchs ebenfalls in Dulsberg auf.

Das Cover gibt der Geschichte einen passenden Rahmen – eine Katze auf einem Dach, in der Schwebe und weit weg vom harten Boden der Tatsachen. Und man stellt sich automatisch die Frage: Wird sie loslassen und springen oder bleibt sie, wo sie schon immer war? Für mich ist das Cover ein Sinnbild für Paul und seine Entwicklung. Er beobachtet, wie seine Freunde sich von ihm entfernen, die Schule wechseln, sich weiterentwickeln, auf gute oder schlechte Weise. Er bleibt zurück und hat die Wahl – welchen Weg wird er wohl einschlagen?

Fazit

„Karussell“ von Pavo Pejić ist eine Retrospektive des Debüt-Romans „Pussykiller“. Erneut begegnet man Paul und seinen Freunden, erlebt ihren Alltag und ihre Probleme mit. Der Autor gibt seinem Text wenig Struktur, es gibt keine Kapitel, dafür viele Gedankensprünge. Es ist daher kein Roman für nebenher. Er fordert die Aufmerksamkeit des Lesers, aber auch starke Nerven. Denn was die Jungen erleben und anstellen, ist bisweilen schockierend und absolut nicht jedermanns Sache. „Karussell“ ist in meinen Augen insofern empfehlenswert, als dass der kurze Roman einen unglaublich ungeschminkten Blick auf eine Jugend wirft, die vernachlässigt wird, die sich selbst zumindest zeitweise aufgibt und desillusioniert dem nächsten Nervenkitzel und dem nächsten Rausch hinterherjagt. Wer eine romantisch angehauchte Coming-of-Age Geschichte sucht, ist hier fehl am Platz.

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