Cover des Buches Die Seele der Steine (ISBN: 9783898417549)
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Rezension zu Die Seele der Steine von Peggy Langhans

Interessante Leseerfahrung

von Jujulu vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Nettes, ungewöhnliches Buch, allerdings deshalb durch einige Lücken und zu rasches Ende auch schwerer zu lesen.

Rezension

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Jujuluvor 8 Jahren
Vielen Dank an Peggy Langhans für das Rezensionsexemplar und ihre freundliche Art.

Der Roman 'Die Seele der Steine' lässt sich leicht lesen und ist durchaus vielschichtig. Weil er allerdings Erwartungen an die Entwicklung der Handlung umdeutet und enttäuscht, sorgt er für eine eingehendere, leicht surreale Leseerfahrung.
Die Schriftstellerin Barbara Benoît ist auf Lesereise in Berlin, hat davon die Nase voll und möchte zurück in ihr südfranzösisches Zuhause. In Berlin trifft sie die Geschichtsstudentin und Stadtführerin Annika, ist von ihr fasziniert und lädt sie zu sich ein. Der zweite Teil spielt dann in ihrem französischen Heim.
Damit kommen dann auch die gebrochenen Erwartungen: Als Kind eines Résistance-Anhängers geht die Geschichte erst in Richtung Aufarbeitung/Thematisierung der NS-Zeit in Frankreich, als ob die Fragen zu ihrer Vergangenheit nun alle geklärt werden sollten und sie sich selbst klarer würde sehen können. Im zweiten Teil kommt dies allerdings nicht ganz zuwege, auch Barbaras Wesen ist nicht mehr so getrieben/fasziniert/offen für Änderungen ihres Lebensstils wie als sie in Berlin für Annika alles über den Haufen warf. Dies kann man jetzt als natürlich erklären, irgendwann lässt die Faszination nach und ist sie zu eingerichtet in ihrem Leben, aber dennoch lässt der Roman einen da etwas ratlos zurück, auch weil wichtige Stellen übersprungen werden/der Roman zwischen Gesprächen springt (nicht zeitlich, nur in dem Sinne dass dazwischenliegendes weniger vorkommt) und das Ende ganz plötzlich und auch recht offen kommt.
Ich möchte damit nicht den Stil kritisieren, ich bin nur mehr der Typ für geschlossene Handlungsstränge und Enden. Gerade wegen der unkonventionellen Erzählweise und weil ich mich dauernd gefragt habe, ob ich irgendetwas überblättert oder vergessen habe, ist das Lesen aber auch eindringlicher, es geht mehr in mir vor, nicht wegen der Thematik, sondern vor allem wegen dem Stil und der nichterklärten Verhaltensänderungen. Daher Applaus für einen gelungenen Bruch in der Erwartungshaltung, und für eine runde Sache, in der doch so vieles offen bleiben kann.
Auch der Stil ist halb poetisch beschreibend und dann doch vor allem Dialog oder innerer Monolog, schafft es so auch, mit wenig Text viel zu transportieren.
Fazit: Ein Ausbruch aus der klassischen Roman- und NS-Verarbeitungsform, gerade deshalb erfrischend und lesenswert.

Spracheindrücke:
"Hat sie gerade jedes Wort verstanden? Worte einer Sprache, die sie nie gelernt hat? Noch als sie es bemerkt, versteht sie nichts mehr."

Holocaust-Mahnmal:
" '[..] Ein betonierter, künstlicher Friedhof mit abgezirkelten Wegen und kantigen Steinen. Niemand liegt unter diesen Steinen, kein Name ist auf diesen Steinen eingraviert. Woher kommen diese Steine eigentlich?'
Die junge Frau ist verunsichert.
'Sehen Sie, Sie können es nicht sagen. Vielleicht erzählen diese Steine eine ganz andere Geschichte, als wir sie ihnen zuordnen wollen. Oder gar keine. Künstlich und seelenlos.' "
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